Investmentlegende Ex-Bond-König Bill Gross sagt Pimco und Allianz den Kampf an

Ex-Bond-König Gross: Ein Erdnussbutter-Sandwich täglich - und Kaffee immer aus der gleichen Starbucks-Filiale
Foto: REUTERSHamburg - "Ich habe vor, jeden zu schlagen, der auf dem gleichen Football-Feld spielt", sagte Bill Gross vor wenigen Tagen in einem Interview. Das klingt nach Kampfansage. Zwar nannte Gross keinen Adressaten namentlich. Klar ist jedoch: Auch sein früheres Unternehmen, die Pacific Investment Management Company, kurz Pimco, spielt weiterhin "auf dem gleichen Football-Feld" wie Gross, nämlich auf dem Markt für festverzinsliche Wertpapiere, sogenannte Renten.
Die Parole des ehemaligen "Bond-Königs" kann daher durchaus als Botschaft Richtung Newport Beach gewertet werden, von wo die Allianz-Tochter Pimco ihr gigantisches Portfolio kontrolliert.
Ein ambitioniertes Ziel also, das zu Gross aber allemal passt. Der 70-Jährige steht am Beginn eines Neuanfangs - und Bescheidenheit hat den Investmentprofi noch nie gebremst.
Im Gegenteil: Gross gehörte einmal zu den ganz großen seines Metiers. Vielleicht gehört er sogar immer noch dazu. Die Anlagegesellschaft Pimco, die er vor mehr als 40 Jahren mitgründete und der er seither seinen Stempel aufgedrückt hat, bringt es heute auf ein Investmentvermögen von etwa zwei Billionen Dollar. Gross lenkte mit dem Pimco Total Return Fund bis vor kurzem ein 200-Milliarden-Dollar-Schlachtschiff. Jahrelang galt er als der wohl gewiefteste Rentenmanager der Welt.
Jeden Tag ein Erdnussbutter-Sandwich
Dann kam 2014: Im Januar verabschiedete sich Mohamed El-Erian, Gross' designierter Nachfolger an der Pimco-Spitze, mit einigem Getöse aus dem Unternehmen. Von Unfrieden zwischen den beiden Alphamännern war zu lesen. Gross blieb zudem hinter den Erwartungen zurück, seine Investmentperformance hielt mit der Konkurrenz nicht mit. Folge: Investoren kehrten Pimco zunehmend den Rücken zu.
Seinen Höhepunkt erreichte das Drama Ende September, als Gross bekanntgab, Pimco zu verlassen. Nicht wenige werteten den Schritt als Präventivmaßnahme. Angesichts der mäßigen Entwicklung der Monate zuvor kam der einstige Starinvestor möglicherweise seinem Rausschmiss bei der Investmentfirma lediglich zuvor.
Jetzt ist der Rentenexperte eigentlich selbst längst im Rentenalter. Mit einem persönlichen Vermögen von laut "Forbes" 2,3 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) könnte er fünfe gerade sein lassen und sein geliebtes Erdnussbutter-Sandwich sowie seinen täglichen Starbucks-Kaffee (ganz wichtig: immer aus der gleichen Filiale!) künftig in Ruhe daheim auf der Veranda genießen.
Doch das ist offenbar Bill Gross' Sache nicht. Lieber fängt er noch einmal ganz von vorne an. Bei der Janus Capital Group trat Gross diese Woche seinen neuen Job als Fondsmanager an. Kein Vorstandsposten, kein Topmanagement, einfach Fondsmanager. Und das bei einem Unternehmen, das mit einem insgesamt verwalteten Vermögen von zuletzt knapp 180 Milliarden Dollar auf dem Papier kleiner ist, als allein der von Gross zuletzt bei Pimco gelenkte Total Return Fonds.
Gross' Frau wollte nicht, dass er "Zuhause herumhängt"
Doch dabei dürfte es kaum bleiben. Gross Tätigkeit bei Pimco stand zwar gegen Ende unter keinem guten Stern. Viel war davon zu lesen, der Rentenstar leite das Unternehmen nach Gutsherrenart, was zu einem entsprechend bescheidenen Betriebsklima führe (Gross selbst spricht in dem Zusammenhang von "mischaracterizations of his leadership style").
Zahlreiche Pimco-Kunden verbanden aber offenbar bis zuletzt auch Positives mit dem Namen Gross. Anders ist es kaum zu erklären, dass allein im September, dem Monat also, in dem der Vorzeigemanager das Unternehmen verließ, mehr als 20 Milliarden Dollar an Anlagegeldern abgezogen wurden.
Auf der anderen Seite ist Ähnliches in umgekehrter Richtung zu erwarten, wenn auch in geringerer Dimension: Der Fonds Janus Global Unconstrained Bond, für den Gross seit dieser Woche die Verantwortung trägt, wurde erst im Mai dieses Jahres aufgelegt und hatte Ende August ein Volumen von knapp 13 Millionen Dollar. Das ist ein Betrag, für den ein Investmentprofi vom Kaliber eines Bill Gross gewöhnlich nicht einmal sein Notebook aufklappt.
Auch bei Janus ist jedoch zu erwarten, dass der prominente Name Wirkung zeigt: In einem Interview vom vergangenen Wochenende sagte Gross, er erwarte, dass der Fonds zum Start bereits auf 100 Millionen Dollar angewachsen sein werde.
Neuer Job, neue Freiheiten
Im Umgang mit dem Geld wird Gross künftig nach eigener Einschätzung deutlich mehr Freiheiten haben als bisher. Zum einen freut er sich, in der kleineren Firma weniger mit organisatorischen Dingen aufgehalten zu werden. So bleibe mehr Zeit für das eigentliche Portfoliomanagement, wie er dem US-Fachblatt "InvestmentNews" sagte. Zudem erwartet er, bei Janus nicht mehr so sehr im Fokus der Medien zu stehen.
Zum anderen unterliegt der Fonds selbst deutlich geringeren Einschränkungen, wie die Bezeichnung "unconstrained", die im Englischen für "locker", "ungezwungen" steht, bereits vermuten lässt.
Anders als herkömmliche Bond-Fonds verfüge sein neues Vehikel mangels Einschränkungen über geringere Risiken im Bereich Laufzeit, Verfall sowie Zinsen, sagte Gross dem US-Magazin "Barron's". Anders als andere Rentenfonds müsse er sich mit seinem neuen Produkt auch nicht nach einer Benchmark, einem Vergleichsindex also, richten.
"Das 'unconstrained'-Universum erwartet generell eine Rendite von 4 bis 5 Prozent", so Gross zu "Barron's". "Ein solcher Fonds strebt eine positive Rendite an, unabhängig vom allgemeinen Marktgeschehen." Obwohl 80 Prozent des Portfolios auf Rentenpapiere ausgerichtet seien, bleibe noch Freiraum für anderes. "Sie können Kredit-, Volatilitäts-, Liquiditäts- oder Laufzeitrisiken hereinnehmen", sagt Gross. "Dies ist wahrscheinlich die beste Zeit, um einen unbeschränkten Fonds zu managen."
Kampf gegen das Alter
Unterstützt wird Gross bei Janus von einem kleinen Team von fünf oder sechs Leuten, wie er sagt. Darunter ein Händler, ein Kreditanalyst sowie ein weiterer Portfoliomanager.
Und der Ex-Navy weiß, dass er nicht mehr der Jüngste ist. Wenn er sein Ziel erreichen will, im Wettbewerb vorne mit dabei zu sein, wird er mehr tun müssen, als bei Pimco. Bei der Allianz-Tochter steuerte Gross zwar Milliardenbeträge. Täglich um 10 Uhr hatte er aber immer noch Zeit für ein kleines "exercise-break", wie Medien kolportieren.
"Ich muss den Stoff, den ich am Wochenende lese, verdoppeln und verdreifachen", sagte Gross jetzt den "InvestmentNews". Nur so könne er sicherstellen, dass aus seinem 70 Jahre alten Geist nicht ein "halbseniler 80 Jahre alter Geist" werde.
Ganz so herrisch, wie vielfach dargestellt, scheint Gross im Übrigen vielleicht doch nicht zu sein. Dass er noch einmal von vorne anfängt jedenfalls, ist offenbar auf seine Gattin zurückzuführen. "Der wahre Boss in der Familie ist meine Frau", sagte Gross im Interview. "Sie wollte nicht, dass ich den ganzen Tag Zuhause herumhänge, und sagte 'Du willst keinen Ruhestand, Du würdest es bereuen". Also habe ich auf sie gehört."