Die geplanten Reformen von Franz Müntefering sind der SPD zu radikal. Der Generalsekretär will Kandidaten bei Bundes- und Landtagswahlen künftig durch Vorwahlen nominieren lassen, die auch Nicht-Mitgliedern offen stehen sollen.
Berlin - Der SPD-Vorstand vertagte eine Entscheidung über diesen Vorschlag Münteferings bis zum Herbst. Eine Arbeitsgruppe solle bis dahin Pro und Kontra solcher Vorwahlen auflisten, sagte Müntefering am Montag nach der Sitzung des SPD-Vorstands.
Dann solle dem Vorstand ein Beschluss-Vorschlag gemacht werden. Ziel sei es, den Kontakt von Abgeordneten zum Wahlkreis zu stärken. Dafür werde er auch weiter werben, versicherte Müntefering mit Blick auf seine Kritiker. Er ließ aber durchblicken, dass er nicht auf den Vorwahlen beharren werde, sondern auch für andere Lösungen offen sei. Wenn dabei heraus komme, dass SPD-Kandidaten künftig per Urwahl von den Mitgliedern bestimmt würden, habe sich sein Vorschlag schon gelohnt.
Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Peter Struck ist der Vorwahl-Vorschlag nicht durchsetzbar. Dadurch würden die Rechte von Parteimitgliedern entwertet, sagte er im Norddeutschen Rundfunk (NDR). Struck glaubt nicht, dass es dafür eine Mehrheit im Bundestag gibt.
Deutliche Vorbehalte im SPD-Vorstand gab es auch gegen Münteferings Vorschlag, wonach der nächsten Bundestagsfraktion der Partei mindestens zehn "Quereinsteiger" als Abgeordnete angehören sollen. Dieser Punkt wurde aber mit Mehrheit beschlossen.
Verschoben wurde dagegen der Beschluss über die Einführung von Volksbegehren auf Bundesebene. Eine Kommission unter Leitung von Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin soll die Einzelheiten festlegen. Im Herbst will die SPD darüber Gespräche mit anderen Parteien aufnehmen. Die Verankerung von direktdemokratischen Elementen in die Verfassung kann nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament beschlossen werden.
Andere Vorschläge Münteferings zur Parteireform, deren Ziel mehr Mitglieder- und Bürgerbeteiligung sind, fanden hingegen Unterstützung im SPD-Vorstand. So will die Partei die Kommunikation mit der Basis per Internet besser nutzen.