Vojislav Kostunica Serbischer Nationalist mit Sympathien für Europa
Belgrad - Im Wahlkampf hatte sich der kommende Regierungschef allerdings immer wieder scharf anti-amerikanisch geäußert. "Nein zu Amerika, nein zu (Slobodan) Milosevic" - war eines seiner Leitmotive. Der deutsche Balkan-Experte Hans Koschnick warnte unterdessen vor übertriebenen Erwartungen an Kostunica.
Der vor den Wahlen vom 24. September im Ausland nur wenig bekannte Politiker gilt als gemäßigter serbischer Nationalist. Der ehemalige antikommunistische Dissident ist der einzige Oppositionspolitiker, der nie mit dem Regime von Milosevic paktiert hat. Kostunica gilt auch als entschlossener Kämpfer gegen die Korruption.
Gleiche Rechte für alle Volksgruppen
Für den Fall seines Sieges in der Präsidentschafstwahl hatte Kostunica eine Reform Jugoslawiens im Inneren angekündigt und versprochen, es aus der internationalen Isolation herausführen. Innerhalb von anderthalb Jahren will er freie Wahlen abhalten.
Was ihm nach eigenen Worten vorschwebt, ist ein Staat, in dem alle Bürger - ganz gleich ob Serben oder Angehörige anderer Volksgruppen - die gleichen Rechte genießen. Sich selbst betrachtet er als moderaten serbischen Nationalisten oder aber, wie er einmal sagte: "Ich würde mich als normalen Serben bezeichnen."
Ausgleich mit Montenegro
Kostunica hat versprochen, einen Ausgleich mit dem westlich orientierten Bundesland Montenegro herbeizuführen. In der Vergangenheit sparte Kostunica jedoch nicht mit Kritik am Westen und griff insbesondere während des Kosovo-Krieges die USA an. Auf deren Hilfe könne Serbien verzichten, betonte er.
Kostunica wird zudem nach eigenen Angaben Milosevic nicht an das internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausliefern. Das UNO-Gericht stellte den jugoslawischen Präsidenten wegen der Menschenrechtsverletzungen im Kosovo unter Anklage.
Bücher über Demokratie und Pluralismus
Der 56-jährige Kostunica, der in Belgrad Jura studierte, wurde 1974 als Universitätsprofessor entlassen. Zwei Jahrzehnte später lehnte er eine Einladung ab, unter dem Milosevic- Regime wieder an der Universität zu lehren.
Kostunica arbeitete am Belgrader Institut für Sozialwissenschaften und engagierte sich für den Schutz von Menschenrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit. Er schrieb Bücher über Demokratie und Pluralismus.
Bündelte die Demokratische Opposition Serbiens
Im Jahr 1989 gehörte er zu den Mitgründern der Demokratischen Partei, die heute Zoran Djindjic führt. Drei Jahre später trat er aus, als diese Partei den streng nationalen Kurs aufgab, und gründete die nationaldemokratische Serbische Demokratische Partei (DSS). Als Demokratische Opposition Serbiens (DOS) stellten sich im August 18 Parteien hinter ihn, obwohl sie jahrelang verstritten gewesen waren.
Kostunica hat im Bosnien-Krieg aber Kontakte zur extremistischen SDS des später als Kriegsverbrecher angeklagten bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic unterhalten.
Botschaft der Versöhnung und des Friedens
Nachdem seine Anhänger Parlament und Staatsgebäude gestürmt hatten, wandte er sich mit einer Botschaft der Versöhnung und des Frieden an das Volk. Schnell will er mit dem Bündnis Demokratische Opposition Serbiens (DOS) den Staatsapparat unter Kontrolle bringen und eine Übergangsregierung bilden.
Er selbst stellt sich als Mann des Übergangs dar: "Ihr habt einen Präsidenten vor euch, der keine Verlängerung der Amtszeit will, sondern eine Verkürzung." Ob solche Aussagen nur Wahltaktik waren, bleibt abzuwarten.