Kurschancen Indiens Wähler spielen Geldanlegern in die Karten

Indiens Finanzzentrum Bombay: Das Wahlergebnis könnte die Börse beflügeln
Foto: epa/ picture-alliance/ dpaIndien hat ein neues Parlament und einen neuen Ministerpräsidenten gewählt und sich damit für einen wirtschaftspolitischen Neuanfang nach vielen Jahren der Stagnation ausgesprochen. Der neue Ministerpräsident Modi war vorher Premierminister des Bundeslandes Gujarat. Dort hat er gezeigt, dass er ganz wesentlich durch den Abbau von Bürokratie und die Bekämpfung von Korruption ein investitionsfreundliches Klima mit Wachstumsraten um die 9 Prozent in den letzten drei Jahren schaffen konnte. Im Rest des Landes lag die Wachstumsrate in den letzten Jahren bei ungefähr 5 Prozent, also nur etwas mehr als die Hälfte.
Bevor ein neuer Wachstumsschub in Angriff genommen werden kann, muss die neue Regierung jedoch einige drängende Probleme angehen. Dazu gehört neben der Inflationsrate von fast 8 Prozent pro Jahr und einem Haushaltsdefizit von fast 5 Prozent im vergangenen Haushaltsjahr vor allem das anhaltende Zahlungsbilanzdefizit.
Mittel- und langfristig ist, falls die Regierung durchhält und sich nicht in die in Indien üblichen Grabenkämpfe verstrickt, Zuversicht für einen politischen und wirtschaftlichen Neuanfang durchaus berechtigt. Denn trotz der seit Jahren anhaltenden Stagnation hat Indien enormes Potential. Das Land verfügt mit einer jungen und dank Internet und anderer neuer Medien zunehmend gut ausgebildeten Bevölkerung über sehr günstige demografische Verhältnisse. Insbesondere wissensintensive Branchen wie Software-, Pharma- und Automobilindustrie gelten in Indien als international wettbewerbsfähig.
Die Märkte haben wie häufig das Wahlergebnis vorhergesehen. Der Nettozufluss ausländischen Kapitals an die Börse in Bombay lag von Jahresbeginn bis zur Wahl bei sechs Milliarden Dollar. Gleichzeitig stieg der Wert der indischen Rupie. Diese Entwicklung des Aufschwungs nach langer Stagnation lässt sich aus unserer Sicht durchaus mit der Periode nach der Wahl von Ronald Reagan 1980 zum Präsidenten in USA und Margaret Thatcher zur englischen Premierministerin 1979 vergleichen.
Kurschancen bei Industrie- und Bankenaktien
Beide Politiker haben damals längst überfällige Reformen eingeleitet und wesentlich dazu beigetragen, dass von 1982 bis 2000 eine der längsten Aufschwungphasen der modernen Börsengeschichte stattgefunden hat.
Aus unserer Sicht sind für bewegliche Anleger die großen zyklischen Industriewerte wie Tata Steel und Reliance Industries eine Anlagemöglichkeit. Allerdings schwanken hier die Kurse sehr stark und oft wenig vorhersehbar aufgrund der lokalen Nachrichtenlage. Wer hier Geld verdienen will, sollte möglichst die Landessprache können und in jedem Fall Frühaufsteher sein, um das Geschehen in Indien live zu verfolgen. Beide Werte sind aufgrund von Zweitnotierungen auch in Europa erhältlich.
Langfristig interessanter und wesentlich weniger schwankungsanfällig sind die beiden großen Bankwerte ICICI Bank und HDFC Bank. ICICI ist eine private kommerzielle Bank, während HDFC eine Art Kombination von Bank und Bausparkasse ist. In den nächsten Jahren dürften einige hundert Millionen Inder zum ersten Mal in ihrem Leben Zugang zu Bankkonten haben.
Dies bedeutet für die beiden Institute, die im übrigen als sehr gut geführt gelten, beachtliche strukturelle Wachstumsmöglichkeiten. Gleichzeitig ist der Aufstieg für hunderte Millionen Menschen in die Mittelklasse natürlich auch mit Hausbau und Anschaffungen wie Autos und anderem verbunden, was beide Banken finanzieren.
Die Kurse beider Banken haben seit Jahren stagniert, und haben seit der Aussicht auf das günstige Wahlergebnis kräftig zugelegt. Je nach politischer Lage sind auch hier Schwankungen zu erwarten, die jedoch geringer sein dürften als bei den zyklischen Industriewerten. Solange Modi Ministerpräsident ist und die versprochenen Reformen erfolgreich umsetzt, sind hier jedoch dauerhafte Kursgewinne zu erwarten.