IWF Dollar ist deutlich überbewertet, die EZB stolz auf die Intervention
Prag - Als EZB-Präsident Wim Duisenberg am vergangenen Freitag das Signal für die erste offizielle Devisenmarkt-Intervention gab, eine konzertierte aller Mitglieder der G-7-Notenbanken, war EZB-Chefökonom Otmar Issing schon im Handelsraum des EuroTower.
Dort schaute er mit "seinen" Händlern auf die Bildschirme. Das erste Mal ist eben das erste Mal, und das muss man voll mitbekommen.
Der Blick auf die Bildschirme galt vor allem der Kursreaktion der Euro-Käufe gegen US-Dollar und Yen. Der Stolz von Duisenberg und der EZB galt dem Verlauf in der währungspolitischen Konzertation, aber auch der technischen Operation.
Konfrontation mit dem Devisenhandel
Mit der Intervention haben sich die G-7-Staaten und die EZB zum ersten Mal voll mit dem internationalen Devisenhandel angelegt. Die Stützungskäufe sind ein Versprechen: Wenn der Devisenhandel weiter versucht, den Euro zu drücken, wird es erneut Interventionen geben.
Das Problem dabei: Der Markt hat sehr viel mehr Kapital zur Verfügung, um den Kurs des Euro zu beeinflussen. Der Devisenhandel lässt eine Geldwelle um den Globus schwappen. Der Einsatz der Notenbanken dagegen ist begrenzt und kann nur funktionieren, wenn auch eine nachhaltige Drohung damit verbunden ist.
Issing: "Die EZB hat gehandelt!"
Nach getaner Arbeit gab Issing deshalb am Vorabend der G-7-Konferenz in Prag auf einer Bootsfahrt auf der Moldau passende Statements: Die EZB habe gezeigt, dass sie nicht nur verbal für einen starken Euro eintrete und dass Interventionen ein Instrument der Zentralbank seien, sondern sie habe gehandelt.
Die lauten Zweifel, dass die Amerikaner mitten im Wahlkampf nicht mitmachen werden, sind nun durch eine bekennende Konzertation offen ausgeräumt worden. Das Timing ist dabei bewusst vor dem G-7-Meetings und der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gewählt worden.
Am Samstag würdigte Issing: "Die Intervention war perfekt organisiert, effektiv durchgeführt und 'sophisticated' kommuniziert."
Den Entscheidungsprozess schilderte Duisenberg nach dem G-7-Meeting in Prag, Euro-Gruppe-Präsident Laurent Fabius hörte zu: Nach der EZB-Rat-Telefonkonferenz am Donnerstag informierte Duisenberg "alle Partner", und rief - ganz als "Mr Euro" - in Washington US-Finanzminister Larry Summers und Fed-Chairman Alan Greenspan an, und damit war die Interventionsuhr für Freitag gestellt.
Die EZB hat kein Wechselkurs-Ziel: Wozu dann intervenieren?
Fabius widersprach auch mit keinem Ton der Klarstellung von Duisenberg, dass beim gegenwärtigen Wechselkurskursregime und ohne Wechselkursorientierungen durch den EcoFin-Rat die Devisenmarktpolitik in der Hand des EZB-Rates liegt. Mit diesen Interventionen ändere sich weder die Geldpolitik der EZB noch die Wechselkurspolitik, denn - so Duisenberg - die EZB habe keine Wechselkursstrategie, also keine Punkte und keine Ziele. Aber wozu dann?
Die EZB musste zu Devisenmarktinterventionen schreiten, weil sonst das Misstrauen der Märkte und der Öffentlichkeit noch zugenommen hätte. Diese Glaubwürdigkeit ist das erste Ziel der EZB-Devisenmarktintervention. Die EZB wird sie nach den Worten von Duisenberg - wie in den anderthalb Jahren bisher - mit einer klaren stabilitätsorientierten Geldpolitik sichern. Dazu müssen nun die Regierungen in den Euro-Mitgliedstaaten überzeugende Strukturreformen liefern und Haushaltsdisziplin üben. Dann kommen starkes Wachstum ohne Inflationierung und ein starker Euro, hofft Duisenberg.
US-Dollar ist bis zu einem Viertel überbewertet
Auf der Weltwährungstagung in Prag wurde nicht nur der Euro beguckt, hier kam auch das entscheidende Gegenüber US-Dollar in die Diskussion. C. Fred Bergsten vom rennomierten Institute for International Economics machte deutlich, dass der US-Dollar nach seiner Schätzung heute um 20 bis 25 Prozent überbewertet sei.
Seiner Meinung nach haben sich Summers und Greenspan deshalb für ein Mitmachen bei diesem Devisenmarkt-Konzert entschlossen, weil sie fürchteten, dass ein weiter sinkender Euro zusammen mit einer sich abschwächenden US-Konjunktur zum amerikanischen Risiko werden könnte.
Dennoch beruhigte Larry Summers die US-Amerikaner nach den Interventionen sofort mit dem unveränderten Bekenntnis zum "starken Dollar".