Chinesische Währung Deutsche Firmen verhelfen Yuan zu Weltrang

Auf dem Weg zum Weltgeld: Rote Banknoten mit Mao-Porträt
Foto: PETAR KUJUNDZIC/ REUTERSHamburg - "Wichtig für uns war, von Anfang an dabei zu sein", sagt Ralf Küpper. Und das sind sie jetzt mit der Sparkasse Aachen, als erste Sparkasse, die in Deutschland Konten in der chinesischen Währung Renminbi (deren wichtigste Zähleinheit Yuan heißt) anbietet. Große Landesbanken fragten in Aachen nach, wie man das macht.
"Die Resonanz der Kunden ist geteilt", räumt Küpper ein, Berater für internationales Geschäft. Doch immerhin: Selbst in der kleinen Aachener Region, auf die sich die Sparkasse beschränkt, fanden sich innerhalb eines Monats schon mehrere mittelständische Unternehmen, die von der Sparkasse Renminbi-Konten einrichten ließen. Wegen der strengen chinesischen Kapitalkontrollen laufen über diese Konten nur Handelsgeschäfte. "Sie können damit nicht wild spekulieren", erklärt Küpper, "da hatten wir auch schon Anfragen."
Nicht nur Printen und Pillen aus dem Rheinland werden jetzt in Yuan gehandelt. Die chinesische Währung mausert sich zum Aufsteiger des Jahres. Chinas Führung, wirtschaftlich längst eine Großmacht, will nun auch monetär zum Global Player aufsteigen. Auf dem G20-Treffen im französischen Cannes im November hofft sie darauf, dass der Renminbi künftig in die Berechnung der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds aufgenommen wird - als Basis für eine neue Weltwährungsordnung, die den US-Dollar als Leitgeld ablöst. Für diesen Zweck sieht der Fünfjahresplan bis 2015 die schrittweise Freigabe der Währung vor.
Die Erlaubnis von Handelsgeschäften in Yuan ist der erste große Schritt der Liberalisierung. Im vergangenen Jahr machte der Renminbi-Handel 506 Milliarden Yuan (58 Milliarden Euro) aus, bescheidene 2,5 Prozent des chinesischen Außenhandels. 2011 dürfte sich das Volumen mindestens versechsfachen. Besonders profitiert davon die Deutsche Bank , die nach eigenen Angaben rund ein Drittel dieser Geschäfte weltweit abwickelt.
"Deutsche Unternehmen haben dadurch zahlreiche Vorteile", erklärt Deutschbanker Ardalan Gharagozlou, Leiter des Währungsgeschäfts für Kontinentaleuropa. "Sie können jetzt Geschäfte mit chinesischen Unternehmen abschließen, die bisher nur begrenzt Zugang zu Fremdwährungen hatten, und erweitern dadurch ihre Zulieferer- und Kundenbasis." Die Übernahme des Wechselkursrisikos mache den Abschluss von Geschäften einfacher.
Dim-Sum-Bonds, der letzte Schrei am Anleihenmarkt
Seit Jahresbeginn bietet das Frankfurter Institut Renminbi-Konten in deutschen Filialen an, wöchentlich kommen etwa 20 neue Konten hinzu. Die Commerzbank , die Landesbank Baden-Württemberg und die HypoVereinsbank haben inzwischen nachgezogen - und eben die Sparkasse Aachen. Die Commerzbank zählte jüngst in einer Informationsrunde für Kunden in Düsseldorf mehr als 600 Teilnehmer, die LBBW verweist besonders auf die Bedeutung für "exportorientierte baden-württembergische Mittelständler".
Eher etwas für Großkonzerne ist der nächste große Liberalisierungsschritt: auf Yuan lautende Anleihen, die außerhalb des chinesischen Festlands begeben werden (bisher ausschließlich in Hongkong). Die nach kantonesischen Leckerbissen "Dim-Sum-Bonds" getauften Schuldscheine sind der letzte Schrei am Rentenmarkt. Seit Jahresbeginn wurden Anleihen für 120 Milliarden Yuan (13,8 Milliarden Euro) ausgegeben. Im Gesamtjahr 2010, als private Unternehmen erstmals Renminbi-Anleihen begeben durften, waren es noch 36 Milliarden Yuan.
Wiederum zählen deutsche Unternehmen zu den Vorreitern. Im Mai nahm der Volkswagen-Konzern mit seinen ersten Dim-Sum-Bonds 1,5 Milliarden Yuan für seine chinesischen Werke ein, die bis dahin größte Summe für ein ausländisches Unternehmen. In der vergangenen Woche legte Bosch Siemens Hausgeräte mit einer Zwei-Milliarden-Yuan-Anleihe nach, die erste Anleihe überhaupt für das Gemeinschaftsunternehmen von Bosch und Siemens .
Bosch, VW und Siemens sammeln Yuan mit Dim-Sum-Bonds ein
In beiden Fällen begleitete das Düsseldorfer Team von HSBC die Firmen an den chinesischen Kapitalmarkt. Die von Hongkong aus geführte britische Bank ist klarer Marktführer - und bei den zwei deutschen Dim-Sum-Emittenten soll es nicht bleiben. "Der Trend ist ungebrochen", berichtet Claudia Hopstein vom HSBC-Team Debt Capital Markets. "Eine große Anzahl deutscher Unternehmen schaut sich das an."
Die chinesischen Aufseher seien inzwischen sehr entgegenkommend. Bedingungen gibt es aber. Vor allem sollen die eingenommenen Yuan in Festlandchina investiert werden - doch das ist meist im Sinne der Unternehmen.
Bisher werden die gewaltigen Investitionen in China meist aus Ersparnissen der Firmen finanziert, auch ausländische Konzerne setzten vorwiegend Eigenkapital ein. Und selbst klassische Bankkredite sind in China bisher rar, außerdem angesichts des aktuellen Leitzinssatzes von 6,56 Prozent teuer. "Der Anleihenmarkt ist absolut attraktiver als Bankkredite", sagt Hopstein.
Spekulation auf Aufwertungschancen macht Niedrigzinsen wett
Volkswagen beispielsweise bekam seine Yuan-Milliarden für fünf Jahre zu 2,15 Prozent Zinsen, während vergleichbare Euro-Anleihen des Wolfsburger Konzerns mit 3,5 Prozent rentierten. Kapitalmarktneuling Bosch Siemens Hausgeräte zahlt maximal 4 Prozent für siebenjährige Dim-Sum-Bonds. Auch der chinesische Staat profitiert von den günstigen Zinsen auf dem Offshore-Markt. Die Volksrepublik hat im August 20 Milliarden Yuan Schulden aufgenommen. Die zehnjährige Staatsanleihe ging zu nur 2,36 Prozent an die Anleger - und das für ein Hochzinsland, das von den Ratingagenturen schlechtere Noten bekommt als Italien oder Spanien.
Hauptgrund dafür ist die riesige Nachfrage vor allem institutioneller Anleger aus Hongkong nach Yuan-Investments. Nach Angaben der Hongkonger Geldbehörde haben die ersten Liberalisierungsschritte dazu geführt, dass sich bis Juli 572 Milliarden Yuan als private Einlagen in der Sonderverwaltungszone am Perlfluss angesammelt haben - zehnmal so viel wie ein Jahr zuvor. Zugleich fehlt es an rentablen Anlagen, mit der Immobilienfirma Huixian notiert eine einzige Aktiengesellschaft in Yuan. Direkte Geldanlagen auf dem Festland bleiben weiterhin den meisten Anlegern verboten.
Auch aus Europa kommt zunehmend Nachfrage nach Dim-Sum-Bonds - und wieder sind die Deutschen führend. Die Deutsche Bank hat mit dem Offshore Renminbi Bond Index nach eigenen Angaben den ersten investierbaren Index für Dim-Sum-Bonds geschaffen. Von der Allianz kommt mit dem RCM Renminbi Fixed Income der erste Dim-Sum-Rentenfonds. In dem Prospekt, der noch nicht für den öffentlichen Vertrieb freigegeben ist, wirbt die Allianz vor allem mit den "Aufwertungschancen des Renminbi", der als "eine der am stärksten unterbewerteten Währungen der Welt" gelte.
Tatsächlich hat die Chinesische Volksbank, die mit Devisenkäufen von bislang mehr als drei Billionen Dollar den Kurs des Yuan niedrig hält und so chinesische Exporte verbilligt, seit Juni 2010 die Zügel gelockert. In dieser Zeit wertete der Yuan nahezu stetig zum US-Dollar auf, bisher um 6,6 Prozent. Allein aufgrund dieser Aufwertung konnten Anleger also trotz der niedrigen Zinsen profitieren. Zugleich jedoch sattelten die Chinesen auf den Euro als Kaufobjekt um. Trotz der jüngsten Euro-Schwäche hat der Yuan zum Euro in dieser Zeit 8,5 Prozent abgewertet. Wer aus der Euro-Zone Yuan kaufte, hat also Geld verloren.
Für deutsche Unternehmen mit chinesischer Produktion ist der Siegeszug des Yuan dagegen klar eine gute Nachricht. Und auch hierzulande könnte die Expansion Früchte tragen: Insider spekulieren schon, dass nach Hongkong und den bereits angekündigten Plattformen in Shanghai, Singapur und London auch Frankfurt am Main in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Finanzplatz im Yuan-Handel aufsteigen könne.