Finanzkrise EZB kämpft um Vertrauen unter den Banken

Wer vertraut noch wem an den Finanzmärkten? Vor Weihnachten pumpte die EZB beinahe eine halbe Billion Euro in die Geldkreisläufe - doch heute erreichen die kurzfristigen Einlagen bei der Zentralbank erneut Rekordniveau. Immerhin: Die Lage Italiens hat sich entspannt.  
Baustelle Euro-Zone: Die EZB hat alle Hände voll zu tun, die Geldmärkte flüssig zu halten

Baustelle Euro-Zone: Die EZB hat alle Hände voll zu tun, die Geldmärkte flüssig zu halten

Foto: DPA

Frankfurt am Main - Die Einlagen der Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB), die so genannte "Angstkasse", haben eine neue Rekordmarke erreicht. Die Geldinstitute des Euro-Raums hinterlegten per 27. Dezember 452,03 Milliarden Euro bei der EZB als eintägige Einlagen mit einer Verzinsung von 0,25 Prozent, wie die Notenbank am Mittwoch mitteilte. Damit überschritten die Einlagen der Geschäftsbanken das am Vortag verzeichnete Rekordniveau von 411,81 Milliarden Euro.

Bereits in der vergangenen Woche waren die Einlagen stark gestiegen, nachdem die EZB den Banken knapp eine halbe Billion Euro für die ungewöhnlich lange Kreditlaufzeit von drei Jahren zur Verfügung gestellt hatte. Die EZB hofft, dass mit dem Geld die Kreditvergabe der Banken untereinander wieder in Gang kommt und sich die Lage an den Finanzmärkten insgesamt beruhigt.

Einen ersten Erfolg kann die EZB offenbar schon verbuchen: Die Renditen für italienische Anleihen haben sich dank der Geldschwemme fast halbiert. Italien konnte am Mittwoch in einer Auktion fast elf Milliarden Euro erlösen und musste je nach Laufzeit nur zwischen 3,25 und 4,85 Prozent bezahlen.

Nach Ansicht von Anleihe-Händlern ist das ein bitternötiges Zeichen für mehr Vertrauen. Der Markt war zuletzt fast zum Erliegen gekommen. Auch Europas Aktienhändler sahen das positiv. In Mailand kauften sie kräftig und ließen den Leitindex MIB um bis zu 1,2 Prozent steigen. In Frankfurt drehte der Dax vorübergehend ebenfalls ins Plus.

Monti braucht weiteres Geld

Der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der auch das Wirtschaftsministerium führt, will in den ersten drei Monaten des neuen Jahres weitere 40 Milliarden Euro erlösen. Die Vorzeichen dafür stehen gut. Für eine kurzfristige Sechs-Monats-Tranche boten die Investoren Italien sogar mehr als 15 Milliarden Euro an, es nahm aber nur neun Milliarden Euro. Dieser Trend könnte anhalten. Das positive Resultat der Auktion drückte auch die Rendite für zehnjährige Anleihen Italiens, an der sich der Markt orientiert.

Nach Ansicht eines Bankers, dessen Institut Italien bei der Platzierung der Anleihen am Mittwoch half, hat die massive Hilfe der EZB Italien auf die Beine geholfen. "Das funktioniert indirekt, weil die hervorragende Versorgung der italienischen Banken mit Liquidität durch die EZB eine der Hauptsorgen genommen hat", sagte er. Die EZB hatte den Banken zuletzt fast 500 Milliarden Euro für drei Jahre geliehen. Damit wollte sie einer Kreditklemme zuvorkommen.

Bundesbank verteidigt ungewöhnliche Stützung der Banken

Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der im EZB-Rat als Gegner von Stützungsmaßnahmen für Staaten bekannt ist, verteidigte die drastischen Hilfen für die Banken. "Es ist eine Überbrückungshilfe für die Banken, die erst dann wieder gefestigt dastehen können, wenn die Staatsschuldenkrise überwunden ist", sagte Weidmann dem Magazin "Stern". Zwar sei es "eine ungewöhnliche Maßnahme, auch in dieser Höhe", sie sei aber notwendig, um "den Kreditfluss in der Wirtschaft in Gang zu halten".

Laut EZB-Präsident Mario Draghi hatte die prekäre Lage der Banken zuletzt auch einschneidende Wirkung auf die Geldpolitik und damit auf die Kreditversorgung von Haushalten und Unternehmen. Die EZB versucht durch den Leitzins, über den sie einmal im Monat im Frankfurter Eurotower entscheidet, die Wirtschaft zu steuern. In zwei Schritten hatte die Notenbank den Leitzins seit Draghis Amtsantritt im November überraschend stark auf nun 1,00 Prozent gesenkt. Doch Draghi macht sich weiter Sorgen: "Das Geld zirkuliert einfach nicht" in der Wirtschaft, sagte er.

cr/apd

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