Georg Thilenius Die Hochzins-Falle
Hamburg - Investoren, die sich über hohe Renditen von staatlichen Anleihen aus Südamerika, Südafrika oder Osteuropa freuen, müssen jetzt sehr vorsichtig sein: Bundesfinanzminister Hans Eichel hat die private Kreditwirtschaft aufgefordert, einen größeren Beitrag zur Stabilisierung der Finanzmärkte zu leisten.
Was so harmlos und selbstverständlich klingt, ist aber weder das eine noch das andere. Das heißt auf deutsch: Es sollen die Bedingungen vereinfacht werden, unter denen Schuldner und Gläubiger die Konditionen von Anleihen ändern können, wenn der Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist.
Nach den in Deutschland derzeit noch allgemein gültigen Anleihebedingungen muss der Schuldner Zinsen bezahlen und die Anleihe bei Fälligkeit tilgen. Änderungen der Anleihebedingungen gibt es nicht.
Der Gläubiger einer Anleihe unter deutschem Recht kann sich also darauf verlassen, dass er bei staatlichen Emittenten sein Geld bekommt. Die Banken hat das immer geärgert, denn wenn ein Staat in Schwierigkeiten geriet, mussten sie immer ihre Kredite abschreiben oder Fälligkeiten verlängern, während die Gläubiger der Anleihen aufgrund der unerschütterlichen Anleihebedingungen fast immer ihr Geld bekamen.
Sogar Russland hat in den schwärzesten Zeiten der gleichnamigen Krise vor zwei Jahren immer die Zinsen auf alle Anleihen sogar fast immer pünktlich gezahlt, während die Banken von einer Umschuldung in die nächste gebeten wurden. Die Kurse der Anleihen waren zwar wegen der Angst vor der Pleite zwischendurch auf 30 Prozent gefallen, stehen jetzt aber wieder bei 90 Prozent.
Die kürzliche Umschuldung der Ukraine-Anleihe durch Verlängerung der Laufzeit und Reduzierung des Kupons war nur aufgrund einer komplizierten juristischen Konstruktion möglich, die man als Anleger nicht akzeptieren sollte.
In England und den USA ist das Bild ganz anders und für den Anleger viel gefährlicher: Dortige Anleihebedingungen können aufgrund des Mehrheitsvotums einer Gläubigerversammlung geändert werden.
Der Zinscoupon kann also reduziert, die Laufzeit verlängert oder der zurückzuzahlende Betrag reduziert werden. Der IWF liegt den deutschen Banken schon lange in den Ohren, dieses System zu übernehmen.
Wenn die Banken in Deutschland nun versuchen würden, die Anleihebedingungen auf die angloamerikanische Fassung zu ändern, würden sie einen Sturm der Entrüstung bei der Kundschaft entfachen.
Jetzt könnten sie sich hinter dem IWF und Finanzminister Eichel verstecken und die Reform zum Nachteil der deutschen Investoren ohne viel Aufhebens durchziehen. Falls das geschieht, hat der Investor keinen Schutz mehr. Jeder Emittent könnte dann heute oder morgen à la Ukraine nicht mehr zahlen wollen.
Hier gibt es nur einen Schutz: Der weitsichtige Investor wird ab sofort nur noch hochverzinsliche Anleihen von Ländern kaufen, die in der Vergangenheit immer bezahlt haben und von denen daher zu erwarten ist, dass sie auch in Zukunft immer zahlen werden.
Der weit und breit einzige Emittent dieses Kalibers ist Argentinien. Argentinien hat seit 1832 immer bezahlt und wird das auch weiterhin tun. Viele andere Länder, darunter auch Deutschland, sind seither teilweise mehrfach pleite gegangen.