Börsenprofi Thomas Grüner zeigt So wichtig sind Streuung und langer Atem für die Geldanlage
Umlaufrendite Deutschland - Sicherheit kostet Geld


Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman des Vermögensverwalters Grüner Fisher Investments (www.gruener-fisher.de) mit Sitz in Rodenbach bei Kaiserslautern.
Oh Schreck, der Zins ist weg! Im Jahr 2016 nimmt die deutsche Umlaufrendite erneut Anlauf auf die Null-Prozent-Marke. Zum 24. Februar 2016 vermeldet die Deutsche Bundesbank eine Umlaufrendite von nunmehr 0,04 Prozent.
Wer sein Geld dem Deutschen Staat leihen will, bekommt erst ab einer Laufzeit von rund neun Jahren eine positive Rendite in Aussicht gestellt. Für kürzere Laufzeiten bei Bundesanleihen gilt aktuell: Wer sein Geld an den Deutschen Staat verleiht, zahlt drauf!
Man erinnere sich an den Aufschrei der Empörung, mit dem Anleger die aufkommende Diskussion einer "Vermögenssteuer" begleitet haben. In gewissem Sinne ist diese Vermögenssteuer "durch die Hintertür" mittlerweile Realität geworden. Denn deutsche Staatsanleihen haben den Nimbus eines sicheren Hafens inne, und viele Anleger streben nun mal nach absoluter Sicherheit. In 2016 gilt mehr denn je: Absolute Sicherheit kostet Geld!
Dax vs. MSCI World - globale Streuung zahlt sich aus

Die langfristigen Renditen der Aktienmärkte können sich sehen lassen. Besonders beliebt ist die Anlageklasse aber unter deutschen Anlegern nicht gerade: Die hohe Volatilität wird gefürchtet.
Geradezu paradox, dass deutsche Anleger - wenn sie sich letztendlich doch für Aktien entscheiden - vorwiegend in den deutschen Heimatmarkt investieren. Der Dax ist ein im globalen Vergleich "kleiner" Index und aus diesem Grund von einer verhältnismäßig hohen Volatilität gekennzeichnet. Das kann in Boom-Phasen für Zufriedenheit sorgen, in kritischen Situationen allerdings empfindlich werden. Seit dem Allzeithoch im Jahr 2015 büßte der deutsche Leitindex Dax zwischenzeitlich knapp 30 Prozent seines Wertes ein. Global aufgestellte Anleger konnten sich dem Kursverfall zwar nicht entziehen, mussten aufgrund der vorteilhaften Diversifikation allerdings nur einen Rückgang von 19 Prozent "ertragen".
Ein global aufgestelltes und breit diversifiziertes Portfolio kann regionale Bärenmärkte kompensieren und Ihnen langfristig eine ordentliche Rendite bescheren. Denken Sie nicht regional, denken Sie global - so wird die Volatilität spürbar erträglicher.
Dividenden - langfristige Anlage zahlt sich aus

Auch wenn Korrekturen kurzfristig nervenzerreißend sind, ist es wichtig, die Vorteile eines Investments am Aktienmarkt immer wieder im Hinterkopf zu behalten. Zum einen liegen Sie langfristig nie im negativen Bereich - ab einem Anlagehorizont von etwa 10 Jahren können Sie sich tendenziell über positive Renditen freuen. Außerdem belohnen Unternehmen ihre Teilhaber mit regelmäßigen Dividendenzahlungen, die für die größten deutschen Unternehmen in den Dax-Performanceindex einberechnet werden. Dabei geht man davon aus, dass die Ausschüttung in die Unternehmensaktie reinvestiert wird.
Die große Bedeutung der Dividende wird beim Vergleich der beiden Indizes, Dax-Performanceindex und Dax-Kursindex, klarer. Während sich der Kursindex auf dem Niveau von 1998 befindet, konnte der Dax-Performanceindex im gleichen Zeitraum bis zu seinem Hoch im Jahr 2015 über 6000 Punkte zulegen - also über 100 Prozent. Auch der europäische Kursindex EuroStoxx 50 zeigt sich schwach. Dieser hat seit seinem Allzeithoch im Jahr 2000 sogar fast 50 Prozent verloren.
Die Bedeutung der Dividenden wächst daher vor allem in der langfristigen Betrachtung der Indizes. Für langfristig orientierte Anleger bedeutet das: Ruhig bleiben und Geduld bewahren. Denn dann werden Sie nicht nur mit einer stetigen Wertsteigerung belohnt, sondern auch mit Dividendenzahlungen überschüttet, die sie wahlweise reinvestieren können.
Rohstoffsektor - Überangebot lastet weiter auf Preisen

Ist der Boden im Rohstoffsektor schon gefunden? Nachdem der europäische Branchenindex Stoxx Europe 600 Basic Resources von Januar 2011 bis Januar 2016 um etwa 66 Prozent gefallen war und beinahe das Tief aus der Krise 2009 erreicht hatte, gab es seitdem eine merkliche Aufwärtsbewegung von 26 Prozent. Nicht nur Gold und Öl, auch Platin, Kupfer und Zink haben sich deutlich erholt.
Rohstoffkonzerne und Unternehmen der Öl- und Gasbranche hatten in der Vergangenheit Investitionen gestoppt, die Produktion teilweise gedrosselt und die Mitarbeiterzahl reduziert. Aufgrund von Kosteneinsparungen hat sich beispielsweise der Ölkonzern Royal Dutch Shell den britischen Gasspezialisten BG Group einverleibt - zwei Mega Caps, die durch den Zusammenschluss noch widerstandsfähiger gegen Marktschwankungen werden.
Ebenso hat der australisch-britische Bergbaugigant BHP Billiton seit dem Januar-Tief kräftig aufgeholt, nachdem der Kurs in den letzten anderthalb Jahren um zwei Drittel eingebrochen ist. Der Preisverfall der Industriemetalle und auch eine Kürzung der Zwischendividende sind vom Markt bereits eingepreist.
Viele Marktteilnehmer vermuten, dass eine global schwache Nachfrage nach Rohstoffen die Weltwirtschaft vor große Probleme stellen wird. Dabei liegt die Ursache für den nachhaltigen Preisverfall woanders: Am deutlichen Überangebot. Dies wird auch in naher Zukunft die Preisbildung belasten, dennoch sollte die Zeit für großen Pessimismus vorbei sein.
Bankensektor - die Panik als Kaufsignal nutzen

Seit Anfang des Jahres gehört der europäische Bankensektor zu den schwächsten Performern im Aktienmarkt. Europäische Finanztitel fallen in besorgniserregende Tiefen, so büßte der Stoxx Europe 600 Banks Index seit Jahresbeginn bis zum Tief Mitte Februar fast 30 Prozent ein.
Auf den ersten Blick sieht vieles schlecht aus. Bankaktien und Anleihen von Banken sind drastisch gefallen, Kreditausfallversicherungen von Bankanleihen schießen in die Höhe und die Gewinne der Banken fallen geringer aus als erwartet. Doch es gilt abermals die Devise, nicht alles in einen Topf zu werfen. Besonders deutsche Banken sind von einer Pleite weit entfernt. Mit nur 2,3 Prozent des Gesamtforderungsbetrags ist der Anteil notleidender Kredite in Deutschland einer der geringsten Europas. Die Gesamtkapitalquote der zwanzig größten europäischen Banken ist von 7 Prozent im Jahr 2008 auf heute rund 13 Prozent gestiegen. Deutsche Banken haben bereits bewiesen, dass sie sogar bei einer flachen Zinsstrukturkurve Kredite vergeben können. Ihre Bilanzwerte sind rapide gestiegen und an Liquidität fehlt es nicht.
In Anbetracht der Fakten scheint der aktuelle Abschwung stark stimmungsgetrieben. Trotz positiver Rahmenbedingungen herrscht Angst vor einer erneuten Bankenkrise. Von diesem fundamental unbegründeten Krisenniveau können Anleger profitieren und die Panik als Kaufsignal nutzen. So tun es die Profis: Jamie Dimon, CEO von JP Morgan, beabsichtigt mit seinem privaten Geld den Kauf von Aktien der eigenen Bank in Wert von 26 Millionen Dollar.