Test der Supercharger Was taugt Teslas elektrischer Highway?

Unterwegs im Tesla S von München nach Amsterdam: Die mmo-Redakteure Nils Sorge und Wilfried Eckl-Dorna (rechts) testen Teslas neues Supercharger-Netz in Deutschland
Foto: manager magazin online8.55 Uhr: Guten Morgen aus Feldkirchen bei München. Hier versteckt sich das Auslieferungszentrum von Tesla. Ein gutes Dutzend Autos des Typs Model S wartet darauf, an die Kunden übergeben zu werden. Ein roter Flitzer ist für uns. Wir wollen von hier nach Amsterdam fahren. Gleich geht es los.
8.58 Uhr: Der Wagen zeigt auf dem Display eine Reichweite von 497 Kilometern an. Aber die Strecke ist bergig, eine leichte Brise kommt aus der Gegenrichtung. Wir sind gespannt, ob die Supercharger uns wirklich so zuverlässig nach Holland bringen wie Tesla sich das vorstellt. Immerhin wollen wir nicht irgendwie nach Amsterdam zuckeln sondern so fahren, wie es der Alltag erfordert.

Testfahrt von München nach Amsterdam: mm-Redakteure Wilfried Eckl-Dorna und Nils-Viktor Sorge testen mit dem Tesla Model S das Supercharger-Netz in Deutschland
Foto: manager magazin online9.05 Uhr: Wir rollen aus dem Auslieferungszentrum. Zu hören sind nur die Reifen. Auf dem blanken Estrich quietschen sie bei jeder Lenkbewegung.
9.10 Uhr: Das Wetter meint es gut mit uns. Zwar ist die Luft noch frostig-kalt, doch die Straßen sehen so aus, als seien sie griffig genug für eine zügige Fahrt.
9.15 Uhr: Zunächst dürfen wir uns wohl mit den Resten des Berufsverkehrs um München herumplagen. Hinter der bayerischen Hauptstadt dann hoffentlich freie Fahrt.

Elektroauto-Infrastruktur: Wie Tesla mit Schnellladern die Welt vernetzt
9.20 Uhr: Teslas Ansatz ist ja generell, die Autowelt zu revolutionieren. Elon Musk ist davon überzeugt, dass die Welt ein besserer Ort wird, wenn alle Menschen Elektroautos fahren, anstatt weiter "Gas zu geben". Das ist zugleich ein gutes Verkaufsargument, wie der Erfolg des Unternehmens in den USA belegt.
9.30 Uhr: In Kalifornien ist das Model S immerhin das am drittmeisten verkaufte Luxusauto. Mercedes und BMW liegen noch davor.
9.35 Uhr: Generell ist Musk eher ein ungeduldiger Typ. Sein Superchargernetzbaut er auch deshalb auf, weil er nicht warten will, bis Energieversorger genügend Starkstrom-Ladesäulen aufgebaut hat. Die brauchen seine Autos aber, sonst sind weite Langstreckenfahrten kaum möglich, auch wenn der Wagen eine Reichweite von fast 500 Kilometern hat.
9.40 Uhr: So ein Tesla ist immer noch ein Exot auf deutschen Straßen. Gerade bekommen wir einen Thumbsup vom Fahrer eines dottergelben BMW Z4.
9.42 Uhr: Der Marktstart des Model S war in Deutschland nicht einfach. Nur einige Dutzend Wagen wurde in den ersten Monaten ausgeliefert. In Norwegen, wo viele hohe Steuern bei Elektroautos nicht anfallen, waren es schon mehr als 600 im Monat.
9.48 Uhr: Den Münchener Ring haben wir schon etwas länger verlassen. Mit 160 bis 200 Sachen geht es Richtung Augsburg. Wenn wir so weiterfahren, reicht der Saft für weitere 220 Kilometer. Wenn wir ab jetzt langsamer fahren würden, sollen es noch 410 sein.
9.55 Uhr: Bis zur ersten Ladesäule sind es zwar nur 66 Kilometer in Jettingen-Scheppach. Aber wir wollen das Teil einfach mal sehen, halten also auf jeden Fall.
9.55 Uhr: Wir haben gerade mal die Höchstgeschwindigkeit verifiziert - bei 211 ist Schluss, es geht aber auch sehr leichtfüßig bergauf in dem Tempo, wie wir feststellen dürfen. Wir passieren Augsburg und sollten in 19 Minuten am ersten Supercharger sein.
10.05 Uhr: Eine Baustelle hinter Augsburg drosselt uns, das dankt uns die Batterie. Die A8 erhält hier offenbar eine dritte Spur, was auch Tesla-Fahrer begrüßen dürften.
10.15 Uhr: Für die ganz rasanten Fahren ist der Tesla allerdings streng genommen nicht gedacht. In den USA liegt das Tempolimit ja meist bei 90-130 Stundenkilometern, da sind 400-500 Kilometer drin. Wer dagegen ständig in Autobahntempo rast, schafft nur etwa 300 Kilometer. Das haben wir auf unserer Testfahrt im Frühjahr am eigenen Leib erfahren.Daher sind die Supercharger in Deutschland näher beieinander als in den USA.
Begegnung von Tesla zu Tesla
10.20 Uhr: Ausfahrt zu Supercharger Nummer 1. Das Navi weiß leider nicht, dass hier eine Baustelle ist und will, dass wir in den Matsch fahren.
10.21 Uhr: Gut, dass uns Tesla bereits gebrieft hatte. Außerdem ist die Beschilderung recht eindeutig: Autohof. Trotzdem ist es natürlich ein Manko, dass das Navi nicht den Weg zum Supercharger weist wegen der Baustelle.
10.22 Uhr: Auf dem Weg zur Ladesäule kommt uns ein dunkelblauer Tesla entgegen. Der Fahrer lässt das Fenster runter. Kleines Gespräch, die beiden wollen heute von München nach Stuttgart und zurück.

Tesla-Fahrer unter sich. Die beiden Herren wollen von München nach Stuttgart und zurück und kommen gerade von der Ladesäule in Jettingen-Scheppach.
Foto: manager magazin online10.40 Uhr: Alles easy in Jettingen-Scheppach. An einem Monsterkabel sitzt ein fetter Stecker. Auf den mussten wir einfach zweimal drücken, dann springt die "Tanklappe" im Rücklicht auf.
10.45 Uhr: Der Wagen lädt mit 122 Ampere und 393 Volt. Quizfrage: Wie viel Watt sind das?
10.48 Uhr: Hier die Antwort: 47946 Watt, also 47,946 Kilowatt. Ist klar: P=U mal I, wer erinnert sich an Physik in der siebten Klasse?
10.55 Uhr: Von 292 Kilometern Reichweite sind wir wieder auf 430. Das sollte erstmal reichen. Wir machen noch ein schönes Bild, dann geht es weiter.
10.52 Uhr: Das bedeutet aber, dass der Charger seine angebene Leistung bei Weitem nicht ausschöpft. Diese soll bei 135 Kilowatt liegen. Das liegt wohl daran, dass die Batterie noch relativ voll ist. Dann lädt er langsamer, damit die Batterie keinen Schaden nimmt. Bis zu einem Ladestand von 80 Prozent soll es dagegen richtig rasant gehen. Wir werden das an der nächsten Ladesäule überprüfen.
11.10 Uhr: Okay, wir sind wieder auf der Autobahn. Unser Fazit: Die Supercharger funktionieren einwandfrei und sind leicht zu verstehen. Allerdings laden sie eben nicht mit voller Krat, wenn die Batterie noch recht voll ist. So gesehen war der Stopp in Jettingen-Scheppach nicht besonders sinnvoll (außer für die Fotos natürlich) und hat recht viel Zeit gekostet. Wir überlegen jetzt, ob wir den nächsten Charger auslassen, falls die Batterie einen komfortablen Ladestand anzeigt.
11.20: Das Tippen auf der Tastatur ist übrigens nicht sehr komfortabel. Sollen wir die Luftfederung dafür verantwortlich machen? Offensichtlich nicht allein. Eben auf dem Autohof in Jettingen hat uns eine Kollegin vom Bayerischen Rundfunk kurz interviewt, sie macht einen Radiobeitrag über die ruckelige Autobahn zwischen Augsburg und Ulm. Sie hat auch das Foto von uns gemacht. Danke!

Unterwegs mit dem Tesla Model S: Supercharger-Netz im Test
11.25: Wir haben jetzt eine Restreichweite von 330 bis 433 Kilometern, je nach Fahrweise. Bis zum nächsten Supercharger sind es 180 Kilometer, bis zum übernächsten 409. Das ist uns etwas zu unsicher. Einen ganz kurzen Zwischenstopp müssen wir wohl einlegen. Oder? Kommentare dazu bitte auf Facebook
Den nächsten Supercharger überspringen? Oder hohes Tempo beibehalten?
11.30: Uns treibt die Frage um: Wenn wir nur bis Bad Rappenau, der nächsten Station bei Heilbronn fahren, sollen wir lieber Vollgas geben und länger laden oder effizient fahren und kürzer laden? Schwierig ...

Was Obama und Cameron können, können wir auch. Ein Selfie aus dem Tesla bei Bad Ditzenbach auf besonderen Wunsch von User Martin Hillebrand
Foto: manager magazin online11.40 Uhr: Das sind natürlich alles Fragen, die sich der Fahrer eines gemeinen Verbrenner-Autos so kaum stellt... So viel steht schon mal fest: Auch mit dem Supercharger-Netz ist ein gewisses Umdenken erforderlich, wenn es auf große Fahrt geht.
11.50 Uhr: Die Facebook-Nachrichten lesen wir auf dem überdimensionalen Touchscreen im Auto. Die Internetverbindung ist aber - wie auch von unserem Laptop - sehr schlecht. Aber besser als nix.
12.15: Es steht fest: Durchfahren bis Wilnsdorf bei Siegburg kommt nicht infrage, außer vielleicht mit 80 Stundenkilometern. Restreichweite 200 bis 270 Kilometer, aber bis Wilnsdorf wären es gut 300 Kilometer. Rückblickend hätten wir den Stopp in Jettingen auslassen können, aber diesen hier nicht... Vielleicht kommen wir ja später von Wilnsdorf nach Amsterdam ohne Zwischenhalt (knapp 400 Kilometer).
12.30 Uhr: Anruf aus der Tesla-Deutschland-Zentrale. Die Supercharger laden die Batterie im Optimalfall derzeit doch nur mit 120 Kilowatt. Das Upgrade auf 135 Kilowatt soll dann Anfang des Jahres kommen. Und ja, sie laden nur mit voller Kraft, wenn die Batterie schon recht leergefahren ist, das hatten wir in Jettingen gemerkt.
Supercharger beim Autohof von Bad Rappenau
13.00 Uhr: Gleich sind wir in Bad Rappenau. Dort ist der zweite Supercharger.

Bahn frei: Die linke Spur gehört uns, neben dem Tacho zeigt das Fahrerdisplay auch die Navigation an
Foto: manager magazin online13.10 Uhr: Der erste Ladeversuch schlägt leider fehl, die Säule will einfach keinen Saft abgeben.
13.15 Uhr: Wir parken das Auto etwas um, die Säule nebenan macht keine Schwierigkeiten. Einmal volltanken, bitte!
13.17 Uhr: Und das geht jetzt mal rasant. Rechnerisch tanken wir laut Anzeige Strom für 624 Kilometer pro Stunde. 264 Ampere, 374 Volt, heißt es im Display. Das sind jetzt immerhin 98 Kilowatt.
13.22 Uhr: Immerhin acht Ladesäulen gibt es hier in Bad Rappenau, wir sind derzeit die einzigen, die Strom zapfen. Aber es hat sich eine kleine Menschentraube um das Auto gebildet.
13.25 Uhr: Dabei ist auch Autohof-Pächter Kay Nekolny. Gestern Abend hat er den ersten Niederländer mit einem Tesla begrüßt, der nicht nur aufgeladen hat, sondern auch gleich über Nacht geblieben ist.

Der Autohofpächter und seine Bekannten haben den live Ticker auf mmo verfolgt und haben uns empfangen
Foto: manager magazin online13.47 Uhr: Dazu muss man allerdings anmerken, dass es natürlich schönere Orte im Schwabenland zum Übernachten gibt als einen Autohof - tschuldigung, Herr Nekolny, auch wenn dieser wirklich gut in Schuss ist.
13.55 Uhr: Wir haben uns hier etwas verquatscht, aber dafür haben wir schon wieder 426 Kilometer auf der Uhr. Da ging innerhalb von 40 Minuten jetzt schon mächtig Saft in den Akku. Als wir ankamen, war unsere Reichweite auf 220 Kilometer zusammengeschrumpft.
14.00 Uhr: Kleiner Fahrerwechsel unsererseits, das nächste Ziel heißt Wilnsdorf. Ob wir dort auch auf einen Autohof-Pächter treffen, der in Elektroautos sogar ein neues Geschäftfeld sieht?
14.05 Uhr: Denn Kay Nekolny, der Autohofpächter von Bad Rappenau, ist mit seinen bisherigen Stromtankkunden mehr als zufrieden. Ein niederländischer Tesla-Fahrer hat in seinem Motel übernachtet und gegessen, ein weiterer dinierte im Autohof. Benzintanker kaufen gerade mal Kaugummi oder ein Päckchen Zigaretten, meint er - bei typischen Tesla-Fahrern sitzt das Geld etwas lockerer.
14.10 Uhr: Deshalb überlegt Nekolny, ob er künftig nicht ein eigenes Tesla-Menü anbieten sollte. Denn für ihn sind die acht Supercharger-Stationen ein Zusatzgeschäft ohne Zusatzkosten. Die Extra-Stromleitung und die Stromzapfsäulen hat Tesla komplett gezahlt.
Riskante Akkus und friedliches Brandverhalten
14.20 Uhr: Der etwas längere Aufenthalt an der Schnellladesäule bringt zwar unseren Zeitplan etwas durcheinander. Aber einen Vorteil hatte der Stopp: Wir haben ausreichend Strom im Akku, um auch mit etwas flotterer Fahrweise locker bis zum nächsten Etappenziel in Nordrhein-Westfalen zu fahren. Jetzt hoffen wir mal, dass unterwegs nicht allzu viele Baustellen den Fahrspaß trüben.
14.25: Apropos entspanntes Fahren: Nach fünf musiklosen Stunden haben wir nun das Internetradio gefunden. Die Station .977 Alternative spielt Alternative Rock - und beschert uns zumindest akustisch das Gefühl endloser, kaum bevölkerter Highways.
14.30 Uhr: Soeben haben wir Ladenburg passiert. Nomen est leider nicht Omen. Supercharger gibt es in dem Ort mit so passendem Namen nicht.
14.40 Uhr: Zwar wäre es punkto Reichweite am besten, mit unter 100 km/h über die Autobahnen zu fahren. Doch wir müssen jetzt ein wenig auf die Tube drücken, wenn wir wie geplant unseren Flieger in Amsterdam erreichen wollen. In den letzten 45 Minuten sind wir rund 90 Kilometer weit gefahren, laut Navi haben wir noch 147 Kilometer bis Wilnsdorf vor uns. Im Akku ist noch genug Strom für 267 Kilometer. Wir erhöhen jetzt ein wenig das Tempo.
14.55 Uhr: Unser Plan ist es, in Wilnsdorf den Akku möglichst voll zu tanken und dann in einem Zug bis Amsterdam durchzufahren. Das sollte doch zu schaffen sein, oder? Auf unserer Facebook-Seite sind die Meinungen geteilt. Einige Kommentatoren sind für Schnellfahren, andere schelten uns, weil wir das Auto als Sportwagen betrachten.
15.00 Uhr: Wolfgang Schüler hat uns per Facebook auf einen Fehler hingewiesen: Wilnsdorf liegt natürlich in der Nähe von Siegen - und nicht von Siegburg. Sorry dafür - das war der Geschwindigkeit geschuldet.
15.05 Uhr: Und einige Facebook-Kommentatoren wollen auch wissen, wie sich das Auto fährt. In aller Kürze: Der Tesla schmiegt sich auch bei höherem Tempo beachtlich gut an den Asphalt. Die Beschleunigung ist phänomenal - wir fahren aber auch das teure Performancemodell mit dem größeren Akku. Und was die Fahrgeräusche betrifft: Bis Tempo 50 gleitet der Tesla wie eine geräuschlose Sänfte durch den Verkehr. Auf der Autobahn ist es bis Tempo 120 im Innenraum leiser als viele Verbrenner, danach kommen die Windgeräusche hinzu. Ab Tempo 180 sind diese deutlich vernehmbar.
15.07 Uhr: Jetzt haben wir gerade den Main bei Frankfurt überquert. Mehr zum Fahrverhalten des Tesla und einige Bilder aus dem Inneren des Fahrzeugs finden sich in unserem ausführlichen Model S-Test vom Aprildieses Jahres.
15.10 Uhr: Das Herzstück des Tesla ist die Batterie - und um die gab es in den letzten Monaten heftige Debatten. In Nordamerika haben drei Tesla-Fahrzeuge gebrannt. Wir haben deshalb aus dem Auto heraus bei einem deutschen Batterieforscher nachgefragt, wie sicher der Tesla wirklich ist - und was er von den Schnellladern hält.
15.17 Uhr: Batterieforscher Andreas Gutsch vom Karlsruher Institut für Technologie hält die Tesla-Akkus für riskanter als die anderer Hersteller. "Tesla erkauft sich die größere Reichweite mit einer größeren Energiedichte der Batterie", sagte er uns im Gespräch. Das berge ein größeres Gefahrenpotenzial.
15.20 Uhr: Die von Tesla verwendeten Batterien enthalten Nickel-Kobalt-Aluminiumoxid, erklärte uns Batterieforscher Gutsch. Und dieses Material trage dazu bei, dass die Batterie früher dazu neigt Feuer zu fangen. Dafür brennt der Tesla vergleichsweise ordentlich ab. "Das Brandverhalten an sich war eher friedlich. Es gab keine massive Explosion, das spricht für die Sicherheit des Autos", sagte Gutsch.
15.27 Uhr: Tesla-Chef Elon Musk betont ja auch, dass bei den Bränden kein Model-S-Fahrer zu Schaden kam. Zwei der bisher drei Brände von Model-S-Fahrzeugen in den USA entstanden dadurch, dass ein Metallteil Teile der Batterie aufschlitzte. Bei den Teslas ist der Akku im Fahrzeugboden eingebaut. Tesla hat darauf reagiert - und die Luftfederung etwas nach oben geschraubt. Dem Aktienkurs haben die feurigen Berichte allerdings nicht gut getan, wie unsere Bildergalerie zeigt.

Tesla on fire: Einmal Börsenstar und zurück
15.40 Uhr: Noch 35 Kilometer bis zur nächsten Tesla-Tanke. Derzeit ist die Batterie noch zu einem Viertel voll. In Wilnsdorf werden wir mit Hochgeschwindigkeit Strom ziehen - doch die letzten 20 Prozent der Batterie müssen langsam geladen werden, wie uns Batterieforscher Gutsch verdeutlichte. Wenn die Batterie voll wird, muss der Strom langsam reduziert werden. "Die Batterie darf niemals überlaufen", so Gutsch. Denn das sei sicherheitskritisch, wie er es ausdrückte - und könne zu einem Brand führen.
15.50 Uhr: Haben wir es mit dem Gasgeben doch ein wenig übertrieben? Soeben sind die Bildschirme im Model S deutlich dunkler geworden, die Straßenkarte ist nun schwarz hinterlegt. Ist das nun der Sparmodus, weil wir nur noch 35 Kilometer Restreichweite haben, wenn wir so weiterfahren wie zuletzt? Oder ist das der Nachtmodus? Für den ist es noch etwas früh.
15.51 Uhr: Entwarnung - jetzt ist wieder alles normal, der Bildschirm weiß hinterlegt. Noch 14 Minuten trennen uns von Wilnsdorf - und eine längere Baustelle mit viel Verkehr.
16.09 Uhr: Der nächste Schnellader ist bereits in Sichtweite, unsere Batterie ist allerdings auch ziemlich ausgesaugt. Gerade mal 21 Kilometer könnten wir noch weiterfahren. Da kommt so ein Supercharger jetzt schon ziemlich gelegen. Noch sind es nicht mal eine Handvoll in Deutschland. Batterieforscher Gutsch misst dem Aufbau der Tesla-Schnelllader für den Massenmarkt nur wenig Bedeutung bei - die Infrastruktur kann sich kaum amortisieren, sagt er.
Gratisstrom sorgt für Neid an der Tankstelle
16.15 Uhr: Der Tesla ist nun eingestöpselt - nach einem kleinen Fehlversuch. Jetzt schaufelt der Supercharger fast 300 Ampere und 355 Volt in die Batterie, umgerechnet sind das 610 Kilometer pro Ladestunde. Wir machen jetzt mal eine Pause von 40 Minuten. Dem Tesla mag Strom reichen, wir benötigen auch mal ein paar Kalorien. Kurz vor 17 Uhr geht's weiter.

Tanken für die letzte Etappe: Autohof in Wilnsdorf. Bis Amsterdam sind es noch rund 350 Kilometer. Die Zeit bis zum Abflug um 21 Uhr wird knapp ...
Foto: manager magazin online17.05 Uhr: So, roter Schlitten und Fahrer sind mit ausreichend Kraftstoff versorgt. Jetzt geht's weiter. 345 Kilometer haben wir noch vor uns, meint das Navigationsgerät. 3 Stunden und 20 Minuten sollte das dauern. Das wird knapp, weil unser Flieger um 21 Uhr geht. Unser geplantes Abschlussfoto vor dem Van-Gogh-Museum müssen wir wohl sausen lassen - und statt dessen lieber zum Airport rasen.
17.12 Uhr: In den 45 Minuten, in denen unser Tesla am Stecker hing, ging die verbleibende Reichweite von 21 auf 405 Kilometer in Höhe. Eins war allerdings klar zu sehen, als wir vom Essen zum Auto zurückkehrten: Der Tesla regelte die Stromzufuhr im Verlauf der Schnellladung deutlich herunter.
17.20 Uhr: An der Tesla-Zapfsäule hatten wir übrigens Besuch von einem Herrn, der ein noch exotischeres Elektroauto fährt als wir. Er berichtete, dass er mit einem in Indien gebauten E-Mobil herumfährt. Zwar kann er mit seinem Fahrzeug nicht an den Superchargern laden. Aber er fand es gut, dass durch Teslas Infrastruktur Elektroautos mehr Zuspruch finden.
17.35 Uhr: Das Tanken an den Superchargern ist für Besitzer eines Tesla Model S mit der großen 85-kWh-Batterie übrigens kostenlos - und das für die Lebensdauer des Autos. Dabei ist der Bau der Supercharger kein Schnäppchen. Tesla äußert sich nicht zum genauen Preis, die Kosten einer Station mit mehreren Ladesäulen dürften aber deutlich über 100.000 Euro liegen.
17.45 Uhr: Die tatsächlichen Kosten für die Supercharger in Europa hat Tesla-Chef Elon Musk aber anfänglich unterschätzt. In einemInterview mit manager magazin im Februar sprach er von maximal 30 Millionen Dollar, die er für 100 Schnellladestationen in Europa ausgeben wollte. Später hat er diese Zahl nach oben korrigiert. Und zuletzt hieß es nur noch, dass Tesla viel Geld in Deutschland investieren wolle.
17.55 Uhr: Energiefachmann Gutsch meinte uns gegenüber, dass der Bau solcher teuren Ladesäulen sich für Energieversorger oder Netzbetreiber niemals lohnen kann. Denn wer den dort abgegebenen Strom verkaufen will, müsste den Preis mit einem hohen Aufschlag festlegen. Nur so könnte ein Betreiber seine Investition wieder reinholen. Dann allerdings wäre der Strompreis an den Schnellladesäulen so hoch, dass Fahrer von Dieselautos kaum teurer unterwegs wären.
18.07 Uhr: Eines sollte aber den klassischen Autoherstellern zu denken geben. Mit den Superchargern schafft sich Tesla ein Alleinstellungsmerkmal, das andere nicht so leicht kopieren können. Zwar hat Tesla bereits angekündigt, dass auch andere Hersteller die Schnelllader für ihre E-Mobile nutzen können. Doch erstmal müssen deren Batterien 135 Kilowatt bei der Ladung verkraften. Derzeit schafft das nur das Model S von Tesla.
18.12 Uhr: Das Gratisstromtanken sorgt bereits jetzt hier und da für Neidgefühle - zum Beispiel bei den Mitarbeitern herkömmlicher Tankstellen. So meinte eine Verkäuferin in einem Tankstellenshop zu uns: "Ich finde es nicht gut, dass die hier kostenlosen Strom bekommen, während wir Strom sparen müssen."
Stress mit Schiphol
18.15 Uhr: Enthaltsam sind auch wir unterwegs - aber nur, was das Vorankommen betrifft. Denn derzeit gondeln wir zwischen Dortmund und Essen im Stop-and-Go-Verkehr durchs Ruhrgebiet. Noch 106 Kilometer bis Zevenaar - wo wir am nächsten Supercharger einen Zwischenhalt einlegen müssen. Denn wir sollen das Auto mit 40 Kilometer Restreichweite zurückgeben - sonst tun sich unsere Abholer mit der Fahrt ins Amsterdamer Stadtzentrum schwer.
18.24 Uhr: Gerade haben wir übrigens mal "Ladestation Schiphol Airport" gegoogelt. Dabei sind wir auf verblüffend präzise Angaben gestoßen - zu USB-Ladestationen, an denen Reisende am Amsterdamer Flughafen ihre leeren Handys mit Strom aufpäppeln können.

Unterwegs mit dem Tesla Model S: Supercharger-Netz im Test
18.26 Uhr: Mit der englischen Suchvariante "car charging airport Schiphol" waren wir erfolgreicher. Tatsächlich gibt es mindestens eine Elektroauto-Ladestation auf dem Flughafen. Laut Pressemeldung sollten es seit diesem Quartal sogar mehrere sein. Wir wissen nun zwar, wo die Ladestationen sind - aber nicht, wie viel Ampere sie abgeben oder wie viel wir für das Laden bezahlen müssen.
18.43 Uhr: Mit den Tesla-Superchargern und der mächtigen Batterie des Model S bleibt von der vielzitierten Reichweitenangst bei Elektroautos nur ein kleiner Schauer übrig. Doch genau das verleitet uns beinahe zur Reichweitenangst 2.0: Testen wir die Grenzen des Machbaren aus und versuchen, mit den letzten Elektronen im Tank ans Ziel zu kommen? Am Ende siegt aber doch etwas in uns. Nennen wirs mal Reichweitenvernunft.
18.57 Uhr: Neben Ladeberechnungen hadern wir auch noch mit einem klassischen Problem vieler Geschäftsreisender: Wann genau ist der letzte Zeitpunkt, an dem uns die Flughafen-Angestellten in Schiphol noch ins Flugzeug lassen? Sollen wir gleich jetzt per Internet einchecken - oder lieber erst, wenn wir knapp vor Amsterdam sind? Eins steht fest: Unser letzter Ladestopp darf nicht länger als 15 Minuten dauern. Sonst müssen wir uns doch noch ein Zimmer in Amsterdam suchen.
19.17 Uhr: Neben unserer Säule parkt ein weißes Model S - sozusagen ein Stoff-Bruder. Wir gönnen uns jetzt mal 15 Minuten volle Strom-Power - das sollte reichen. Die Restreichweite liegt derzeit bei 49 Kilometern - nicht genug für das 85 Kilometer entfernte Amsterdam.
19.35 Uhr: So, mit 200 Kilometern im Tank auf nach Schiphol (110 Kilometer Entfernung). Schade nur, dass wir weder online einchecken können wegen der schwachen Internetverbindung, noch unsere Reisestelle ereichen. Da geht leider niemand ans Telefon ...
19.52 Uhr: Die Reisestelle haben wir erreicht, aber schaffen wir es zum Flieger?
20.05 Uhr: Wir verhandeln mit KLM am Telefon - denn ein bisschen Zeit brauchen wir noch, um den teuren Tesla Model S ordnungsgemäß abzugeben.
20.20 Uhr: Noch 33 Kilometer bis Schiphol. Wir sollten laut Navi um 20:45 Uhr da sein. Leider hat der Online-Checkin nicht mehr geklappt. Und nachdem wir 15 Minuten in der KLM-Hotline hingen, war auch da nichts mehr möglich. Es war sicher unser Fehler, dass wir nicht früher eingecheckt haben. Am Auto hat es nicht gelegen. Wir probieren jetzt irgendwie noch in den Flieger zu kommen, sínd aber auf den guten Willen des Bodenpersonals angewiesen.
20.25 Uhr: Unterm Strich halten wir mal fest, dass Langstreckenreisen mit dem Tesla funktionieren. Etwas mehr Zeit muss man aber mitbringen und die Strecke gut kalkulieren, wenn es auf die Minute ankommt. Es ist uns nicht gelungen, mal einen Supercharger zu überspringen, dafür müsste man wohl doch konsequent 100-120 Stundenkilometer fahren.
20.30 Uhr: In unserem Fall hat uns aber auch der Reiz des Neuen am Tesla einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wo wir auch waren, wurden wir in Gespräche verwickelt und haben dadurch teilweise etwas Zeit verloren.
20.35 Uhr: Im Vergleich zu unserer Drei-Tage-Fahrt vom April von Garmisch nach Flensburg sind die Supercharger jedenfalls ein riesiger Fortschritt, zumal das Laden kostenlos ist.
21.00 Uhr: Tja, zum Abendessen gibt es Heineken statt Astra. 20 Minuten vor Abflug am Check-In anzukommen reicht eben nicht. Dabei haben die freundlichen Mitarbeiterinnen der Fluggesellschaft alles gegeben, nur leider das Gate nicht telefonisch erreicht. Den Flug haben wir deswegen auf morgen früh umgebucht. Am Flughafen erwartete uns bereits die Tesla-Pressesprecherin und nahm uns den Wagen ab. Später ließ sie uns noch wissen, dass er es mit 2 Kilometern Restreichweite ins Servicecenter geschafft hat. Das nennt man Punktlandung. Damit verabschieden wir uns und danken fürs Mitlesen sowie die zahlreichen Kommentare auf Facebook!