Vor dem Urteil im Wölbern-Prozess Professor Schulte plant schon den Gang zum Bundesgerichtshof

Keine Kompromisse: Heinrich Maria Schulte (M.) mit seinen Anwälten Thomas Hauswaldt (l.) und Wolf Römmig

Keine Kompromisse: Heinrich Maria Schulte (M.) mit seinen Anwälten Thomas Hauswaldt (l.) und Wolf Römmig

Foto: Christian Charisius/ dpa

Einer der hierzulande größten Anlageskandale und zugleich eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren der letzten Zeit erreicht am kommenden Montag seinen vorläufigen Höhepunkt. Im Prozess gegen den Medizinprofessor und Finanzunternehmer Heinrich Maria Schulte werden die Richter sehr wahrscheinlich ihr Urteil sprechen.

Ein Freispruch, den Schultes Verteidiger in ihren Plädoyers gefordert hatten, ist nach dem Verlauf des Verfahrens kaum zu erwarten. Dem ehemaligen Chef des Fondshauses Wölbern Invest wird gewerbsmäßige Untreue in weit mehr als 300 Fällen vorgeworfen. Rund 147 Millionen Euro soll Schulte unrechtmäßig aus Wölbern-Fonds zweckentfremdet haben. Dafür hat der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren beantragt. Die Kammer ließ bis zuletzt erkennen, dass sie mit der Staatsanwaltschaft offenbar weitgehend einer Meinung ist.

Sollte es am Montag tatsächlich zu einer Verurteilung kommen, so wäre das nach Angaben eines der Verteidiger Schultes aber noch längst nicht das Ende des Falles vor Gericht. Vielmehr ist der Angeklagte mit seinen Anwälten offenbar gewillt, den Gang zur nächsten Instanz, nämlich dem Bundesgerichtshof (BGH) anzutreten.

Das geht aus einer Stellungnahme von Schultes Anwalt Arne Timmermann hervor, die dieser an das manager magazin sandte. Timmermann antwortete damit auf die Frage, warum der Angeklagte angesichts des offensichtlich unerfreulichen Verlaufs im Verfahren und des Ausblicks auf eine Verurteilung zu keinem Zeitpunkt eine Einigung (vulgo "Deal") mit der Gegenseite gesucht hat. Schließlich hätte Schulte so auf ein milderes Urteil hoffen können, als es ihm jetzt womöglich bevorsteht.

Anwalt stellt Entscheidung vor dem BGH in Aussicht

Anwalt Timmermann schreibt dazu, sein Mandant sei der Auffassung, "dass ihm der Vorwurf einer strafbaren Untreue zu unrecht gemacht wird" und habe versucht, dies dem Gericht nahe zu bringen. Es entspreche aber nicht der Haltung seines Mandanten, einen "faulen Kompromiss" einzugehen, nur um seine Situation dadurch ein wenig zu verbessern, so Timmermann.

Und wörtlich: "Ob sich unsere Rechtsauffassung am Ende durchsetzt, wird voraussichtlich erst der BGH entscheiden. Illusionen über ein 'Wunder' macht sich unser Mandant nicht."

Damit spricht Schultes Verteidiger die fehlende Hoffnung auf einen Freispruch an.Schon in ihren Plädoyers hatten die Anwälte des Angeklagten dargelegt, weshalb sie mit diesem Ausgang des Prozesses nicht ernsthaft rechnen: Die Schulte Seite glaubt, das gesamte Verfahren sei von Beginn an nicht fair verlaufen, unter anderem, weil nicht ausreichend Zeit bestanden habe, sämtliche Prozessunterlagen ausreichend auszuwerten.

Zudem halten der Angeklagte und seine Anwälte die Kammer für voreingenommen. Dabei spielt unter anderem die Tatsache eine Rolle, dass der vorsitzende Richter Peter Rühle der Sohn jenes Richters am Hanseatischen Oberlandesgericht ist, der bereits vor Prozessbeginn über eine Haftprüfung zu entscheiden hatte. Der Senior hatte Schulte seinerzeit eine lange Freiheitsstrafe prophezeit - der Medizinprofessor und seine Verteidiger glauben nicht, dass sich Richter Rühle junior nun von dieser Vorgabe wird freimachen können.

Anm. d. Red.: In dem Artikel hieß es zunächst, Professor Schulte und seine Anwälte seien gewillt, den Gang durch die Instanzen zu beschreiten, notfalls bis zum BGH. Sollte Herr Schulte verurteilt werden, so wäre jedoch ausschließlich die Revision des Urteils durch den BGH möglich, eine weitere Instanz dazwischen gibt es dann nicht. Dies haben wir im Text korrigiert.

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