Maritime Investments Reedereien lassen Fondsanleger alt aussehen

Da können Fondsanleger neidisch werden: Während ihre Schiffsbeteiligungen in den vergangenen Jahren reihenweise Leck schlugen, legten die Aktien großer Reedereien weltweit trotz Branchenkrise kräftig zu. Experten sehen weiter Kurspotenzial, denn die schiefe Lastenverteilung hat System.
Von Richard Haimann
Maersk-Containerschiff in Ägypten: Die weltgrößte Linienreederei A.P. Møller-Maersk fuhr 2010 einen Rekordgewinn ein

Maersk-Containerschiff in Ägypten: Die weltgrößte Linienreederei A.P. Møller-Maersk fuhr 2010 einen Rekordgewinn ein

Foto: STRINGER/EGYPT/ REUTERS

Hamburg - Die Börsencharts zeichnen ein eindeutiges Bild. Um zum Teil mehr als 100 Prozent sind die Aktienkurse großer Reedereien in den vergangenen vier Jahren gestiegen. Bei einigen großen Schifffahrtskonzernen notieren die Papiere heute sogar höher als vor Beginn der Finanzkrise, die den weltweiten Seehandel 2009 massiv einbrechen ließ. "Reedereien mit starker Marktstellung und geringer Schuldenlast haben sich gut durch die raue See gekämpft", sagt Thomas Wybierek, Schifffahrtsanalyst bei der NordLB.

Beispielhaft lässt sich dies an den Geschäftszahlen der weltgrößten Containerreederei A.P. Møller-Maersk ablesen. Der dänische Konzern musste zwar 2009 einen Verlust von 5,5 Milliarden Kronen (740 Millionen Euro) hinnehmen. Als die Weltkonjunktur 2010 wieder in Schwung kam, fuhren die Skandinavier aber mit 28,2 Milliarden Kronen (3,8 Milliarden Euro) den höchsten Gewinn in der mehr als 100-jährigen Unternehmensgeschichte ein.

Zwar konnte sich der Konzern im vergangenen Jahr nicht dem durch die Euro-Krise ausgelösten Wirtschaftsabschwung entziehen. Dennoch fiel am Ende ein Gewinn von 18,1 Milliarden Kronen (2,43 Milliarden Euro) an. Analysten erwarten, dass der Erlös dieses Jahr mehr 20 Milliarden Kronen betragen wird.

Der Erfolg spiegelt sich auch im Kursverlauf der Aktie wider. Im Frühjahr 2009 war das Papier auf den tiefsten Stand der vergangenen sieben Jahre gefallen. Seither ist die Börsennotierung jedoch um 88 Prozent gestiegen. Heute notiert die Maersk-Aktie höher als vor Ausbruch der Finanzkrise.

Schiffsfondsanleger gucken in die Röhre

Penelope Butcher, Analystin bei Morgan Stanley , sieht noch erhebliches Potenzial. Sie stuft das Papier in einer neuen Branchenstudie mit Übergewichten ein. "Wir sehen das Kursziel auf Sicht der nächsten zwölf Monate bei 57.000 dänischen Kronen", sagt Butcher. Gegenüber der gegenwärtigen Notierung entspräche dies einem Gewinn von rund 36 Prozent.

Auch etliche andere maritime Konzerne haben sich erfolgreich durch die unfreundliche See navigiert. Die auf den Marschall-Inseln residierende US-Reederei Seapsan steigerte 2011 den Gewinn vor Steuern um 29,5 Prozent auf 123 Millionen US-Dollar. Für dieses Jahr hat der Konzern angekündigt, seine Dividende um 33 Prozent auf 63 Millionen US-Dollar anzuheben.

Jim Royal, Analyst bei der US-Investmentgesellschaft TMF, erwartet, dass "Seaspan die Dividende im nächsten Jahr sogar verdoppeln wird". In der ersten Jahreshälfte waren die Containerfrachter zu 99,2 Prozent ausgelastet. "Das dürfte der Gesellschaft in diesem Jahr einen Gewinn von rund 300 Millionen US-Dollar bescheren", hat Royal errechnet.

Schiffsfondsanleger können allerdings nicht darauf hoffen, dass durch den Aufschwung im Reedereigeschäft auch ihre Beteiligungsmodelle bald wieder Fahrt aufnehmen werden. Im Gegenteil: Was die Gewinne der großen Schifffahrtskonzerne treibt, verstärkt derzeit noch die Not der Fonds.

Warum die Schiffsfonds meist den Kürzeren ziehen

Das liegt am Geschäftsmodell, das sich über die Jahrzehnte hinweg zwischen beiden Seiten entwickelt hat: Die erfolgreichen großen Reedereien haben nur vergleichsweise kleine eigene Flotten. Um das Frachtaufkommen dennoch bewältigen zu können, chartern sie Containerschiffe, Schüttgutfrachter und Tanker der Fonds an. Die Pachtverträge haben dabei Laufzeiten von einigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren.

Die Fondsinitiatoren sprechen zwar gerne von einer Partnerschaft zwischen ihnen und den Reedern. Tatsächlich sind die Chancen und Risiken zwischen beiden Seiten jedoch sehr ungleich verteilt - insbesondere dann, wenn die Pachtverträge nur eine kurze Laufzeit haben. Geht das Frachtaufkommen zurück, verlängern die Schiffsfahrtskonzerne nicht die Charterverträge, sondern lassen nur noch ihre eigenen Flotten fahren. Die Fondsschiffe sind dann beschäftigungslos.

Inzwischen haben Reeder so viele Pachtverträge mit den Fonds nicht verlängert, dass fast jedes zweite maritime Beteiligungsmodell in Schieflage geraten ist. "Die Fonds haben ihre Ausschüttungen gekappt und zum Teil Nachschüsse von den Anlegern gefordert, um die zur Finanzierung der Schiffe aufgenommenen Bankdarlehen weiter bedienen zu können", sagt der Münchner Fachanwalt für Kapitalanlagerecht Peter Mattil.

Bei rund 100 Beteiligungsmodellen scheiterten die Rettungsversuche. Sie mussten Insolvenz anmelden. Weitere Fonds könnten folgen. Im Feuer stehen Milliardenbeträge von Privatanlegern. Nach Berechnungen von Feri Eurorating hatten Emissionshäuser in den neun Jahren vor Beginn der Finanzkrise maritime Beteiligungsmodelle mit einem Gesamtvolumen von rund 52 Milliarden Euro aufgelegt.

"Mit Reederaktien wären Anleger besser durch die Krise gekommen"

"Mit Reederaktien wären Anleger weit besser durch die Krise gekommen als mit Schiffsfonds", sagt Mattil. Denn die großen Seehandelskonzerne konnten sich inzwischen von so vielen angepachteten Fondsschiffen trennen, dass die Zahl der am Markt verfügbaren Frachter und Tanker signifikant gefallen ist. Dadurch war es den Reedereien möglich, die Charterraten trotz des gesunkenen Frachtaufkommens wieder anzuheben.

"Den Anfang hat in diesem Frühjahr Marktführer Maersk gemacht", sagt NordLB-Analyst Wybierek. Viele andere Schifffahrtskonzerne hätten daraufhin nachgezogen.

Reedereien, die größtenteils eigene Schiffe nutzen, haben hingegen noch schwer mit der Flaute am Markt zu ringen. Bestes Beispiel dafür ist die börsennotierte chinesische Staatsholding Cosco . Mit ihren 800 Container- und Schüttgutfrachtern mit einer jährlichen Transportkapazität von 400 Millionen Tonnen unterhält sie die zweitgrößte Flotte der Welt. Weil nicht alle Schiffe Beschäftigung haben, die Kredite aber weiter bedient werden müssen, hat der staatlich kontrollierte Schifffahrtsriese in der ersten Hälfte dieses Jahres einen Verlust von 4,87 Milliarden Yuan (595,4 Millionen Euro) eingefahren.

2011 hatte Cosco bereits 10,45 Milliarden Yuan (1,28 Milliarden Euro) Miese gemacht. Der Börsenkurs hatte sich daraufhin halbiert. Seit Anfang September ist die Aktie jedoch um 10 Prozent gestiegen. Analysten von HSBC Trinkaus & Burkhardt gehen davon aus, dass das Papier vermutlich sein Tief gefunden hat. Für die Aktie bestehe "nun die Chance auf Besserung", heißt es in der Studie.

Griechische Reederaktie steigt um 270 Prozent

Denn Experten erwarten, dass das Frachtaufkommen auf den Weltmeeren im nächsten Jahr trotz der durch die Euro-Krise hervorgerufenen globalen Konjunkturabkühlung steigen wird. Zwar hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft jüngst zurückgenommen. Danach soll die globale Konjunktur in diesem Jahr nur noch um 3,3 Prozent und 2013 um 3,6 Prozent zulegen.

Im April hatte der IWF für das laufende Jahr noch ein Plus von 3,5 Prozent und für das nächste Jahr von 3,9 Prozent prognostiziert. Auch auf diesem geringen Niveau werde jedoch der Warentransport zur See zulegen. "Der Containerverkehr dürfte dieses Jahr um 5 Prozent und 2013 um weitere 7 Prozent wachsen", prognostiziert HSH-Nordbank-Analyst Stefan Gäde. Von 2014 an dürfte mit der Erholung der Weltkonjunktur die Nachfrage nach Containertransporten wieder kräftig steigen. "Dann werden auch die Charterraten wieder auf ein auskömmliches Niveau steigen", sagt Gäde.

Bis dahin dürfte den Fondsanlegern die Gischt weiter ins Gesicht peitschen, während die Schifffahrtsriesen weiter stetig ihre Gewinne steigern können. Bestes Beispiel dafür ist die griechische Schüttgutreederei Navios Maritime Partners. "Sie konnte ihre Frachtraten soweit anheben, dass die Bruttomarge inzwischen auf 92,6 Prozent gestiegen ist", sagt Fani Kelesidou, Analyst beim Internet-Börsendienst Seeking Alpha.

Der Konzern nehme damit pro Frachtladung eine fast doppelt so hohe Charterrate ein, wie er selbst an Kosten für Mannschaft, Treibstoff und Unterhalt der Schiffe aufwenden muss. Das spiegelt sich auch im Kurs der Aktie wider: Seit dem Tief nach Ausbruch der Finanzkrise hat das Papier um 270 Prozent zugelegt.

Tabelle: Erfolgreich durch die Krise - ausgesuchte Reederaktien

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