
Bitcoin in Unternehmen Ist Elon Musk ein Vorbild bei der Geldanlage?


Elon Musk
Foto: Hannibal Hanschke / REUTERSStellen Sie sich vor, Ihr Wettbewerber investiert 100 Millionen Euro seiner Reserven in Bitcoin, sagen wir zu einem Kurs von 40.000 Euro. Das Konkurrenzunternehmen wird am Kapitalmarkt mit 3 Milliarden Euro bewertet, Ihre Firma ist ungefähr genauso viel wert. Nehmen wir an, innerhalb von drei Jahren stiege der Bitcoin-Wert auf eine Million Euro. Dann wären die Bitcoin ihres Wettbewerbers plötzlich 2,5 Milliarden Euro wert, sein Unternehmenswert hätte sich annähernd verdoppelt. Nun setzt er an zur feindlichen Übernahme ihres Unternehmens – die er fast vollständig aus dem zusätzlichen Eigenkapital bezahlen könnte.
Ein realistisches Szenario? Eher nicht. Allerdings weniger, weil ein Kursanstieg des Bitcoin auf eine Million Euro unmöglich wäre, sondern weil kaum ein Unternehmen bereit wäre, das im Zuge des Preisanstiegs steigende Klumpenrisiko einzugehen.
Rechtfertigungsdruck für Vorstände
Dennoch dürfte zunehmend darüber diskutiert werden, ob diejenigen Unternehmen, die in Bitcoin investieren, nicht einen Wettbewerbsvorteil haben gegenüber solchen, die es nicht tun. Tesla-Chef Elon Musk dürfte es mit seiner Entscheidung, mehr als 90.000 Bitcoin zu erwerben, geschafft haben, dass auf den Vorstandsetagen, insbesondere denen von Tech-Firmen, ein Rechtfertigungsdruck entsteht, warum man NICHT in Bitcoin investiert. So wird häufig argumentiert, Bitcoin sei der ultimative Inflationsschutz. Allerdings gibt es mit inflationsgeschützten Anleihen wesentlich zielgenauere Finanzinstrumente. Dennoch: Der Rechtfertigungsdruck, warum man kein Bitcoin erwirbt, dürfte bei Unternehmen umso stärker werden, je höher der Bitcoin-Preis steigt.
Gemäß dem Informationsanbieter bitcointreasuries.org halten derzeit 25 Unternehmen 177.958 Bitcoin mit einem aktuellen Wert von rund 10 Milliarden US-Dollar. Dominiert wird die Statistik durch die US-Unternehmen Microstrategy und Tesla, die zusammen fast 80 Prozent der genannten Bitcoin-Bestände halten. Die meisten anderen Unternehmen tragen die Worte Blockchain oder Digital im Namen, man kann also nicht behaupten, dass Bitcoin als feste Finanzgröße in der Breite der Unternehmenswelt angekommen sei. Sollten aber ein oder zwei weitere Schwergewichte den Schritt von Tesla und Microstrategy gehen, könnte die Sache Fahrt aufnehmen.
Risiko hoher Wertschwankungen
Aber ist es überhaupt sinnvoll, einen Teil der Firmenfinanzen in der Kryptowährung anzulegen? Natürlich kann man neben Cash, Aktien, Anleihen und Gold auch etwas Bitcoin in der Reserve halten. Wenn aber Bitcoin aufgrund von Preissteigerungen das Portfolio zu dominieren beginnt, sollte jedes vorsichtig agierende Unternehmen umschichten, um ein Konzentrationsrisiko zu vermeiden, da dies angesichts der üblichen Volatilität von Bitcoin zu hohen Wertschwankungen des Unternehmens selbst führen kann.
Baut etwa ein deutsches Maschinenbauunternehmen eine größere Bitcoin-Position auf, ohne diese im Zeitablauf bei einem steigenden Bitcoin-Preis anzupassen, würde sich schnell die Frage nach dem wahren Geschäftsmodell der Firma stellen: Werden hier noch in erster Linie Maschinen produziert oder handelt es sich um einen Vermögensverwalter, der risikoreiche Anlagen managt? Viele Aktionäre dürften darauf drängen, das überschüssige Eigenkapital entweder dem eigentlichen Unternehmenszweck zuzuführen oder es auszuschütten.
Die wichtigsten Kryptowährungen der Welt
Der Bitcoin ist die bei Weitem älteste und bekannteste Digitalwährung. Er hat zudem mit aktuell etwa 60 Prozent den größten Marktanteil unter den derzeit rund 7000 Kryptowährungen. Entstanden ist der Bitcoin zu Zeiten der Finanzkrise 2008. Sein Erfinder ist bis heute nur unter einem Decknamen bekannt. Wichtigste Merkmale des Bitcoins sind seine dezentrale Organisation und die Verwendung der Datenbanktechnik "Blockchain". Beides zusammen sichert den Bitcoin-Nutzern ein hohes Maß an Anonymität: Zahlungen in Bitcoin sind praktisch nicht nachzuverfolgen.
Falsche Sicherheit
Und noch ein weiterer Punkt spricht dagegen, sich im großen Stil in Bitcoin engagieren: die mangelnde Liquidität der Kryptowährung und ihre damit einhergehende hohe Volatilität. Ein Unternehmen hält Reserven, um sie bei unvorhergesehenen Ereignissen anzapfen zu können. Kommt es etwa zu unerwarteten Verlusten, muss Eigenkapital eingesetzt werden. Allein eine solche Transaktion hätte je nach Umfang das Potenzial, den Bitcoin-Kurs unter Druck zu setzen. Möglich wäre auch, dass andere Unternehmen im Zuge eines Konjunktureinbruchs ebenfalls ihre Bitcoin-Bestände auflösten, der Preis dadurch stärker unter Druck geriete und der tatsächliche Erlös dann deutlich unter dem erwarteten läge. Das Unternehmen und die Aktionäre hätten sich dann in einer falschen Sicherheit eines bequemen Eigenkapitalpolsters gewiegt.

Diese Konzernchefs zocken mit Bitcoin
Es ist durchaus möglich, dass der Preis für Bitcoin in den kommenden Jahren noch kräftig steigt. Vielleicht wird Bitcoin in einigen Jahren auch als internationale Transaktionswährung eine wichtige Rolle spielen. Insofern sollten sich Firmen durchaus mit dieser neuen Technologie beschäftigen. Daraus sollte man aber nicht ableiten, als Unternehmen jetzt Bitcoin im großen Stil erwerben zu müssen. Dieses Risiko sollten höchstens entsprechend ausgerichtete Vermögensverwalter eingehen, Firmen mit einem funktionierenden Geschäftsmodell sollten sich besser auf genau dieses konzentrieren.
Cyrus de la Rubia ist Gastkommentator von manager-magazin.de. Trotzdem gibt diese Kolumne nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion des manager magazins wieder.