Oracle Firmenchef verteidigt Spionage bei Microsoft
Redmond Shores - Mit seinen Schnüffeleien habe Oracle skandalöse Finanzierungs-Praktiken des Erzrivalen enthüllt, tönte Ellison in einem Interview gegenüber der Associated Press. Der US-Datenbank-Spezialist Oracle hatte vor kurzem eingeräumt, Privatdetektive auf den Redmonder Konkurrenten Microsoft angesetzt zu haben.
Die Detektei "Investigative Group International" war damit beauftragt worden, die Arbeit von Microsoft-nahen Verbänden unter die Lupe zu nehmen. So hatten die von Oracle engagierten Schnüffler Anfang des Monats etwa versucht, einer Putzkolonne Papierabfälle der von Microsoft unterstützten Lobbyorganisation Association for Competitive Technology abzukaufen. Angeblich hatten die Ermittler 1200 Dollar für den Papiermüll geboten.
Ellison rechtfertigte die Aktion in einer Pressekonferenz gar als "staatsbürgerliche Pflicht", die Schnüffeleien seien journalistischen Recherchen vergleichbar. "Ich finde es sehr gut, was wir getan haben", erklärte Ellison. "Wir haben Microsofts kleines Watergate aufgedeckt."
Aussagen des CEO zufolge sollen die Nachforschungen von Oracle ergeben haben, dass Microsoft sowohl das Independent Institute of Oakland als auch die National Taxpayers Union of Arlington mitfinanzierte. Beide Organisationen hätten sich in der Öffentlichkeit als unabhängig dargestellt, seien in Wirklichkeit aber vom Redmonder Riesen unterstützt worden, um die öffentliche Meinung im Rahmen des Kartellrechtsverfahrens zu beeinflussen.
Während Ellison in der Art und Weise seiner Ermittlungen "nichts Verwerfliches" sehen konnte, bezeichnete Microsoft das Verhalten von Oracle als "heuchlerisch". Oracle unterstütze selbst Organisationen, die gegen Microsoft Stimmung machten. Microsoft hatte eine Verbindung zu den beiden Organisationen nicht bestritten.
Die jüngste Spionage-Aktion markiert den bisherigen Höhepunkt im jahrelangen Rivalitätskampf zwischen Larry Ellison und Bill Gates. Informationen des US-Magazins "Forbes" zufolge ist der Oracle-CEO nach dem Microsoft-Gründer der zweitreichste Mann der Welt. Ellison bei einer Pressekonferenz seinem Erzfeind noch eine direkte Message zukommen: "Es ist nichts Persönliches."
Jochen A. Siegle, Miami