Kurssturz
"Die Märkte preisen eine globale Rezession ein"
Aktienkurse rauschen in den Keller, Investoren wetten gegen Italien und Spanien: Anleger gehen derzeit davon aus, dass Politik und Notenbanken die Schuldenkrisen in Europa und USA nicht in den Griff bekommen. Die Folge könnte eine globale Rezession im Jahr 2012 sein.
Börsenhändler: Ein neues Anleihe-Aufkaufprogramm der Fed könnte eine Zinsanhebung in China provozieren. Höhere Zinsen in China und Sparprogramme in Europa und USA könnten die Konjunktur vollends abwürgen, so die Sorge an den Märkten
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Frankfurt am Main - Aus Furcht vor einer weltweiten Rezession und einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise haben Anleger am Freitag ihre Flucht aus Aktien und Währungen wie dem Dollar und dem Euro beschleunigt. Gefragt waren erneut Gold und der Schweizer Franken, die als sichere Häfen gelten.
"In den vergangenen Tagen haben Anleger immer stärker realisiert, dass wir in Europa und den USA massiven strukturellen Problemen gegenüberstehen und dass diese mit Geld - Rettungsschirmen oder Anleihekäufen - nicht gelöst werden können", sagte Aktienhändler Darren Sinden von Silverwind Securities.
Der
Euro rutschte auf ein neues Rekordtief zum Franken, und auch der Dollar hielt sich nur knapp über seiner bisherigen Negativ-Marke von 0,7606 Franken. Der Goldpreis näherte sich wieder seinem Rekordhoch von 1681,67 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).
Am Rentenmarkt kletterten Risikoaufschläge für zehnjährige Anleihen des krisengeschüttelten Italien im Vergleich zu den entsprechenden Bundespapieren im frühen Handel auf ein Rekordhoch von 416 Basispunkten.
"Die Märkte preisen derzeit eine globale Rezession im Jahr 2012 ein", sagte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research. Argumentiert werde folgendermaßen: Schwache US-Konjunkturdaten könnten ein neues Anleiheankaufprogramm der US-Notenbank Fed provozieren. Infolgedessen würde China die Zinsen anheben, um einen Zufluss überschüssiger Liquidität in das Land zu verhindern und die Inflation einzudämmen. Dadurch würde das dortige Wachstum weiter verlangsamt.
"Typisches Herdenverhalten" - Warten auf Hilfe von der Fed
Der EuroStoxx50 verbuchte seinen zehnten Tagesverlust in Folge und rutschte um bis zu 2,7 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Tief von 2346,29 Punkten ab. Der Dax rutschte in der Spitze um 4 Prozent und damit ähnlich stark wie der Mailänder Leitindex. Zuvor hatte es bereits an den Märkten in den USA und Asien einen Ausverkauf gegeben.
Ein Ende der Talfahrt ist nach Einschätzung von Shane Oliver, Chef-Investmentstratege bei AMP Capital in Sydney, nicht in Sicht: Die Aktienbewertungen sind bereits recht niedrig, aber die Stimmung verschlechtert sich weiter. Warum sollte man also jetzt einsteigen?"
"Die massiven Kurseinbrüche erinnern stark an ein typisches Herdenverhalten. Das ist immer das Signal einer massiven Übertreibung", sagte Hans-Jürgen Naumer, Analyst bei Allianz Global Investors. "Die expansive Geldpolitik vieler Notenbanken ist noch nicht vorbei. Die Schwellenländer stehen weiter unter Dampf und China hat das Luxusproblem, seine Wirtschaft drosseln zu müssen." Die Politik müsse jetzt "für Ruhe und Klarheit sorgen", um die Märkte zu beruhigen.
"Was die Märkte so abstürzen lässt, ist die Angst vor einer weltweiten Rezession", meint auch Jörg Rahn, Aktienstratege bei Marcard, Stein & Co. "In Europa stehen vor allem Italien und Spanien im Fokus. Angesichts der geringen Wachstumsraten wird wohl der Schuldenberg dort weiter steigen, und es scheint schwer kalkulierbar, wann sie wieder auf einen grünen Zweig kommen."
Fiskalpolitisch sei "eigentlich alles ausgereizt". In den USA würde bestimmt ein neues Stützungsprogramm der Fed für etwas Beruhigung sorgen, meinte Rahn.
Börsenhändler: Ein neues Anleihe-Aufkaufprogramm der Fed könnte eine Zinsanhebung in China provozieren. Höhere Zinsen in China und Sparprogramme in Europa und USA könnten die Konjunktur vollends abwürgen, so die Sorge an den Märkten