Entscheidung der Notenbank Die fünf Hebel der EZB - diesmal will Draghi liefern

EZB-Chef Mario Draghi wird heute die weitere Richtung des Dax bestimmen. Im Dezember ging es nach der jüngsten EZB-Entscheidung steil nach unten. Welche Optionen Draghi heute hat - ein Überblick.
Von mm-newsdesk
Mario Draghi: Der EZB-Chef wird heute die Entscheidungen und den neuen Kurs der EZB vorstellen

Mario Draghi: Der EZB-Chef wird heute die Entscheidungen und den neuen Kurs der EZB vorstellen

Foto: DPA

Mit der jüngsten Entscheidung im Dezember sorgte Mario Draghi für einen Kurssturz, am heutigen Donnerstag verkündet der geldpolitische Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) neue Entscheidungen. Wegen der schwachen Inflation und einer befürchteten Konjunkturabschwächung wird erneut mit einer zusätzlichen Lockerung der Geldpolitik gerechnet. Welche Optionen stehen der EZB zur Verfügung und welche Probleme könnten sich ergeben?

Zinssenkungen: Erwartet wird in erster Linie, dass die EZB ihren Zinssatz auf bei ihr gehaltene Bankeinlagen weiter ins Negative senkt. Geschäftsbanken müssten dann einen noch höheren "Strafzins" für bei der Notenbank deponierte Gelder zahlen. Das soll die Institute anregen, mehr Kredite an die Wirtschaft zu vergeben. Zudem könnte über weiter fallende Kurzfristzinsen der Euro abwerten, was Ausfuhren verbilligen und Einfuhren verteuern würde. Das wiederum könnte Konjunktur und Inflation anschieben.

Gestaffelter Strafzins: Um die Belastung der Banken durch den "Strafzins" zu mildern, könnte die EZB nur bestimmte Bankeinlagen mit Negativzinsen belegen. Denkbar wäre etwa, dass die Banken erst ab einer gewissen bei der EZB gehaltenen Summe Strafzinsen zahlen müssen, der Minuszins ab dieser Summe aber höher ausfällt als bisher. Die höchsten EZB-Guthaben halten zurzeit Banken aus Deutschland und Frankreich. Sie wären von einer Verschärfung am stärksten betroffen.

Anleihekäufe für 60 Milliarden pro Monat - da geht noch was

Mehr Anleihekäufe: Die EZB könnte ihr vor einem Jahr gestartetes Anleihekaufprogramm ausweiten. Denkbar ist eine Ausweitung der Zeit, der Qualität oder der Menge nach. Die EZB könnte also entweder länger als bisher (März 2017), mehr Anleihen als bislang (60 Milliarden Euro je Monat) oder andere Wertpapiere (etwa Unternehmensanleihen) kaufen.

Experten sehen aber Probleme: So legen mehrere Studien (etwa der Denkfabriken Bruegel oder Ceps) absehbare Engpässe bei Staatsanleihen nahe. Andere Märkte, etwa für Unternehmensanleihen, gelten einigen Fachleuten als zu klein für eine nennenswerte Ausweitung der Wertpapierkäufe.

Eine Ausweitung der Anleihekäufe wäre für die EZB andererseits das sicherste Mittel, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Nach der jüngsten EZB-Zinsentscheidung im Dezember hatte Draghi darauf verzichtet, die Summe für die monatlichen Anleihekäufe zu erhöhen - an den europäischen Börsen ging es daraufhin steil bergab. Spekulative Investoren wetten daher darauf, dass Draghi diesmal "nachladen" wird, um den Eindruck zu vermeiden, die EZB habe ihre Macht über die Finanzmärkte verloren.

Änderung der Kaufbedingungen

Änderung der Kaufbedingungen: Um Knappheitsproblemen am Anleihemarkt zu begegnen, könnte die EZB die Bedingungen ihres Kaufprogramms ändern. Die regionale Aufteilung der Staatsanleihekäufe richtet sich zurzeit nach dem Anteil der regionalen Notenbanken am EZB-Eigenkapital. Außerdem will die Notenbank nicht mehr als 33 Prozent einer bestimmten Anleiheemission kaufen.

Gäbe sie den Kauf nach dem Kapitalschlüssel auf, könnte der Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung lauter werden, weil einige Länder quasi bevorzugt behandelt würden.

Eine Erhöhung der Emissionsgrenze würde allerdings Probleme bei Umschuldungen aufwerfen. Bisher will sich die EZB daran nicht beteiligen, weil dies aus ihrer Sicht einer Staatsfinanzierung gleich käme.

Neue Geldspritzen und langfristige Kredite

Neue Geldspritzen: Die EZB könnte den Banken neue langfristige Kredite zur Verfügung stellen und hoffen, dass diese reichlich in Anspruch genommen und an die Wirtschaft weitergereicht werden.

Hiervon könnten Banken profitieren, die wie italienische oder spanische Banken über vergleichsweise geringe EZB-Reserven verfügen.

Allerdings war das Interesse an den jüngsten EZB-Langfristkrediten gering. Zudem stehen noch zwei Kreditrunden aus, in denen die Banken langfristige EZB-Kredite zu sehr günstigen Konditionen abrufen können (TLTROs).

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la/dpa-afx
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