Online-Handel Mord-Andenken gefällig?
Seattle - Fotos von blutverschmierten Tatorten, ein handgeschriebener Brief von einem Killer, Haare vom Kopf des berüchtigten Charles Manson - all dies gibt es für ein paar Dollar. In den USA treibt der Handel mit "Murderabilia" im Internet seine Blüten. Die Angehörigen der Opfern sind empört, aber machtlos. Denn immer wieder gestatten Gerichte den Verkauf der merkwürdigen Memorabilien.
eBay will Handel prüfen
Der Online-Versteigerer eBay hat sich jetzt entschieden von Fall zu Fall zu prüfen, ob der Handel mit den geschacklosen Fotos gestattet wird oder nicht.
Zum ersten Mal ist der Versteigerer vor Kurzem eingeschritten. Ein Anbieter machte auf der Auktions-Site Geschäfte mit den Fotos eines dreifachen Kindermords. Die grausigen Bilder der getöteten Jungen im Leichenschauhaus sowie Polizeiaufnahmen aus dem Haus, in dem der Mord geschah, fanden durchaus Interessenten. Mindestens eins der Bilder wurde verkauft, bevor eBay einschritt und den weiteren Handel verbot.
Kleiner Sieg für Angehörige von Verbrechensopfern
Dass eBay die Fotos nun kontrollieren will, ist ein kleiner Sieg für Angehörige von Verbrechensopfern, die sich in Selbsthilfegruppen wie den "Parents of Murdered Children" (Eltern ermordeter Kinder)organisiert haben.
Ein besonders energischer Gegner des Murderabilia-Handels ist der Anwalt Andrew Kahan, der im texanischen Houston ein städtisches Büro zur Unterstützung von Verbrechensopfern leitet.
Kahan berichtet auf Vortragsreisen im ganzen Land über die Grusel-Andenken. "Aus der Perspektive eines Verbrechensopfers kann ich mir nichts Ekel erregenderes vorstellen", sagt Kahan.
Richter pochen auf Recht der freien Meinungsäußerung
Oft aber müssen Aktivisten wie der Texaner Niederlagen erdulden, denn ein generelles Verkaufsverbot für die geschmacklosen Andenken verstößt nach Meinung amerikanischer Bürgerrechtler gegen das Verfassungsrecht auf freie Meinungsäußerung.
Für zehn Dollar verkaufte unlängst eine eBay-Anbieterin unter dem Pseudonym "Kate loves Crime" einen Brief des Serienmörders Jerome Brudos. Für zwölf Dollar ersteigerten Manson-Fans eine Locke des geisteskranken Kultanführers; eine von ihm angefertigte Zeichnung wird zur Zeit für 600 Dollar angeboten. Für 14,95 Dollar können Neugierige ein Videoband kaufen, dass den Tatort des Schulmassakers von Littleton in Colorado zeigt.
Bundesstaaten diskutieren über Verbote
Immer wieder gab es in einzelnen US-Bundesstaaten wie New York Versuche, den Handel mit solchen Andenken zu verbieten. Das oberste amerikanische Gericht, der Supreme Court in Washington, hat aber die meisten dieser Gesetze für verfassungswidrig erklärt. Trotzdem werden in den Parlamenten der Bundesstaaten Texas und Kalifornien zur Zeit neue Verbote diskutiert.
Vertreter von Verbrechensopfern sind besonders verärgert, weil selbst die Verkaufsrechte von verurteilten Tätern nicht beschnitten werden können. Das gilt etwa für Mary Kay LeTourneau aus dem Bundesstaat Washington. Die Lehrerin sitzt wegen der Verführung eines 13-jährigen Schülers im Gefängnis. Die Frau dürfe durchaus mit Interviews sowie Filmen und Büchern über ihren spektakulären Fall Geld verdienen, entschied unlängst ein Berufungsgericht.