Inflationsangst Rendite erzielen per Anleihen-Trading

Präzises Rechnen gefragt: Mit Anleihen lässt sich viel Geld verdienen
Foto: © Brendan McDermid / Reuters/ REUTERSmm: Herr Kuhnke, die Gefahr steigender Inflation wird zurzeit wieder diskutiert. Als probater Schutz dagegen gelten inflationsgeschützte Anleihen. Sollten Anleger jetzt in diese Papiere investieren?
Kuhnke: Sie haben recht, auch ich halte inflationsindexierte Anleihen, sogenannte Linker, langfristig für einen wirksamen Schutz des Geldes vor der Inflation. Den aktuellen Zeitpunkt halte ich aber für ungeeignet, dort zu investieren.
mm: Weshalb das?
Kuhnke: Weil wir bei Bantleon nicht glauben, dass zurzeit tatsächlich ein besonders starker Anstieg des Preisniveaus bevorsteht. Wir haben eigene Experten, die uns Analysen zu diesem und anderen Konjunkturthemen erstellen. Darauf bauen wir unsere Anlageentscheidungen auf. Und unsere Fachleute sagen, dass momentan eine stärkere Inflation nicht bevorsteht.
mm: Was genau prognostizieren sie denn?
Kuhnke: Wir sehen die Inflationsraten im laufenden Jahr bei durchschnittlich 2,5 Prozent, also lediglich geringfügig über dem Ziel der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent. Im kommenden Jahr erwarten wir sogar einen Rückgang der Inflation auf 1,5 Prozent.
mm: Viele Fachleute argumentieren, die Geldflut, die von der Zentralbank auf die Finanzmärkte gebracht wird, werde früher oder später zur Inflation führen. Sie sind anderer Ansicht?
Kuhnke: Ja. Das Geld der EZB bleibt derzeit fast vollständig im Bankensektor stecken, und zwar vor allem bei italienischen und spanischen Instituten. Bei Unternehmen und privaten Haushalten kommt davon so gut wie nichts an. Das wäre aber die Voraussetzung für einen Anstieg des Preisniveaus. Der Transmissionskanal, der früher einmal funktionierte, ist an dieser entscheidenden Stelle verstopft.
mm: Woran liegt das?
Kuhnke: Zum Teil sind es die Unternehmen selbst, die kaum Kredite nachfragen. Viele Firmen investieren gar nicht oder größtenteils mit eigenem Geld. Andere, beispielsweise Autobauer wie BMW, können sich anderweitig so günstig refinanzieren, dass sie die vergleichsweise teuren Bankkredite gar nicht in Anspruch nehmen müssen. Die niedrigen Zinsen am Anleihemarkt tragen dazu bei. Hinzu kommt, dass viele Banken in den Peripherieländern keine Kredite vergeben wollen oder können.
mm: Was ist mit dem Immobilienboom am hiesigen Wohnungs- und Häusermarkt, wird der von vielen Privathaushalten nicht zum Großteil mit Fremdkapital finanziert?
Kuhnke: Schon. Aber da befindet sich Deutschland in einer Ausnahmesituation. In anderen Ländern, beispielsweise wiederum in Spanien oder Italien, liegen die Immobilienmärkte am Boden.
"Es bieten sich vorübergehende Chancen, die man situativ nutzen kann"
mm: Kann sich die Situation nicht sehr schnell ändern?
Kuhnke: Die Lage könnte sich ändern, sobald die Konjunktur wieder richtig in Schwung kommt, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Dann könnten tatsächlich die Inflationsraten steigen. Das erwarten wir aber frühestens ab 2014.
mm: Und bis dahin halten sie sich von Linkern fern?
Kuhnke: Nicht ganz. Es bieten sich dort immer wieder vorübergehende Chancen, die man situativ nutzen kann. Je nachdem, wie sich die Inflationserwartung des Marktes zur eigenen verhält.
mm: Das müssen Sie erklären.
Kuhnke: Das ist ganz einfach: Anleger müssen nur die Renditen normaler Bundesanleihen am Markt mit jenen der jeweiligen Linker vergleichen. Die Differenz gibt an, welche Inflationserwartung der Markt bis zur Endfälligkeit der Anleihen gerade hat. Der Grund ist, dass diese Inflation am Ende der Laufzeit ausgeglichen wird. Darin besteht ja gerade der Inflationsschutz der Linker.
mm: In welchem Fall ist also ein Investment sinnvoll?
Kuhnke: Wer glaubt, dass die Inflation tatsächlich höher ausfallen wird, als es die Markterwartung anzeigt, der kann zugreifen. Denn wenn er mit dieser Ansicht recht behält, wird ihm am Ende mehr ausgeglichen, als beim Kauf eingepreist war. Dadurch liegt die Gesamtrendite über jener der normalen Anleihe, die der Anleger zum gleichen Zeitpunkt hätte kaufen können.
mm: Haben Sie dafür ein Beispiel?
Kuhnke: Nehmen sie aktuell die Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit. Die Rendite der Papiere ohne Inflationsschutz liegt zurzeit bei 1,45 Prozent. Die Linker dagegen notieren bei minus 0,2 Prozent. Das heißt, der Markt erwartet eine Inflation von 1,65 Prozent. Erwarten Sie dagegen eine Inflation von 2 Prozent, und kommt es letztlich auch dazu, so können sie mit einem Investment in die Linker zurzeit eine Outperformance erzielen.
mm: Wie stark schwankt die Inflationserwartung des Marktes denn? Lohnt sich ein häufiges Handeln, um von den Schwankungen zu profitieren?
Kuhnke: Das ist möglich, und wir machen das auch. So ist der Erwartungswert kürzlich innerhalb von nur vier Wochen von 2 Prozent auf 1,65 Prozent gefallen. Wir erwarten nun, dass er demnächst wieder steigen wird, vielleicht auf einen Wert von 1,85 Prozent. Daher stehen wir in den Startlöchern, um vorübergehend in Linker zu investieren. Zu diesem Trading würde ich Privatleuten allerdings nicht unbedingt raten, denn erforderlich ist dazu eine zuverlässige Prognose sowie eine klare Marktmeinung. Außerdem sollte man als Privatinvestor die Kosten beim Kauf und Verkauf nicht unterschätzen.