Nokia Siemens Networks
NSN streicht Tausende Stellen in Deutschland
Der krisengeschüttelte Netzausrüster Nokia Siemens Networks will in Deutschland jeden dritten Arbeitsplatz streichen. Von 35 Standorten in Deutschland sollen nur 5 übrig bleiben. Der große Standort München soll komplett dichtmachen. Die IG Metall kündigt Widerstand an.
Standort von Nokia Siemens Networks (NSN) in München: Der Standort München soll komplett schließen. In Deutschland soll jeder dritte Arbeitsplatz bei NSN entfallen
Foto: Lukas Barth/ picture alliance / dpa
München - Nokia Siemens Networks (NSN) streicht in Deutschland ein Drittel seiner Arbeitsplätze. Bis Ende des Jahres müssten 2900 Mitarbeiter gehen, teilte die Gemeinschaftsfirma von
Siemens und
Nokia am Dienstag mit. Zudem schließt das Gemeinschaftsunternehmen sein bisheriges Landeshauptquartier in München und verlagert 1600 Stellen.
In Deutschland werde das Geschäft künftig an den fünf Standorten Berlin, Bonn, Bruchsal, Düsseldorf und Ulm gebündelt, teilte NSN am Dienstag mit. Alle anderen Standorte müssen zusperren. In Nordrhein-Westfalen, wo NSN mit 80 Prozent den Löwenanteil des deutschen Geschäfts mit Kunden wie Deutsche
Telekom,
Vodafone und Telefonica macht, werden Bonn und Düsseldorf weitergeführt. In Berlin und Bruchsal findet Fertigung statt. In Ulm unterhält NSN Entwicklungsaktivitäten für den neuen Mobilfunkstandard LTE.
In München beschäftigt NSN bislang 3600 Mitarbeiter. Auch NSN-Finanzvorstand Marco Schröter muss umziehen, er hatte sein Büro bisher in der bayerischen Landeshauptstadt.
Derzeit beschäftigt NSN nach eigenen Angaben rund 9100 Mitarbeiter in Deutschland. Der verlustträchtige Telekommunikationsausrüster will weltweit 17.000 Arbeitsplätze und damit ein Viertel der Jobs streichen, um sich zu sanieren, hatte NSN bereits im November mitgeteilt, aber noch keine Einzelheiten zu Deutschland genannt.
NSN-Landeschef Hermann Rodler verteidigte die Einschnitte. "Wir müssen in Deutschland diesen schwierigen Schritt machen, um sicherzustellen, dass NSN ein wirtschaftlich nachhaltiges Unternehmen ist." Im Inland werde sich sein Haus auf Forschung und Entwicklung für mobile Breitbandtechnik und optische Netze konzentrieren. In Finnland legt NSN die Axt an 1200 seiner dort 6900 Stellen.
Dritter Sanierungsanlauf kostet Siemens halbe Milliarde Euro
Die beiden Mutterkonzerne schwiegen zu der Ankündigung. Siemens hatte bereits in Aussicht gestellt, dass der dritte Sanierungsanlauf der Tochter mit gut einer halben Milliarde Euro im Konzern zu Buche schlagen werde. NSN kämpft seit seiner Gründung 2007 mit Verlusten und wachsender Konkurrenz aus dem Fernen Osten.
Für Nokia und Siemens hat sich das Geschäft mit Telefonnetzen zu einem Milliardengrab entwickelt. Erst im vergangenen Jahr pumpten die beiden eine Milliarde Euro in die Sorgentochter. Ein Teilverkauf an Finanzinvestoren war zuvor gescheitert, ein Ausstieg mittels Börsengang gilt unter Experten als aussichtslos.
Entsetzen bei den Mitarbeitern - IG Metall kündigt Widerstand an
Die IG Metall hat unterdessen Widerstand gegen die massiven Stellenstreichungen bei NSN angekündigt. "Wir wehren uns zusammen mit den Beschäftigten gegen diesen Kahlschlag", sagte der IG-Metall-Beauftragte für NSN, Michael Leppek, am Dienstag in München. Ziel sei, möglichst viele Jobs zu erhalten und vor allem die Schließung des Standorts München noch zu verhindern.
Die Beschäftigten hätten schockiert auf die Nachrichten reagiert, teilte auch NSN-Gesamtbetriebsratschef Georg Nassauer mit. "Wir Betriebsräte werden zusammen mit der IG Metall alles tun, um den Abschied von NSN aus Deutschland zu verhindern." Die Gewerkschaft forderte die Firmenleitung auf, die Pläne zu stoppen.
Am Mittwoch wollen die Beschäftigten vor dem Vorstandssitz in München protestieren.
Die Zukunft von NSN als Joint Venture an sich ist ohnedies ungewiss. Die beiden Partner haben sich vertraglich bis 2013 aneinander gebunden. Bis 2013 will NSN eine Milliarde Euro einsparen.
Standort von Nokia Siemens Networks (NSN) in München: Der Standort München soll komplett schließen. In Deutschland soll jeder dritte Arbeitsplatz bei NSN entfallen