Produktion von Autositzen beim Autozulieferer Grammer in Kümmersbruck (Bayern)
Foto: Armin Weigel/ dpaDie Unternehmerfamilie Hastor als zweiter Großaktionär von Grammer hält das Übernahmeangebot aus China für den bayerischen Autozulieferer für zu niedrig. "Wir betrachten das Angebot als wirtschaftlich unzureichend", erklärte Cascade International Investment, eines von zwei Anlagevehikeln der Familie, die zusammen 19 Prozent an Grammer halten, am Mittwoch.
Der faire Wert der Grammer-Aktie liege schon jetzt bei mindestens 85 Euro. Nach der vereinbarten Übernahme von Toledo Molding & Die (TMD) wären sogar 100 Euro "durchaus realistisch". Die Grammer-Aktie, die bereits am Vortag deutlich gestiegen war, zog daraufhin um weitere bis zu 4,5 Prozent auf 63,95 Euro an.
"Wir werden nun alle vorhandenen Optionen prüfen, auch den nochmaligen Ausbau unserer Beteiligung", heißt es in der Mitteilung von Cascade. Der faire Wert der Grammer-Aktie betrage "mindestens 85 Euro", aber für Cacade seien "rund 100 Euro als durchaus realistisch anzusehen". Das chinesische Unternehmen Ningbo Jifeng will 61,25 Euro je Aktie anbieten - ein Plus von 19 Prozent gegenüber dem bisherigen Börsenkurs.
Wer steckt hinter dem Angebot?
Cascade warf auch die Frage auf, wer hinter dem Übernahmeangebot stecke und sich "Zugang zu Schlüsseltechnologien bei Grammer" verschaffen wolle. Dass eine Firma mit 250 Millionen Euro Umsatz eine Übernahme für eine Milliarde Euro stemmen könne, sei nicht nachvollziehbar. Möglicherweise sei der Staat involviert.
Unklar sei auch, ob eine Übernahme durch Jifeng Grammers geplante Übernahme des amerikanischen Kunststoffherstellers Toledo aufs Spiel setze: "Ist damit zu rechnen, dass zum Beispiel Behörden in den USA die Übernahme nun untersagen?" Die bereits mit 25,5 Prozent beteiligte chinesische Ningbo Jifeng hatte am Dienstag ein Angebot über 60 Euro je Grammer-Aktie zuzüglich der Dividende von 1,25 Euro vorgelegt.
Cascade habe das Grammer-Engagement stets als langfristig betrachtet. Grammer hatte Ningbo Jifeng 2017 als "weißen Ritter" ins Haus geholt, um eine unerwünschte Machtübernahme durch die Familie Hastor zu verhindern.
Prevent liegt mit mehreren deutschen Autobauern, allen voran Volkswagen, im Clinch. Grammer hatte berichtet, dass mehrere Hersteller nach dem Einstieg der Hastors mit Aufträgen gezögert hätten.
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Die Autozulieferbranche gehört neben dem Maschinenbau zu den Branchen, die chinesische Firmen in Deutschland vorzugsweise ins Visier nehmen. Vor allem über die milliardenschwere Übernahme des Roboter-Herstellers Kuka war kontrovers diskutiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem Besuch in China kürzlich auf gleiche Rechte für deutsche Unternehmen bei Übernahmen in China gepocht. Bisher sind sie dort meist auf Gemeinschaftsprojekte mit chinesischen Partnern angewiesen.
Übernahme durch Jifeng dürfte problemlos durchgehen
Den Einstieg von Jifeng bei Grammer hat die Bundesregierung bereits durchgewinkt, so dass die Chinesen auch bei einer Übernahme keine Hürden erwarten. Jifeng habe von Anfang an auf einen größeren Anteil spekuliert, sagte einer der Insider. Erst jetzt habe das von der Familie Wang beherrschte Unternehmen, das kleiner ist als Grammer, aber die Finanzierung der Übernahme gesichert. Inklusive Schulden müssten die Chinesen, mit denen Grammer schon vor dem Einstieg zusammengearbeitet hatte, mehr als eine Milliarde Euro finanzieren.
Grammer hatte erst vor einer Woche die größte Übernahme seiner Geschichte in Angriff genommen, um bei US-Autobauern stärker Fuß zu fassen: Der umgerechnet 233 Millionen Euro teure Zukauf des Kunststoff-Spezialisten Toledo Molding & Die (TMD) aus dem US-Bundesstaat Ohio soll mit Krediten finanziert werden.
Die deutsche Autozuliefer-Industrie verdient Milliarden - auch wenn die Lieferketten längst nicht immer stabil sind, wie der nun beigelegte Zoff zwischen BMW und Bosch zeigte. Doch insgesamt laufen die Geschäfte gut: Die 100 größten Unternehmen der Branche haben ihren Umsatz im Jahr 2016 im Schnitt um 6 Prozent gesteigert.
Das zeigt eine Untersuchung von Berylls Strategy Advisors, die manager magazin online vorliegt. An das Spitzenjahr 2015 mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 14 Prozent kam die Branche nicht mehr heran - und längst nicht alle strategischen Übernahmen brachten einen echten Umsatzsprung. Das zeigt unsere Übersicht der 10 größten Zulieferer 2016 (nach Umsatz geordnet) ...
Platz 10: Faurecia
Faurecia gehört zu den großen Playern bei Autositzen, Abgasnachbehandlungssystem und Interieurs. Größere Teile des Unternehmens wurden ursprünglich aus dem PSA-Konzern (Peugeot, Citroen) abgespalten.
Im vergangenen Jahr fiel Faurecias Umsatz leicht, dafür stieg die Profitabilität um 1,1 Prozentpunkte
Umsatz 2016: 18,7 Mrd. Euro (-0,3 Prozent)
Marge 2016: 5,4 Prozent (bezogen auf OI, also auf das Betriebsergebnis)
Platz 9: Michelin
Michelin ist der weltweit zweitgrößte Reifenhersteller, neben Pneus vertreiben die Franzosen auch Straßenkarten, Hotel- und Reiseführer sowie Navigationsgeräte. Im vergangenen Jahr fiel der Umsatz leicht, dafür lag die Profitabilität um 0,7 Prozentpunkte höher als im Vorjahr.
Umsatz 2016: 20,9 Mrd. Euro (-1,4 Prozent)
Marge 2015: 12,9 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 8: Bridgestone / Firestone
Das japanische Unternehmen ist der weltgrößte Reifenhersteller, Herstellung und Zulieferung von Pkw-Reifen sind das Hauptgeschäft des Zulieferers. Zudem produziert Bridgestone auch Kunststoffschäume für Autositze und diverse Gummidämpfer.
Umsatz 2016: 22,5 Mrd. Euro (-6,7 Prozent)
Marge 2016: 15,0 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 7: Aisin
Der japanische Zulieferer gehört zur Toyota-Gruppe. Bekannt sind einige Aisin-Marken für Automatikgetriebe, manuelle Schaltungen und Bremsen. Aisin-Töchter sind aber auch im Bereich Gebäudetechnik tätig, stellt Laser her und produziert sogar Betten. Die Zahlen beziehen sich auf das Gesamtunternehmen.
Umsatz 2016: 28,0 Mrd. Euro (+15,9 Prozent)
Marge 2015: 5,8 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 6: Hyundai Mobis
Die Zulieferer-Tochter des fünfgrößten Autoherstellers Hyundai Kia deckt so ziemlich alles ab: Sie produziert Chassis- und Cockpitteile, Sicherheitsprodukte wie Airbags, Lampen oder ABS-Bremssysteme, Steuerkomponenten und Plastikteile. Hauptkunde ist der Mutterkonzern, die Marge fiel im Vergleich zum Vorjahr jedoch um 0,5 Prozentpunkte.
Umsatz 2016: 30,2 Mrd. Euro (+7,6 Prozent)
Marge 2016: 7,6 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 5: ZF Friedrichshafen
Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte sich der einstige deutsche Getriebespezialist um einen Platz, durch die vollständige Integration stieg der Umsatz um gut ein Fünftel. Doch einige Sparten mussten die Friedrichshafener aus kartellrechtlichen Gründen abstoßen. Die Friedrichshafener haben mit TRW viel Kompetenz im Bereich Sicherheitssysteme und Sensortechnik für autonomes Fahren hinzubekommen.
Umsatz 2016: 32,3 Mrd. Euro (+19,3 Prozent; bezogen nur auf Automotive-Sparten)
Marge 2016: k.A.
Platz 4: Magna
Die Bandbreite des kanadisch-österreichischen Zulieferers ist groß: Magna fertigt Innenräume, aber auch Antriebsstränge, Chassisteile und Elektronikkomponenten.
Im Jahr 2015 übernahm Magna den deutschen Getriebehersteller Getrag, Damit holten sich die Austro-Kanadiern Kompetenz für den Bau von Hybridauto-Getrieben ins Haus.
Umsatz 2016: 34,6 Mrd. Euro (+17,6 Prozent)
Marge 2016: 7,6 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 3: Denso
Denso ist formal seit 1949 eigenständig, größter Anteilseigner bleibt aber die einstige Mutter Toyota. Die Japaner machen ein Drittel ihres Umsatzes mit thermischen Systemen wie Klima- und Kühlanlagen. Auch bei Motor- und Elektronikkomponenten sind die Japaner stark. In den Top 100 der Zulieferer hat fast ein Drittel der Unternehmen seinen Stammsitz in Japan.
Umsatz 2016: 36,3 Mrd. Euro (+5,8 Prozent)
Marge 2016: 7,2 Prozent (bezogen auf OI)
Platz 2: Continental
Ja, Conti stellt nach wie vor Reifen her - doch längst produziert der Hannoveraner Konzern auch Antriebsstränge, Bremssysteme, und Antriebskomponenten. Stark ist der Dax-Konzern auch bei Fahrzeugelektronik, etwa bei Technologien für aktive und passive Sicherheit. Die Schuldenlast durch die Übernahme durch Schaeffler ist verdaut, von 2010-2016 hat Conti 277 Patente im Bereich autonomes Fahren angemeldet.
Umsatz 2016: 40,6 Mrd. Euro (+3,4 Prozent)
Marge 2016: 10,1 Prozent (bezogen auf EBIT)
Platz 1: Bosch
Bosch hält wie im Vorjahr Platz 1 - davor heimsten die Stuttgarter fünf Jahre lang die Silbermedaille ein. Doch Kraftfahrzeugtechnik ist die umsatzstärkste Sparte. Branchenweit bekannt ist das Unternehmen für seine Sensoren, Motorelektronik und die Entwicklung von elektronischen Fahrsicherheits- und -assistenzsystemen.
Umsatz 2016: 43,9 Mrd. Euro (+5,5 Prozent)
Marge 2016: 4,7 Prozent
(Umsatz nur für den Automotive-Bereich)
Wie wird es in der Branche weitergehen? Die Beryll's-Studienautoren haben anhand einer Datenbank auch jene Unternehmen identifiziert, die außerhalb der Top 100 die wichtigsten Zukunftsfelder der Branche besetzen. Im Bereich Konnektivität sehen sie etwa Verizon Telematics mit seiner Plattform für vernetzte Fahrzeuge als führend an. Bei alternativen Antrieben erwähnen sie auch den deutschen Stecker- und Ladetechnikspezialisten Mennekes als beachtenswert ...
... im Bereich Mobilitätsdienstleistungen erhält die Zahlungsabwicklungsplattform Stripe gute Werte bei Reifegrad und Umsatzstärke. Und beim automatisierten Fahren ist der Kartendienstleister here weit vorne dabei - wie auch die japanische Firmea Renesas, die Plattformen für fortschrittliche Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren anbietet.
Die deutsche Autozuliefer-Industrie verdient Milliarden - auch wenn die Lieferketten längst nicht immer stabil sind, wie der nun beigelegte Zoff zwischen BMW und Bosch zeigte. Doch insgesamt laufen die Geschäfte gut: Die 100 größten Unternehmen der Branche haben ihren Umsatz im Jahr 2016 im Schnitt um 6 Prozent gesteigert.
Das zeigt eine Untersuchung von Berylls Strategy Advisors, die manager magazin online vorliegt. An das Spitzenjahr 2015 mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von 14 Prozent kam die Branche nicht mehr heran - und längst nicht alle strategischen Übernahmen brachten einen echten Umsatzsprung. Das zeigt unsere Übersicht der 10 größten Zulieferer 2016 (nach Umsatz geordnet) ...
Platz 8: Bridgestone / Firestone
Das japanische Unternehmen ist der weltgrößte Reifenhersteller, Herstellung und Zulieferung von Pkw-Reifen sind das Hauptgeschäft des Zulieferers. Zudem produziert Bridgestone auch Kunststoffschäume für Autositze und diverse Gummidämpfer.
Umsatz 2016: 22,5 Mrd. Euro (-6,7 Prozent)
Marge 2016: 15,0 Prozent (bezogen auf OI)
... im Bereich Mobilitätsdienstleistungen erhält die Zahlungsabwicklungsplattform Stripe gute Werte bei Reifegrad und Umsatzstärke. Und beim automatisierten Fahren ist der Kartendienstleister here weit vorne dabei - wie auch die japanische Firmea Renesas, die Plattformen für fortschrittliche Assistenzsysteme und automatisiertes Fahren anbietet.
Foto: Tim Brakemeier/ dpa