Einheitsfeier Wem gehört die deutsche Einheit?
Berlin - Kohl unterstellte erneut Teilen der SPD, die Einheit nicht gewollt zu haben. Seine Amtsvorgänger Willy Brandt und Helmut Schmidt (beide SPD) nahm er davon jedoch aus.
Schröder sagte in Stuttgart, eigentlich habe er sich nicht auf den Streit darüber einlassen wollen, wem die deutsche Einheit gehöre. Aber "wenn andere die Geschichte zu verfälschen versuchen, um aus dem Sumpf des Spendenskandals herauszukommen, dann ist Schluss".
Schröder: "SPD lässt sich Verdienste nicht stehlen"
Ohne die mutige Ostpolitik der Sozialdemokraten Willy Brandt und Helmut Schmidt wäre der Einheitsprozess nicht möglich gewesen, sagte Schröder. Die SPD mache anderen ihre Erfolge nicht streitig, lasse sich aber auch von anderen nicht ihre Verdienste stehlen.
Kohl sagte auf der Feier zum zehnten Jahrestag des Zusammenschlusses von CDU Ost und West: "Die Führung der SPD und mit ihr ein Großteil der Linken in Deutschland hatten den Auftrag des Grundgesetzes, die deutsche Einheit in Freiheit zu wahren, aufgegeben."
Kohl: "SPD versagte in Schicksalsfrage"
Die Partei habe in dieser Schicksalsfrage versagt. Bundeskanzler Schröder habe noch wenige Monate vor dem Mauerfall 1989 die Chancen für eine Vereinigung bestritten. "Der Mann hat sich getäuscht, aber er kann es doch wenigstens zugeben", rief Kohl. Nur weil die Union niemals aufgehört habe, für die Einheit zu arbeiten, sei es ihr gelungen, sie in nur wenigen Monaten in den Jahren 1989 und 1990 zu verwirklichen.
Unter dem Applaus der über 500 Gäste würdigte Kohl die Verdienste Brandts und Schmidts. Er habe Respekt vor der großen Leistung Brandts bei der Ausgestaltung der Ostpolitik, die eine Voraussetzung für die Wiedervereinigung geschaffen habe. Auch Schmidt habe mit seinem "enormen Einsatz" bei der Gründung der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) seinen Beitrag geleistet und mit seinem Einsatz für den Nato-Doppelbeschluss den Weg zu einer Abrüstung frei gemacht.
Thierse für Ende des "klein karierten Streits"
Die CDU hatte die Festveranstaltung am Sonntag angesetzt, um Kohl die Gelegenheit zu geben, zehn Jahre nach der Einheit auf einer öffentlichen Veranstaltung zu sprechen. Zur offiziellen Einheitsfeier am kommenden Dienstag war er von Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) gegen den Willen anderer führender CDU-Politiker nicht als Redner eingeladen worden. Kohl verzichtete daraufhin auf sein Kommen.
Für ein Ende des "klein karierten Streits" plädierte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. CDU-Chefin Angela Merkel sagte dagegen: "Kaum ein Thema eignet sich so sehr für eine Debatte zwischen den Parteien und in der Gesellschaft wie die deutsche Einheit".