

Moskau/Minsk - Der eskalierende Düngemittelstreit hat den Aktien von K+S am Dienstag erneut Auftrieb verliehen. Nach einem Kursplus von mehr als vier Prozent zum Wochenauftakt kletterten sie am Dienstagvormittag in einem schwachen Markt um 0,52 Prozent auf 19,36 Euro nach oben. Damit standen sie an der Spitze des Dax , der zeitgleich rund eineinhalb Prozent nachgab.
Seit ihrem Kurssturz Anfang August haben sich die Aktien des Dünger- und Salzproduzenten um fast 29 Prozent erholt. Zuvor waren sie nach dem überraschenden Ausstieg des russischen Kali-Giganten Uralkali aus einer Vertriebsallianz mit dem weißrussischen Staatskonzern Belaruskali binnen weniger Tage um knapp 50 Prozent abgestürzt. Der Schritt von Uralkali hatte die gesamte Branche aufgeschreckt und Spekulationen über einen scharfen Kali-Preisrutsch ausgelöst.
Am Montag nun wurde Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner in der weißrussischen Hauptstadt Minsk festgenommen. Weißrussland wirft Managern des russischen Bergbaukonzerns Uralkali Betrug im Umfang von 100 Millionen US-Dollar vor. Im Zusammenhang mit der beendeten Kooperation mit Belaruskali sollen Baumgertner und drei weitere Uralkali-Manager Insiderwissen zur eigenen Bereicherung missbraucht haben, hieß es aus Minsk.
Die Ermittlungsbehörde der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik prüft nach eigenen Angaben Beschlagnahmen von Immobilien oder Besitz des Unternehmens.
Uralkali wies die Vorwürfe zurück. Zudem verurteilte Russlands Vize-Regierungschef Igor Schuwalow das Vorgehen der Agentur Interfax zufolge als "völlig unangemessen".
Analysten halten Preiskrieg für unwahrscheinlich - Short Squeeze
Aufgrund der Verhaftung von Baumgertner hält Analyst Heinz Müller von der DZ Bank einen Preiskrieg im Kalidüngermarkt für unwahrscheinlich, was für K+S positiv wäre.
Der jüngste Kurszuwachs dürfte zudem eine Folge des relativ hohen Anteils von Marktteilnehmern sein, die auf einen fallenden K+S-Kurs gesetzt hätten. Diese Investoren sind bei steigenden Kursen gegebenenfalls gezwungen Aktien zu kaufen, um ihre Verluste aus Leerverkäufen zu begrenzen. Ein sogenannter "Short Squeeze" ist dann möglich. Dabei sorgen Leerverkäufer durch ihre Deckungskäufe für Kursgewinne, die wiederum weitere Leerkäufer zu Deckungskäufen zwingen können, was den Kurs noch weiter nach oben treibt.
Fall Baumgertner könnte politische Dimension annehmen
Es gibt aber auch vorsichtigere Stimmen. So warnte Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research bereits nach dem kräftigen Kurszuwachs zum Wochenauftakt vor übertriebener Euphorie. Einige Investoren schienen darauf zu spekulieren, dass Uralkali zurück in die Vertriebsallianz mit Belaruskali getrieben werden könne.
Mit der kolportierten Festnahme von Baumgertner könnte der Fall nun aber durchaus politische Dimensionen annehmen, sollte Uralkali von der russischen Regierung unterstützt werden, gab der Experte zu bedenken. Dies könnte einer erneuten Kooperation der beiden Unternehmen langfristig im Weg stehen. Schwarz bewertet die Aktien von K+S mit "Sell".
Uralkali und Belaruskali waren acht Jahre lang Partner im Joint Venture BPC, das für 43 Prozent der weltweiten Kali-Exporte steht. Das Ende der Zusammenarbeit hat weltweit Wellen an den Kalimärktengeschlagen, weil Experten einen Preisverfall vorhersagen.
Für Weißrussland ist das Ende der Handelsallianz besonders schmerzlich, da Kali einer der wichtigsten Devisenbringer für das Land ist, das von Präsident Alexander Lukaschenko seit 1994 mit harter Hand regiert wird.
K+S ist der einzige Rohstoffkonzern im Dax und der einzige große Kalilieferant aus Westeuropa. Wegen vergleichsweise hoher Produktionskosten gilt das Unternehmen aus Kassel aber als besonders anfällig, sollten die Kalipreise spürbar fallen. Das hat ...
Uralkali aus Russland angekündigt, mit einer Produktion von 9,1 Millionen Tonnen 2012 Weltmarktführer und fast doppelt so groß wie K+S. Uralkali will seine Produktion schon im kommenden Jahr auf 13 Millionen Tonnen steigern. Größtes Plus ist die direkte Bahnverbindung nach China. Konzernchef Wladislaw Baumgertner erklärt den Abschied von der bisherigen Strategie, dem Preis Vorrang vor der Absatzmenge zu geben. Kali dürfte bis Jahresende nach seiner Prognose um ein Viertel billiger werden. Hintergrund ist ein Zerwürfnis mit ...
Belaruskali. Das weißrussische Staatsunternehmen, nach produzierter Menge die globale Nummer zwei, bildete bislang mit Uralkali das Exportbündnis BPC. Zusammen mit dem kanadischen Kartell Canpotex waren 80 Prozent des weltweiten Kaliexports in diesem Duopol versammelt, was für stabile (hohe) Preise und hohe Margen sorgte. Die Russen geben die Schuld für das Platzen des Bündnisses den Weißrussen, ...
... deren Präsident Alexander Lukaschenko noch kurz zuvor Ende Juli von einem bevorstehenden Abkommen mit Russland gesprochen hatte. Zwischen den Zeilen der Mitteilung stand jedoch, dass der klamme Staat vor allem auf größere Absatzmengen setzt. Weißrussland hat sich mit einem katarischen Chemikalienhändler zusammengeschlossen und sucht zudem sein Glück in Brasilien.
Nicht erfreut dürfte Uralkali-Großaktionär Sulejman Kerimow sein. Seine Aktien verloren drastisch an Wert. Der von Kerimow gesponserte Fußballverein Anshi Machatschkala musste zuletzt seine Strategie von teuren Zukäufen auf lokale Talente ändern. Auch andere russische Oligarchen hängen am Kalimarkt ...
Andrej Melnitschenko (im Bild seine Yacht "A" in Singapur) war lange Großaktionär von K+S, das Dax-Unternehmen half ihm aber nicht beim Eintritt in den Kalimarkt. So versucht sein Düngemittelhersteller Eurochem jetzt im Alleingang, mit zwei neuen Bergwerken in den Markt vorzudringen, der höhere Profite als die anderen Düngemittel Phosphat und Stickstoff verspricht.
K+S versucht derweil sein Glück in Kanadas Prärie, wo sich bereits andere Branchengrößen tummeln. Marktführer Potash Corp. of Saskatchewan besitzt nach eigenen Angaben die weltgrößte Kapazität - mit einem angekündigten Wachstum auf 17 Millionen Tonnen bis 2015, das bereits zu 90 Prozent bezahlt sei.
Auch der US-Konzern Mosaic (Jahresproduktion 2012: 7,1 Millionen Tonnen) ist ebenso wie der eher auf Stickstoff und Phosphat fokussierte Hersteller Agrium im Exportkartell Canpotex.
Zu den etablierten Kalilieferanten zählt ebenso Israel Chemicals, das aus dem Toten Meer Kali gewinnt, aber auch kleine Bergwerke in England und Spanien besitzt. Eine Übernahme durch PCS verbot die israelische Regierung.
Bislang eher unbedeutend (rund 500.000 Tonnen) ist die Kaliproduktion des brasilianischen Eisenerzriesen Vale. Die Brasilianer planen aber Investitionen von zehn Milliarden Dollar, um in der Heimat und in Argentinien große Kalilager zu erschließen. In Südamerika werden wegen die weltweit höchsten Kalipreise erzielt. Auch andere Bergbaukonzerne spielen mit dem Markteintritt. BHP Billiton prüft, für 14 Milliarden Dollar das weltgrößte Kalibergwerk in Kanada zu errichten. Vorübergehend sinkende Preise stören angeblich nicht das Kalkül.
... deren Präsident Alexander Lukaschenko noch kurz zuvor Ende Juli von einem bevorstehenden Abkommen mit Russland gesprochen hatte. Zwischen den Zeilen der Mitteilung stand jedoch, dass der klamme Staat vor allem auf größere Absatzmengen setzt. Weißrussland hat sich mit einem katarischen Chemikalienhändler zusammengeschlossen und sucht zudem sein Glück in Brasilien.
Foto: Sergei Ilnitsky/ dpa... deren Präsident Alexander Lukaschenko noch kurz zuvor Ende Juli von einem bevorstehenden Abkommen mit Russland gesprochen hatte. Zwischen den Zeilen der Mitteilung stand jedoch, dass der klamme Staat vor allem auf größere Absatzmengen setzt. Weißrussland hat sich mit einem katarischen Chemikalienhändler zusammengeschlossen und sucht zudem sein Glück in Brasilien.
Foto: Sergei Ilnitsky/ dpa