SdK-Prozess Ex-Anlegerschützer bestreitet Interessenkonflikt

Will alles richtig gemacht haben: Markus Straub mit seiner Anwältin
Foto: dapdMünchen - "Wir hatten recht". Obwohl Markus Straub schon 2008 aus dem Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ausgeschieden und inzwischen wohl zu einem Imageschaden für die Vereinigung geworden sein dürfte, spricht er immer noch von "wir". Er sagt, er habe als Verantwortlicher für die SdK-Öffentlichkeitsarbeit zu Recht vor zweifelhaften Bilanzen und Absturz gefährdeten Aktien gewarnt, selbst wenn die anschließende Kursbewegung ihm privat zum Nutzen gereichte.
"Bei uns läuft das normalerweise so", beginnt der Angeklagte, wenn die Richter am Landgericht München I ihn nach den Geflogenheiten in den Kreisen der Aktionärsschützer befragen: Etwa wer genau 2006 die Pressemitteilungen mit den Verkaufsempfehlungen für die Thielert AG formulierte (er selbst) oder was man im Vorstand gegenseitig von persönlichen Aktienspekulationen wusste (nichts).
Seit dem 23. Januar 2012 muss sich Straub zusammen mit einem "Komplizen" in einem Verfahren wegen Marktmanipulation und Insiderhandel verantworten. Der Volkswirt, der seit 16 Monaten in der JVA Traunstein einsitzt, fühlt sich offenbar zu Unrecht verfolgt. Und - in Handschellen vorgeführt wie ein gewöhnlicher kleiner Dieb - wohl irgendwie auch in seiner Bedeutung unterschätzt.
Schließlich seien die SdK-Vertreter als Gesprächspartner gefragt gewesen: "Die Unternehmen wollten einen kritischen Dialog mit den Aktionären und auf den Hauptversammlungen nicht nur Fragen, die sich darum drehen, warum es diesmal Senf von Händlmaier statt von Develey zu den Würsteln gibt".
Schwankendes Maß an Sorgfalt
Straub, 42, schildert mit heller Stimme und zerknautschter Miene mal beflissen, mal ungeduldig das Tagesgeschäft eines Aktienspekulanten: wie man "short" geht, wie die Risiken sich verteilen, wie man "marktschonend" verkauft, wie man unerkannt an einer Unternehmensauktion teilnimmt. "Das ist so üblich", auf diese Position zieht er sich meistens zurück, allerdings nicht ohne sich hin und wieder in Widersprüchen zu verfangen.
Seine Verteidiger, unter ihnen Ex-SdK-Vorstand Harald Petersen, lassen ihn reden. Nur über eigene wohlwollende Fragen regt man ihn dazu an, sich auch so zu äußern, dass es ihm zum Vorteil gereichen könnte.
Denn sehr überzeugend wirkt es auch für die Vorsitzende Richterin nicht, dass Straub sich bei der Aktie des Flugmotorenherstellers Thielert AG (wo er in großem Umfang auf fallende Kurse spekuliert hatte) noch in die kleinsten Details der Bilanz vertiefte und sorgfältige Recherchen zu getürkten Rechnungen anstellte. Während er bei der Biotech-Aktie NasCacell, die er noch vor dem Börsengang billig erworben hatte und dann schnell verkaufte, gutgläubig den Angaben auf der NasCacell-Internet-Seite vertraute und den guten Kontakten seines SdK-Vorstandskollegen Christoph Öfele ins Unternehmen. Zweifel an den Verträgen zu wohlklingenden Kunden aus der Pharmabranche habe er nicht gehabt, gibt der Angeklagte zu Protokoll.
Straub versichert, er habe die Aktionäre, die auf die SdK hörten, tatsächlich schützen und nicht täuschen wollen: "Ich sehe keinen Interessenkonflikt, wenn ich entsprechend meiner eigenen Empfehlung handele". Schließlich habe das Landgericht Hamburg 2008 die kritisierten Bilanzen der Thielert AG bis 2005 für nichtig erklärt.
3,5 Millionen Euro Gewinn mit der Thielert-Spekulation
Dass er mit der Thielert-Spekulation 3,5 Millionen Euro Gewinn gemacht hat, spricht Straub nüchtern aus, als sei es der Erlös einer abendlichen Pokerrunde. Dass die Überweisung der Millionensumme durch den mitangeklagten Geschäftspartner Tobias B., der den größten Teil der Short-Positonen für Straub hielt, nur auf einer mündlichen Verabredung bei einer Tasse Kaffee am 9. Februar 2007 beruht haben soll, auch das bezeichnet er als "üblich".
Warum Tobias B. ausgesagt hat, diese Verabredung zum gemeinsamen Short-Gehen sei schon im Herbst 2006 eingegangen worden, also noch bevor Straub über die SdK negative Thielert-Einschätzungen veröffentlichte, kann er sich "nicht erklären". Für die Staatsanwaltschaft, die Straub der Kursmanipulation verdächtigt, ist die Frage des Datums von höchster Bedeutung, denn 2007 hat Straub keine Pressemitteilungen zu Thielert mehr veröffentlicht.
"Ich war überzeugt, dass meine Meinung richtig war", sagt Straub, wenn er erzählt, wie trotz seiner drei warnenden SdK-Mitteilungen zu Thielert Ende 2006 der Kurs der Aktie im ersten Halbjahr 2007 zunächst einmal stieg. Die US-Bank Goldman Sachs habe im Februar 2007 das Kursziel heraufgesetzt und einige Monate später eine Kapitalerhöhung begleitet. Auch weitere Analysten mit "anderen wirtschaftlichen Interessen" hätten die Aktie zum Kauf empfohlen.
Sein Partner B. und er hätten da mit ihrer Short-Position erstmal gar nicht gut ausgesehen, obwohl klar gewesen sei, dass das Unternehmen "eine plumpe Täuschung" betrieb und "dass es irgendwann peng macht". Straub sagt in bitterem Ton: "Es wundert mich sehr, dass ich jetzt im Gefängnis sitze und nicht Goldman Sachs oder sonst irgendjemand".