Anleger sollen frisches Geld geben Wölbern Invests größter Fonds steht am Abgrund

Drohende Pleite: Der Fonds Frankreich 04 hat in dieses Bürogebäude in Paris investiert
Hamburg - Spekulationen um die prekäre Lage des Immobilienfonds Frankreich 04 von Wölbern Invest gibt es schon länger, jetzt haben es die Investoren schwarz auf weiß: Der Fonds hat nur noch 250.000 Euro auf dem Konto, teilt die Geschäftsführung in diesen Tagen in einem Schreiben an die Anleger mit. Mieteinnahmen seien gegenwärtig wegen eines getroffenen Vergleichs mit dem Mieter nicht mehr zu erwarten.
Die Folge: Wegen der Liquiditätsnot müsse in Kürze Insolvenz angemeldet werden, wenn nicht gehandelt wird.
Damit steht der größte geschlossene Fonds des Emissionshauses Wölbern Invest vor dem Aus. Der Frankreich 04, der in ein Bürogebäude in Paris investiert hat, hat ein Gesamtvolumen von rund 181 Millionen Euro, wovon etwa 92,5 Millionen Euro von insgesamt 3309 Privatanlegern als Eigenkapital beigesteuert wurden. Eine ähnliche Größenordnung erreicht im Wölbern-Fondsuniversum sonst lediglich der Österreich 04, mit einem Gesamtvolumen von 176 Millionen Euro sowie knapp 3500 Anlegern, die zusammen 88 Millionen Euro Eigenkapital eingezahlt haben.
Die Schieflage des Frankreich 04 hat verschiedene Gründe. Zum einen ist dies nicht nur Wölberns größter Fonds, sondern auch die Beteiligungsgesellschaft, die von Ex-Wölbern-Chef Heinrich Maria Schulte am heftigsten geschröpft worden sein soll.
Loch in der Kasse und Ärger mit dem Mieter
Schulte steht derzeit in Hamburg wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Untreue in 360 Fällen vor Gericht. Laut Staatsanwaltschaft soll er zwischen August 2011 und September 2013 insgesamt 147 Millionen Euro unrechtmäßig aus den Immobilienfonds von Wölbern Invest entnommen und zweckentfremdet haben.
Der gelernte Mediziner, der das Bankhaus Wölbern, aus dem später Wölbern Invest hervorging, im Jahr 2006 übernommen hatte, bestreitet die Vorwürfe. Die Anklageschrift, die manager magazin online vorliegt, listet jedoch jede Überweisung, die die Staatsanwälte Schulte zur Last legen, haarklein auf. Demnach stammt der mit etwa 20,5 Millionen Euro größte Einzelposten aus dem Fonds Frankreich 04, dem nun die Insolvenz droht.
Und damit nicht genug: Zusätzlich zum Millionenloch in der Kasse gibt es Ärger mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, die das Gebäude des Fonds in Paris gemietet hat - jedenfalls bislang. Aufgrund einer Revisionsklausel im Mietvertrag hatte Ernst & Young schon vor einiger Zeit die Mietzahlung eingestellt.
Wie das Fondsmanagement aus dem Hause Paribus nun an die Anleger schreibt, sind aufgrund eines Vergleichs mit dem Mieter keine weiteren Gelder zu erwarten. Tatsächlich packen die Wirtschaftsprüfer im Gebäude mit der Anschrift 41 Rue Ybry, Neuilly-sur-Seine, Paris bereits ihre Sachen. Auf der Website des Immobilienberaters Cushman & Wakefield wird für das Objekt bereits ein neuer Nutzer gesucht.
Anleger sollen zehn Millionen Euro nachschießen
Ob das die Anleger des Frankreich-Fonds von Wölbern Invest noch interessieren muss, hängt davon ab, wie sie sich nun entscheiden. Drei Handlungsalternativen stellt ihnen das Fondsmanagement in seinem aktuellen Schreiben zur Auswahl:
- Die Investoren sollen einen sogenannten Restrukturierungsplan beschließen, der die Modernisierung der Fondsimmobilie vorsieht. So sollen der Wert des Objektes erhöht und die Aussichten auf Mieteinnahmen verbessert werden.
Benötigt werden dazu insgesamt 27,4 Millionen Euro, wovon die Fondsgesellschafter zusätzlich zu ihrer bestehenden Einlage zusammen knapp zehn Millionen Euro einbringen sollen. Der Rest solle vor allem per Zinsstundung von der HSH Nordbank beigesteuert werden, die in dem Fonds als Kreditgeber fungiert, so das Schreiben des Fondsmanagements.
Die Anleger sollen bis zum 18. November entscheiden, ob sie diesem Plan zustimmen und in welcher Höhe sie sich am benötigten zusätzlichen Kapital beteiligen wollen. Bestandteil dieser Abstimmung ist zudem eine gesonderte Honorierung, die das Fondsmanagement für die Durchführung der Restrukturierung beansprucht. - Stimmen die Investoren der geplanten Restrukturierung des Fonds inklusive Renovierung des Gebäudes nicht zu, so ist nach Angaben der Fondsgeschäftsführung der unmittelbare Verkauf des Bürohauses die beste Option. Dieser würde allerdings im jetzigen Zustand den Angaben zufolge lediglich etwa 85 bis 95 Millionen Euro bringen, wie laut Anlegeranschreiben ein Gutachten des Immobilienberaters Jones Lang LaSalle ergeben hat.
Da dadurch laut Fondsmanagement nicht einmal die ausstehenden Kredite sowie der "negative Marktwert" eines bestehenden Swaps-Geschäfts gedeckt wären, würden die Anleger des Fonds bei dem Verkauf leer ausgehen.
Um die Sache im Falle einer Ablehnung der Restrukturierung zu beschleunigen, bittet das Fondsmanagement die Anleger bereits zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls bis zum 18. November auch ihre Zustimmung zu diesem möglichen Objektverkauf zu geben.
- Stimmen die Gesellschafter des Frankreich 04 auch dem Verkauf nicht zu, so muss nach Angaben der Fondsgeschäftsführung in Kürze ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Fondsgesellschafter gestellt werden.
Was also tun? "Der Fonds war schon fast insolvent, als wir ihn von Wölbern übernommen haben", sagt Thomas Böcher, Geschäftsführer des Fondshauses Paribus, das seit einigen Monaten sämtliche Wölbern-Immobilienfonds unter seinen Fittichen hat. "Allein die Tatsache, dass wir den Anlegern das Restrukturierungskonzept überhaupt anbieten können, ist schon ein Erfolg."
Auch der Beirat des Fonds hat bereits eine Stellungnahme zu den Vorschlägen der Geschäftsführung abgegeben. Darin weist er auf ein zusätzliches Risiko hin, das mit dem sofortigen Verkauf des Objekts verbunden wäre. Diese Unwägbarkeit hat auch das Fondsmanagement in seinem Brief dargestellt: Sollte das Gebäude verkauft werden, so wären durch den Erlös die Kosten für die Auflösung besagter Swap-Vereinbarung voraussichtlich noch nicht in voller Höhe gedeckt.
Die Frage wäre dann, wer die verbleibenden Swap-Kosten zahlen muss. Die HSH Nordbank als Swap-Partner könnte sich laut Anlegerbrief auf den Standpunkt stellen, die Gesellschafter seien in der Pflicht.
Die Fondsgeschäftsführung sowie deren juristische Berater vertreten zwar eine andere Auffassung. Das Risiko, dass die Gesellschafter im Verkaufsfall nachzahlen müssten, bleibt aber.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund bevorzugt der Beirat offenbar den Restrukturierungsplan. Das scheine der "einzig machbare Weg" zu sein, schreiben die Beiräte in ihrer Stellungnahme. Ein "Notverkauf" würde demnach zwar die finanzierende Bank "einigermaßen entlasten". "Allerdings sind für die Anleger voraussichtlich keine Beträge mehr zu erwarten", so der Beirat.
Auch in Anlegerkreisen kursieren bereits Mails, in denen zur Annahme des Restrukturierungsplans aufgerufen wird. Kommt es tatsächlich dazu, wäre die Pleite des Fonds zunächst zwar abgewendet. Dazu müssen sich aber ausreichend Investoren finden, die in diesen Wölbern-Immobilienfonds noch einmal zehn Millionen Euro einzahlen.
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