Nach Abgang von Bill Gross Allianz-Tochter Pimco legt sich mit Konkurrenz an

US-Börsianer mit kritischem Blick: Pimco kämpft um Kunden - und versucht Investoren vom Wert des aktiven Fondsmanagements zu überzeugen
Foto: REUTERSHamburg - Für sich genommen könnte man den Eintrag, den Pimco-Manager James Moore jüngst im firmeneigenen Blog gemacht hat, als Stichelei unter Konkurrenten betrachten, oder bestenfalls als Lehrstück im kleinen Einmaleins der Kapitalanlage.
Vor dem Hintergrund allerdings, dass reihenweise Großkunden Gelder aus Pimco-Fonds abziehen, seit vor einigen Wochen der Mitgründer des Unternehmens und prägende Kopf Bill Gross die Firma verlassen hat, kommt dem Beitrag wohl mehr Bedeutung zu: Die etwa zwei Billionen Dollar schwere Allianz-Tochter Pimco sieht sich offenbar mit dem Rücken an der Wand und gezwungen, mit allen Mitteln um Kunden zu buhlen.
Schon im September, dem Monat, in dem Gross seinen Abgang bei Pimco bekanntgab, hatte der bisher von dem Starmanager gelenkte Total Return Fund Abflüsse von mehr als 23 Milliarden Dollar zu verkraften. Das Firmen-Flaggschiff gilt mit einem Volumen von mehr als 200 Milliarden Dollar als größter aktiv gemanagter Investmentfonds weltweit.
Und der Aderlass geht weiter. Gerade in dieser Woche wurden neue prominente Abgänge unter den Pimco-Investoren bekannt. So erklärte der Autobauer Ford am Dienstag, den Total Return Fund ab Mitte November aus dem Altersvorsorgeprogramm für seine Angestellten zu nehmen. Einer Ford-Sprecherin zufolge wurde die Entscheidung explizit nach Bill Gross' Abgang getroffen.
Wichtiger Pimco-Kunde wechselt zu ETF-Spezialisten
Nächstes Beispiel: Der Versicherer Pacific Life Insurance betont Berichten zufolge zwar, sich schon vor dem Weggang von Bill Gross für ein Umschichten von Geldern entschieden zu haben. Dieser Fall ist für die Allianz-Tochter aber besonders bitter: Die auf Rentenpapiere spezialisierte Investmentgesellschaft Pimco war Anfang der 1970er Jahre als Einheit von Pacific Life Insurance gestartet, bevor sie später in den Besitz der Münchener Allianz Versicherung wechselte.
Jetzt will Pacific Life Anlagegelder abziehen, und zwar um sie ausgerechnet bei Gross' neuem Arbeitgeber Janus Capital zu investieren, wie Bloomberg berichtet. Die Janus-Aktie war bereits nach der Meldung von dem prominenten Neuzugang Bill Gross um mehr als 40 Prozent gestiegen. Nach der jüngsten Nachricht kletterte das Papier in New York laut Bloomberg um weitere 2,2 Prozent.
Zu den jüngsten Pimco-Abtrünnigen zählen zudem staatliche Einrichtungen von Alabama und Florida sowie die Massachusetts Mutual Life Insurance Company (MassMutual). Pikant dabei: Alabama's Treasury wechselt mit Geldern eines milliardenschweren Investmentvehikels von Pimcos Total Return Fund ausgerechnet in einen Indexfonds des US-Anbieters Vanguard.
Bemerkenswert ist das, weil Vanguard-Gründer Jack Bogle kürzlich in einem TV-Interview ausführlich die Vorzüge passiv gemanagter Fonds hervorgehoben hatte, und zwar in Bezug auf Aktien- und auf Rentenfonds. Und weil Pimco-Manager James Moore in dem eingangs erwähnten Blogeintrag ausdrücklich zu diesen Äußerungen Bogles Stellung bezieht.
Fünf Argumente, mit denen Pimco-Manager flüchtige Kunden halten will
Unterm Strich, so Bogles Argument, performe die Gesamtheit aller aktiv gemanagten Fonds nicht besser als der Markt. Für jeden Fonds, der die Benchmark schlage, müsse es folglich einen anderen geben, der diese Gewinne durch Verluste "subventioniere". Aufgrund der niedrigeren Kosten seien Indexfonds den aktiv gemanagten Produkten daher prinzipiell vorzuziehen, sagte der Vanguard-Gründer, dessen Unternehmen zu den größten Anbietern passiver Fonds, sogenannter ETFs, in den USA zählt.
Das wollte Pimco-Mann Moore offensichtlich nicht so stehen lassen."Tut mir leid, Mr. Bogle, aber bei allem Respekt, ich bin anderer Meinung", überschreibt er seinen Blogbeitrag. Und zwar: "Entschieden."
Dann listet Moore fünf Argumente auf, die seiner Meinung nach belegen, dass auf dem Bondmarkt bei der Aktiv/Passiv-Frage andere Regeln gelten, als auf dem Aktienmarkt:
- Eine Vielzahl von Investoren am Bondmarkt verfolgen laut Moore andere Zielsetzungen, als die Outperformance gegenüber einer Benchmark zu maximieren.
- Am Aktienmarkt werden die Indexzusammensetzungen und -gewichtungen in der Regel durch die Märkte vorgegeben, so Moore. Anders sei es dagegen am Rentenmarkt, wo die Indexbetreiber mehr Einfluss ausübten.
- Am Anleihemarkt spielen Neuemissionen eine wesentlich größere Rolle, schreibt Moore. 2013 etwa kamen seinen Angaben zufolge auf ein Bestandsvolumen am US-Bondmarkt von 7,4 Billionen Dollar ein Neuemissionsvolumen von 1,4 Billionen Dollar. Am Aktienmarkt dagegen habe die gesamte Marktkapitalisierung bei 22 Billionen Dollar gelegen, gegenüber einem Neuemissionsvolumen von 255 Milliarden Dollar. Weil Neuemissionen aber oft mit einem Discount auf den Markt kämen, sei eine besondere Präsenz in diesem Segment im Anleihegeschäft von großer Bedeutung.
- Der Anleihemarkt ist laut Moore deutlich kleinteiliger als der Aktienmarkt. Während sich die Aktien eines Unternehmens in der Regel glichen, gebe es bei Anleihen erhebliche Unterschiede in der Ausgestaltung. Laut Moore sind an der US-Börse derzeit etwa 5200 Aktiengesellschaften gelistet. Pimco jedoch verfolge nahezu 220.000 verschiedene auf US-Dollar lautende Anleihepapiere. Aus diesem Grund, so Moore, seien Anleihedeals häufig keine simplen Käufe, sondern eher das Ergebnis von Verhandlungen.
- Die Performance einer Aktie unterscheidet sich nach Ansicht des Pimco-Managers grundlegend von der einer Anleihe. Der Aktienmarkt verfolge, von individuellen Schwankungen abgesehen, einen langfristigen stetigen Aufwärtstrend, der sich bei richtiger Streuung nach dem Gesetz der großen Zahl auch in einem Aktiendepot zeigen müsste.
Eine Anleihe dagegen habe eine begrenzte Laufzeit, die Performance beschränkt sich demnach auf den Zins sowie die Rückzahlung am Ende der Laufzeit. Zu Abweichungen komme es lediglich, wenn Bonds ausfielen ("default") oder früher verkauft würden, etwa, weil das Kreditrating des Emissärs heruntergestuft würde.
Alle diese Punkte und noch einige mehr bieten laut Moore Ansätze für ein erfolgreiches aktives Management am Rentenmarkt, mit dem sich auch die höheren Gebühren aktiver Fonds rechtfertigen lassen.
Angesichts der jüngsten Investorenflucht bleibt für Pimco zu hoffen, dass Moores Worte Gehör finden.