Börse heute Panikverkäufe am Neuen Markt
Frankfurt am Main - Die deutschen Aktien mussten am Freitag überwiegend herbe Verluste hinnehmen. Der Dax schloss mit einem Minus von 1,7 Prozent bei 6776 Punkten. Der Nemax-50 brach regelrecht ein: Er verlor 5,7 Prozent und landete bei 4713 Punkten.
Die US-Arbeitsmarktdaten hätten dagegen am frühen Nachmittag die Stimmung verhagelt, sagten Händler. Bei einer Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent könne man wirklich nicht von einer Abschwächung des Konjunkturaufschwunges reden, hieß es weiter. Daher dürften die teilweise erhofften Zinssenkungen in den USA jetzt endgültig vom Tisch sein. Vor allem die Verluste an den US-Börsen hätten den Dax am späten Nachmittag weiter ins Minus getrieben.
Technologiewerte unter Druck
Besonders hart traf es in Frankfurt die Technologiewerte. SAP beendeten den Handel mit einem Verlust von 5,58 Prozent bei 243,60 Euro. Infineon gaben 5,48 Prozent auf 53,33 Euro nach. Konzernmutter Siemens beendete den Handel um vergleichsweise bescheidene 1,29 Prozent schwächer bei 144,90 Euro.
Gegen den Trend fester waren mehrere Versorger- und Autoaktien im Dax. Die Aktien der E.ON waren gefragt, nachdem das Unternehmen am Freitag erheblich früher als erwartet ein Aktienrückkaufprogramm gestartet hatte. "Die Marktteilnehmer haben zwar damit gerechnet, dass E.ON im Herbst den Rückkauf durchführen werde", sagte ein Händler. Trotzdem reagiere der Markt überrascht. Der Wert legte 1,74 Prozent auf 60,33 Euro zu.
DaimlerChrysler stiegen um 1,18 Prozent und RWE waren mit einem Plus von 2,23 Prozent führende Aktie im DAX. BMW-Aktien konnten ihre in dieser Woche erreichten Rekordstände über 40 Euro nicht halten und litten unter Gewinnmitnahmen. Der Titel gehörte mit einem Verlust von 5,27 Prozent bei 39,40 Euro zu den Schlusslichtern im Dax.
Schwergewichte bringen Neuen Markt ins Wanken
Die hohen Verluste bei den Indexschwergewichten Intershop und T-Online sowie die schwache Nasdaq-Vorgabe haben nach Händlerangaben den Neuen Markt am Freitagnachmittag auf Talfahrt geschickt. Der Nemax-All-Share-Index brach um 4,7 Prozent auf 4461 Zähler ein.
Händler sagten, zum einen seien die Anleger verunsichert, was die weiteren Aussichten der US-Technologiebörse Nasdaq angingen, zum anderen seien die Werte am Neuen Markt derzeit immer noch zu teuer. "Schauen Sie sich mal die Kurs-Gewinn-Verhältnisse der meisten Unternehmen am Neuen Markt an. Da sind viele noch viel zu teuer", sagte ein Händler.
Einer der größten Verlierer waren die Aktien des Indexschwergewichts Intershop mit einem Minus von 21,6 Prozent auf 55,90 Euro. Ein Händler sagte, dass der Fall der Aktie unter die Marke von 70 Euro zu automatischen Verkaufsaufträgen geführt habe. Auf dem Parkett hieß es, die Deutsche Bank habe für ihre Kunden einen Bewertungsvergleich mit dem US-Konkurrenten Broadvision angestellt. Es habe zudem eine große Verkaufsorder von institutioneller Seite gegeben, die weitere Verkäufe nach sich gezogen habe.
Die Aktien des Internet-Anbieters T-Online rutschten zwischenzeitlich auf ein neues Allzeittief von 21,90 Euro. Zu Börsenschluss lag das Internet-Papier 7 Prozent tiefer auf 22,65 Euro. T-Online waren im April zu 27 Euro an den Frankfurter Neuen Markt gekommen.
Die Titel von musicmusicmusic waren mit einem Abschlag von 33,8 Prozent auf 2,23 Euro größter Verlierer. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen. Gigabell verbilligten sich um 27,2 Prozent auf 7,75 Euro. Auch hier verwiesen Händler auf Gewinnrealisierungen.
Auf der Gewinnerseite zeigten sich dagegen die Titel der Netlife mit einem Zuwachs von 10,7 Prozent auf 14,88 Euro. Händler führten den Anstieg auf eine Unternehmensmeldung zurück, wonach die Gesellschaft nahezu entschuldet sei. Die Titel des Telekommunikationskonzerns Teles gewannen 13,1 Prozent auf 9,10 Euro. Teles hatte am Morgen mitgeteilt, mit Vobis eine weitreichende Kooperation über den Vertrieb und Service seiner Internet-Mehrwertdienste über alle PC-Marktzugänge des PC-Fachhändlers vereinbart zu haben.
Wall Street schwach
Mit schwächeren Notierungen bei den Standardwerten und sehr schwachen Notierungen bei den Technologiewerten präsentierte sich die Aktienbörse an der Wall StreetDer Dow Jones verlor bis zum Handelsschluss in Europa gut ein Prozent, der Nasdaq fiel um knappe drei Prozent.
Nach Ansicht von Marktteilnehmern reagierte der Markt damit auf die am Nachmittag veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten, die Anleger eine neuerliche Zinserhöhung durch die Federal Reserve befürchten ließ. Im Vorfeld der Veröffentlichung der US-Konjunkturdaten sei mehrheitlich davon ausgegangen worden, dass die US-Notenbank den Leitzinssatz nicht weiter anheben würde und angesichts einer abflauenden US-Konjunktur möglicherweise sogar mit einer Zinssenkung zu rechnen sei. Sung Won Sohn, Analyst von Wells Fargo, sagte, dass er eine weitere Zinserhöhung nach der Präsidentschaftswahl für möglich halte.
Für die erneut starken Kursabschläge bei den Technologiewerten machen Händler zudem die fortgesetzten Gewinnwarnungen verantwortlich. So verzeichneten Veeco Instruments einen Kursrutsch von 33 Prozent, nachdem das Halbleiterunternehmen zuvor eine Gewinnwarnung abgegeben hat. Dell konnte sich von den Kursabschlägen der vorherigen Sitzungen etwas erholen und legte rund drei Prozent zu.
Europabörsen unter Druck
Die Europäischen Aktienmärkte zeigten sich zum Wochenschluss leichter. Lediglich der FTSE 100 in London behauptete ein marginales Plus von 0,1 Prozent. Die Kursverluste der übrigen Märkte reichten von 0,2 Prozent in Wien bis zu 1,3 Prozent in Mailand. Der SMI in Zürich verlor 0,6 Prozent an Wert und der Ibex in Madrid ermäßigte sich um 0,8 Prozent. Der AEX in Amsterdam gab um 1,0 und der CAC 40 in Paris um 1,2 Prozent nach.
Der Euro-Stoxx-50 notierte zuletzt mit 0,9 Prozent bei 4.952,69 Punkten deutlich im Minus und unterhalb der wichtigen 5.000 Punkte-Marke.
Euro bleibt unter der 87-Cent-Marke
Der unerwartet hohe Beschäftigungszuwachs in den USA hat dem Euro am Freitag zu schaffen gemacht. Die Arbeitslosendaten untermauerten einmal mehr die Stärke der US-Wirtschaft, erklärten Marktbeobachter. Der Euro sackte bis zum Handelsschluss in Europa auf Kurse um 0,867 Dollar ab. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs in Frankfurt auf 0,8703 Dollar fest. Der Dollar kostete damit 2,2473 Mark.