Euro Viele Deutsche ohne Vertrauen
Hamburg/Frankfurt am Main - Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) prognostizierte, dass sich der Kurs "schon bald sehr deutlich erholen wird". Der frühere Bundesfinanzminister, Oskar Lafontaine, hob die bisherigen Verdienste der Währung hervor.
Einer Umfrage zufolge bringen nur wenige Deutsche dem Euro volles Vertrauen entgegen: 33 Prozent haben "kein Vertrauen" in den Euro, 51 Prozent vertrauen der Gemeinschaftswährung "eingeschränkt".
Nur 15 Prozent aller Deutschen vertrauen dem Euro "voll und ganz", ermittelte das Meinungsforschungsinstitut "dimap" (Bonn-Bad Godesberg) in einer repräsentativen Umfrage unter 1100 Befragten für die "Bild"-Zeitung und den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR).
Ex-SPD-Chef Lafontaine sieht Euro als Erfolg
Der ehemalige SPD-Parteichef Oskar Lafontaine sieht den Euro dagegen trotz der Kursschwäche schon jetzt als Erfolg. "Ohne den Euro hätte die europäische Wirtschaft in den letzten Jahren großen Schaden genommen", schrieb Lafontaine in einem Gastbeitrag der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Die früher üblichen Wechselkursschwankungen auf dem Kontinent hätten "das Wachstum gebremst und die Arbeitslosigkeit erhöht".
Mit der Gemeinschaftswährung sei Preisstabilität in Europa gewährleistet. Lafontaine empfahl der Europäischen Zentralbank (EZB), der aktuellen Kursschwäche des Euro gegenüber Dollar und Yen nicht mit weiteren Zinserhöhungen zu begegnen. Diese könnten das Wirtschaftswachstum bremsen und damit die Gemeinschaftswährung weiter schwächen.
Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Müller ist die Kursschwäche ohnehin zu einem großen Teil auf Spekulationen am Devisenmarkt zurückzuführen. "Aber irgendwann kommt ein psychologischer Punkt, da merkt jeder Spekulant: Noch tiefer geht es nicht. Dann wird relativ zügig umdisponiert, wie uns ja auch die Wechselkursschwankungen früherer Jahre gezeigt haben", sagte Müller "Welt". Ein Kurs zum Dollar von eins zu eins sei deshalb in absehbarer Zeit durchaus denkbar.
Auch der US-Ökonom Allan Meltzer verteidigte den Euro: Gerade sein niedriger Kurs sei ein wesentlicher Grund für das Wirtschaftswachstum in Europa. Besonders Deutschland und Italien profitierten davon, sagte Meltzer der "Welt am Sonntag".
Wirtschaftsprofessoren: Euro hat Wettbewerb vorerst verloren
Dagegen sehen die Wirtschaftsprofessoren Karl-Albrecht Schachtschneider, Wilhelm Nölling, Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty den niedrigen Eurokurs als "tiefgehendes Misstrauensvotum der Kapitalanleger aus der ganzen Welt." Der Euro habe den Wettbewerb mit den etablierten Währungen erst einmal verloren. Seine Probezeit solle deshalb um fünf bis zehn Jahre verlängert werden.
In dieser Zeit solle das europäische Währungssystem, wie es bis 1998 bestanden habe, mit Bandbreiten für Wechselkursschwankungen wieder eingeführt werden, das Lafontaine in seinem Beitrag gerade kritisiert.