Börsenliebling Teslas riskante Garantieversprechen

Hat der von Elon Musk geführte Elektroautobauer Tesla das Zeug zum Apple der Autowelt? Viele US-Investoren scheinen das zu glauben, der Aktienkurs hat sich in diesem Jahr vervierfacht. Doch Musk wagt sich mit gefährlichen Garantien weit vor.
Von Wilfried Eckl-Dorna
Tesla-Verkaufsraum: Der Elektroautohersteller garantiert hohe Rückkaufswerte und das Funktionieren der Batterie für acht Jahre

Tesla-Verkaufsraum: Der Elektroautohersteller garantiert hohe Rückkaufswerte und das Funktionieren der Batterie für acht Jahre

Foto: AFP

Hamburg - Das Auto: Traumbewertungen in US-Fahrtests. Die Nachfrage: Ungebrochen stark. Die Produktionszahlen: Höher als erwartet. Die Quartalszahlen: Besser als prognostiziert. Der Aktienkurs: Seit Jahresanfang mehr als vervierfacht

Keine Frage, der US-Autohersteller Tesla  hat zurzeit einen rasanten Lauf - und vermarktet diesen nach allen Regeln der Kunst. Tesla-Chef Elon Musk gibt sich jedenfalls extrem selbstsicher: Bei der Präsentation der jüngsten Quartalszahlen am vergangenen Mittwoch spöttelte er nicht nur über BMWs Elektroauto i3, das seiner Meinung nach "Raum für Verbesserungen" habe. Er präsentierte auch noch - Sonderkosten herausgerechnet - einen Mini-Gewinn.

Mehrere US-Analysten zeigten sich begeistert über die Leistung des Davids unter den Auto-Goliaths. "Wir hätten uns keinen besseren Lagebericht wünschen können", meinte etwa Elaine Kwei von der Investmentbank Jefferies. Nach der Vorlage der Quartalszahlen zog Teslas Aktienkurs  um satte 14 Prozent an und hält sich seither über 150 Dollar. Die Börsenbewertung liegt bereits bei rund 18 Milliarden Dollar - angesichts dieser Bewertung wird nicht nur Anlegern, sondern auch Analysten schwindelig.

US-Analysten träumen bereits von einer neuen Industrieikone, die es mit General Motors  und Ford  aufnehmen kann. Doch für so viel Optimismus ist es noch viel zu früh - denn Tesla fährt mit vollmundigen Versprechungen volles Risiko.

"Bewertungen wie Porsche vor drei Jahren"

Derzeit produzieren die Kalifornier nur ein einziges Modell, das luxuriöse Elektroauto Model S. Rund 20.000 Stück will Tesla davon in diesem Jahr produzieren, im kommenden Jahr soll es schon die doppelte Zahl sein. Im zweiten Quartal hat Tesla zwar auf dem Papier einen Gewinn von 26 Millionen Dollar ausgewiesen und ist damit nach Lesart der Kalifornier zum zweiten Mal in Folge in den schwarzen Zahlen.

Für das zweite Quartal gibt Tesla selbst eine Bruttomarge von 22 Prozent an. Angekündigt hat Musk seinen Investoren eine Marge von 25 Prozent - davon ist Tesla also nicht mehr allzu weit entfernt.

Bereits zu Jahresanfang hatte Tesla den ersten Quartalsgewinn in der zehnjährigen Firmengeschichte vermeldet und jetzt für das zweite Quartal gleich noch mal schwarze Zahlen draufgesetzt. Diese Story verkauft Musk seinen Investoren. Doch die schönen Zahlen für April bis Juni gelten nur dann, wenn man wie Tesla die US-Buchhaltungsstandards GAAP um einige wichtige Faktoren bereinigt.

Die schönen Zahlen gelten nur unter Vorbehalt

So hat Tesla im vergangenen Quartal erstmals ein Leasingprogramm für seine Fahrzeuge aufgelegt. Rund 30 Prozent aller Kunden haben davon Gebrauch gemacht. Doch nach GAAP muss ein Teil der Leasingforderungen über 3 Jahre abgeschrieben werden. Zudem hat Tesla aus seinen Quartalszahlen auch Einmalkosten aus der vorzeitigen Rückzahlung eines staatlichen Kredits und aus Aktienoptionen rausgerechnet. Unter dem Strich schrieb Tesla nach GAAP-Standards einen Verlust von 30,5 Millionen Dollar.

Dass ein junges Unternehmen Verluste schreibt, ist nicht ungewöhnlich. Doch was deutschen Experten Kopfzerbrechen bereitet, ist die Marktkapitalisierung der Kalifornier von derzeit rund 18 Milliarden Dollar. Das ist fast das Doppelte von Fiats Autosparte - und etwas mehr als ein Drittel des US-Autoriesen General Motors.

"Derzeit kommt Tesla an Bewertungen heran, die Porsche vor der Übernahme vor drei Jahren hatte", sagt Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Doch Porsche hatte damals 50 Jahre Erfahrung im Automobilbau und jahrelang sehr hohe Margen abgeliefert. Dass Tesla in den kommenden 10 Jahren auf Porsche-Niveau kommt, hält Pieper für unrealistisch. "Da ist sehr viel heiße Luft drin", warnt er.

Gewagte Garantien vom Milliardär Musk

Eines nützt Tesla aber geschickt aus, meint Pieper: Die deutschen Konkurrenten warten beim Thema Elektroauto lieber noch, wie sich der Markt entwickelt. Tesla hingegen schafft Fakten. Tatsächlich ist echte Konkurrenz für den in Deutschland mindestens 70.000 Euro teuren Telsla-Nobelstromer derzeit nicht in Sicht. Bis zu 480 Kilometer weit kommt das Fahrzeug mit einer Akkuladung, wie manager magazin online bereits berichtete. BMWs Elektroauto i3, das im November in den Handel kommt, schafft gerade mal ein Drittel. Selbst Mercedes Elektroflitzer SLS E-Cell muss nach spätestens 250 Kilometern an die Starkstromsteckdose.

Während die großen deutschen Premiumhersteller in den kommenden Jahren eher auf Hybridantriebe setzen, will Tesla weiter mit rein batteriegetriebenen Fahrzeugen punkten. Im kommenden Jahr will Tesla einen SUV auf Basis des Model S vorstellen, ab 2016 soll dann ein kleineres, aber nur 35.000 Dollar teures Tesla-Modell auf den Markt kommen.

An hochfliegenden Plänen herrscht bei den Kaliforniern also kein Mangel. Doch in den vergangenen Monaten haben sie auch drei Versprechungen gemacht, die teuer werden könnten.

So garantiert Tesla seinen Model-S-Kunden einen hohen Wiederverkaufswert. Nach drei Jahren können die Käufer ihr Auto an Tesla zurückverkaufen - zu einem Wert, der derzeit höher ist als ein Durchschnittswert aus Limousinen der Luxusmarken Audi, BMW, Mercedes, Jaguar oder Lexus. Derzeit beträgt er 50 Prozent des Listenpreises eines Basismodells. Sämtliche vom Käufer georderten Extras (wie etwa eine leistungsstärkere Batterie mit 85 kwH) werden per derzeitigem Stand mit 43 Prozent des Listenpreises vergütet.

Der exakte Wiederverkaufswert wird zum Zeitpunkt des Model S-Kaufs festgelegt - und gilt nur für eine Jahresfahrleistung von 15.000 Meilen pro Jahr. Wer mehr fährt, mindert seinen Wiederverkaufswert um 0,25 Dollar pro Meile.

Bereits jetzt kaum kalkulierbare Risiken

Das klingt gut, doch die Risiken sind beträchtlich. Sollten bei Teslas Model S in den nächsten Jahren Qualitätsmängel auftauchen, wird das den Restwert der Fahrzeuge mindern. Die Garantie ist eine gewagte Wette auf die Zufriedenheit der Model S-Kunden, meint ein weiterer Analyst gegenüber manager magazin online. "Wenn 5000 Kunden ihr Fahrzeug verkaufen wollen, hat Tesla sehr schnell ein Problem", sagt er.

Auch für die teure Batterie hat Tesla einen Quasi-Persilschein ausgestellt. Mindestens acht Jahre bei unlimitierten Kilometern soll der Tesla-Akku halten. Doch Lithium-Ionen-Akkus verlieren bauartbedingt über die Jahre an Leistung. Wie viele Kilometer solche Batterien tatsächlich ohne merklichen Leistungsverlust überdauern, haben Forscher noch nicht endgültig geklärt.

Metzler-Analyst Pieper sieht beide Garantien als Marketingmaßnahmen, um den Absatz anzukurbeln. Doch Tesla hätte seiner Meinung nach nicht so weit gehen müssen, da die Fahrzeuge derzeit ohnedies stark nachgefragt seien. Die möglichen Folgekosten holen Tesla erst nach einigen Jahren ein. "Investoren haben jetzt schon unkalkulierbare Risiken dabei", sagt er. Geld hat Tesla laut den vorliegenden Bilanzen dafür noch nicht zurückgelegt.

In dieselbe Kerbe schlägt auch ein weiterer Analyst. Letztlich wird sich Tesla an den großen Autoherstellern der Welt messen lassen müssen, meint er. Doch momentan seien die Hoffnungen, die Investoren in den Elektroautospezialisten setzen, grenzenlos. "Solche Erwartungen kann Tesla gar nicht erfüllen. Die Aktie ist total überbewertet. Ich würde sie nicht kaufen", warnt er.

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