Kommentar Rabattgesetz muß weg
München - Wenn Händler in Deutschland Kunden locken wollen, fällt ihnen meist nur ein Billigpreis ein: "Jacobs Krönung für 5,98 Mark", verheißen Zeitungsanzeigen, und die Schnäppchenjäger stürmen die Läden. Die Hoffnung, dass die angelockten Kunden nebenbei noch Produkte kaufen, an denen der Händler etwas verdient, wird aber immer seltener erfüllt.
Schließlich verfolgen Lidl, Aldi oder der amerikanische Marktneuling Wal-Mart allesamt die gleiche Taktik: Der eine verhökert Kaffee, der andere Weinbrand, der dritte Waschmittel. Gewiefte "Smart Shopper" laufen von Laden zu Laden und decken sich gezielt mit Billigangeboten ein. Die Händler kontern, indem sie sich immer weiter unterbieten, bis sie irgendwann gar nichts mehr an ihren Produkten verdienen.
Die selbstmörderische Masche der Händler ist nicht allein eine Folge ihrer Einfallslosigkeit. Sie ist auch eine Folge rigider deutscher Bestimmungen. Altertümliche Ungetüme namens "Rabattgesetz" und "Zugabeverordnung" verwehren es Penny und Co., Maßnahmen zu ergreifen, die die Kunden an die Läden binden.
Auch britische Händler wie Tesco oder Sainsbury's setzen auf den Preis als Marketinginstrument; sie sind aber immerhin in der Lage, die "Smart Shopper" mit Rabatt-Systemen zu loyalen Stammkunden zu erziehen. Händlern in Deutschland sind dagegen die Hände gebunden. Ganze drei Prozent Preisnachlass dürfen sie auf Waren gewähren, und es ist ihnen verboten, ihre Kunden mit Zugaben zum Kauf anderer Produkte zu becircen.
Es gab immer mal wieder Anläufe, die Regelwerke aus den dreißiger Jahren einzudampfen. Die Kämpfer für Rabattgesetz und Zugabeverordnung haben aber die alten Regelungen mit der gleichen Vehemenz verteidigt wie die Restriktionen beim Ladenschluß - es sind die mächtigen Lobbyisten der kleineren Händler, die angeblich ganz vom Markt verschwinden, wenn die Großen in die Lage versetzt werden, wettbewerbsfähig zu sein.
Leider vergessen die Fürstreiter von Tante Emma, dass Tante Emma ohnehin so gut wie ausgestorben ist. Sofern sie noch hie und da existiert, dann nur, weil sie sich mit besonderen Sortimenten oder Services profiliert hat; Maßnahmen also, die ihr Überleben auch dann noch sichern werden, wenn es demnächst die Rabatt-Kundenkarte von Edeka gibt.
Außerdem vergessen die vorgeblichen Schützer des Mittelstandes, dass die stupiden Preiskriege im Lebensmittel-Einzelhandel, die durch die rigiden Regelungen indirekt begünstigt werden, den Konzentrations-Prozess weiter beschleunigen.
Daher ist es zu begrüßen, dass die Bundesregierung möglichst rasch das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung abschaffen will. Sie will zwar auf diese Weise in erster Linie Internet-Händler protegieren. Sie könnte aber nebenbei auch den Stationärhändlern bessere Bedingungen dafür bieten, sich nicht immer nur als Billigheimer, sondern auch einmal als Bonusanbieter hervorzutun.
of