Heute Urteil im 147-Millionen-Euro-Prozess Alles, was Sie über den Fall Schulte und Wölbern Invest wissen müssen
3. Teil: Die Vorwürfe - was sagt der Staatsanwalt?
Staatsanwalt Heyner Heyen stellt die Ereignisse aus seiner Sicht so dar: Der bis dahin unbescholtene Arzt, Medizinprofessor und Finanzunternehmer Heinrich Maria Schulte hat zwischen August 2011 und September 2013 mit 327 Einzelüberweisungen insgesamt mehr als 147 Millionen Euro unrechtmäßig aus geschlossenen Immobilienfonds des Emissionshauses Wölbern Invest entnommen, dessen Inhaber und Chef er in dem Zeitraum war. Abzüglich erfolgter Rückzahlungen bleiben offene Posten in Höhe von etwa 115 Millionen Euro, so der Staatsanwalt.
2006 kaufte Schulte das auf Immobilienfonds spezialisierte Bankhaus Wölbern, von dem er 2007 den Emissionshausbereich Wölbern Invest abspaltete.
Von dem Konto der Wölbern Group KG schließlich sollen laut Staatsanwaltschaft unter anderem 40 Millionen Euro ebenfalls auf ein Privatkonto des Fondshauschefs geflossen sein. Darüber hinaus soll Schulte von diesem Wölbern-Group-Konto "privat veranlasste Verfügungen" in Höhe von etwa zehn Millionen Euro vorgenommen haben. Sprich: Nach Ansicht der Staatsanwälte hat der Mediziner wohl in dieser Höhe private Rechnungen mit Fondsgeldern bezahlt.
Holland 52: 11,9 Millionen Euro
Holland 54: 3,59 Millionen Euro
Holland 55: 2 Millionen Euro
Holland 56: 6,3 Millionen Euro
Holland 57: 3,35 Millionen Euro
Holland 58: 2,2 Millionen Euro
Holland 59: 3,57 Millionen Euro
Holland 61: 3,93 Millionen Euro
Holland 62: 4,15 Millionen Euro
Holland 63: 1,46 Millionen Euro
Holland 64: 4,2 Millionen Euro
Holland 65: 7,35 Millionen Euro
Holland 66: 1,75 Millionen Euro
Holland 67: 2,38 Millionen Euro
Holland 68: 2,99 Millionen Euro
Holland 69: 6,8 Millionen Euro
Holland 70: 2,73 Millionen Euro
Deutschland 01: 6 Millionen Euro
Deutschland 03: 0,85 Millionen Euro
Deutschland 04: 1,07 Millionen Euro
Deutschland 05: 0,74 Millionen Euro
Österreich 01: 6,3 Millionen Euro
Österreich 02: 0,83 Millionen Euro
Österreich 03: 5,2 Millionen Euro
Österreich 04: 11,2 Millionen Euro
Frankreich 01: 7,13 Millionen Euro
Frankreich 03: 0,49 Millionen Euro
Frankreich 04: 20,47 Millionen Euro
England 01: 0,13 Millionen Euro
Polen 01: 10,3 Millionen Euro
Darüber hinaus fehlen nach Informationen von manager magazin online Gelder in den Kassen weiterer Fonds, die in der Anklage der Staatsanwaltschaft nicht aufgeführt sind. Namentlich sind das (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Private Equity Futur 03 Environment: 5,8 Millionen Euro
Private Equity Fonds 01: 4,65 Millionen Euro
Private Equity Fonds 02: 750.000 Euro
Private Equity Fonds 03: 8,9 Millionen Euro
Real Estate Europa 01 Value Portfolio: 6,35 Millionen Euro
Das Geld leitete Schulte über die Tochtergesellschaft Wölbern Invest B.V. in Holland verschiedenen Konten zu. Einige Millionen wurden Heyen zufolge beispielsweise verwendet, um Anzahlungen für neue geschlossene Fonds zu leisten. Mindestens 50 Millionen Euro seien zudem im privaten Bereich Schultes gelandet, so der Staatsanwalt.
Das Geld soll zur Finanzierung von Schultes Unternehmungen im Medizinbereich wie der Firmengruppe Medivision sowie der Forschung an einem Blasenkrebsmedikament gedient haben.
Einige Millionen aus den Fonds wurden offenbar auch verwendet, um eine Zwangsvollstreckung über Wohnimmobilien Schultes auf Sylt und in Hamburg zu verhindern, die das Bankhaus Wölbern aufgrund einer offenen Forderung betrieb. Gegenüber manager magazin online hatte der seinerzeitige Wölbern-Chef dies explizit dementiert.
Ebenso finanzierte Schulte laut Staatsanwaltschaft seinen anspruchsvollen Lebensstil mit Geldern aus den Fonds,inklusive Kunstsammlung und Nutzung von Segelyacht und Privatflugzeug.
Weil der Angeklagte von Beginn an mit direktem Vorsatz gehandelt habe, so der Staatsanwalt, sei der Tatbestand der gewerbsmäßigen Untreue erfüllt.
- 1. Teil: Alles, was Sie über den Fall Schulte und Wölbern Invest wissen müssen
- 2. Teil: Die Prognose - welches Urteil werden die Richter fällen?
- 3. Teil: Die Vorwürfe - was sagt der Staatsanwalt?
- 4. Teil: Die Details - wie soll Schulte laut Anklage vorgegangen sein?
- 5. Teil: Schultes Sicht - welche Argumente haben die Verteidiger?
- 6. Teil: Der Schaden - wie steht es um die betroffenen Fonds und ihre Anleger?
- 7. Teil: Die große Unbekannte - was ist bis heute ungeklärt?
- 8. Teil: Der Ausblick - was kommt noch nach dem Urteil?
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