Neue Zugeständnisse Börse und NYSE kämpfen um Fusion

Deutsche Börse in Frankfurt am Main: Weitere Zugeständnisse wie ein Verkauf von Teilen des lukrativen Derivategeschäfts dürften die Ertragskraft schwächen
Foto: dapdFrankfurt am Main - Beide Konzerne boten am Donnerstag unter anderem den Verkauf von weiteren Unternehmensteilen an, um aus Brüssel grünes Licht für ihren neun Milliarden schweren Zusammenschluss zum weltgrößten Börsenbetreiber zu erhalten. Der Abschluss des Geschäfts, das ursprünglich bis Ende des Jahres in trockenen Tüchern sein sollte, zieht sich wegen des neuen Börsen-Angebots mindestens bis Februar 2012 hin.
Die Konzerne hatten der EU bereits Mitte November angeboten, sich von einem Teil des Geschäfts mit Aktien-Derivaten zu trennen und ihre Abwicklungstochter Eurex Clearing für Konkurrenten zu öffnen. Sie konnten die Bedenken der Kommission damit aber nicht ausräumen - und legten deshalb nun noch mal nach.
Die EU will vor allem die Marktmacht von Börse und Nyse im Handel mit Optionen und anderen Derivate-Papieren beschneiden. Die Konzerne bieten der EU nun den Verkauf von weiteren Derivate-Geschäften auf Einzelaktien an. Firmenkreisen zufolge stehen unter anderem die entsprechenden Geschäfte der Nyse-Tochter Liffe in London zum Verkauf.
Die Deutsche Börse wollte sich nicht dazu äußern, in welchen Ländern und Regionen Teile des Derivate-Handels abgestoßen werden könnten. Dem Käufer der Geschäfte bieten die Konzerne zudem an, diese über ihre Derivate-Abwicklungsanstalt abzuwickeln. Zudem verpflichten sie sich, Konkurrenten eine Lizenz für die Einführung von Zinsderivaten für das Eurex-Handelssystem zu erteilen. "Die vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen sollen die verbliebenen Bedenken der Generaldirektion Wettbewerb in den Bereichen Derivatehandel und Clearing adressieren, zugleich jedoch die überzeugende industrielle Logik der Transaktion wahren", erklärten beide Fusionsparteien in einer Mitteilung.
Deal steht auf der Kippe
Ob die neuen Angebote reichen, um grünes Licht von den Wettbewerbshütern zu bekommen, ist nach Einschätzung von Experten jedoch weiter offen. "Die überarbeiteten Zugeständnisse sollte die Bedenken der EU-Kommission weiter abschwächen", sagte Equity-Analyst Philipp Häßler. Er schätzt die Chancen, dass die Fusion am Ende durchgeht, mit 50 zu 50 ein. Häßler geht wie sein Kollege Matthias Dürr von der DZ Bank geht davon aus, dass die Zugeständnisse die künftigen Geschäftsperspektiven der fusionierten Börse nicht übermäßig beschneiden würden.
Dürr geht davon aus, dass die Unternehmen dadurch weniger als fünf Prozent ihrer Umsätze verlieren würden. Die Aktie der Deutschen Börse (Kurswerte anzeigen) legte knapp ein Prozent zu. Der Widerstand der EU, die nun bis zum 9. Februar abschließend über den Zusammenschluss entscheiden will, gilt als größte Hürde auf dem Weg zu der vor zehn Monaten angekündigten Börsenfusion. Allerdings muss auch das hessische Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde der Börse noch zustimmen.
Francioni von zwei Seiten unter Druck
Der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) hat kürzlich "börsenrechtliche Bedenken" gegen die Fusion angemeldet und die Unternehmen aufgefordert, Vorschläge zur Behebung der bestehenden Bedenken vorlegen. Kritiker fürchten, dass es durch die Fusion zu einem Ausverkauf des Finanzplatzes Frankfurt kommt und dass die Amerikaner früher oder später die Macht an sich reißen.
Börsen-Chef Reto Francioni beteuert dagegen, das Machtverhältnis sei ausgewogen und Frankfurt werde vom Zusammenschluss profitieren. Er steht bei den Verhandlungen von zwei Seiten unter Druck: Auf der einen Seite muss er der EU Zugeständnisse machen, um aus Brüssel grünes Licht für die Fusion zu bekommen. Auf der anderen Seite gibt es bei den Aufsehern und einigen Mitarbeitern Sorgen, Francioni werde zu hohe Auflagen akzeptieren. Das könnte nicht nur die Ertragschancen des fusionierten Konzerns einschränken, sondern auch den Finanzplatz Frankfurt schwächen.