Internet-Cafés Der Branche geht es schlecht
Hamburg - Dienstag Abend 19.00 Uhr: In Berlins größtem Internet-Café, dem "Website" in der Joachimstaler Straße 41, herrscht rege Betriebsamkeit. Die meisten der 50 Terminals mit Internetanschluss sind besetzt. Das Publikum ist zwischen 15 und 60 Jahren alt und kommt aus allen sozialen Schichten.
In stiller Eintracht machen alle das gleiche: Sie blicken gebannt auf die Monitore, ihre Finger fegen in Windeseile über die Tastatur. Für sieben Mark pro halbe Stunde darf gesurft, gechattet, gemailt und im Netzwerk gespielt werden.
Das "Website" liegt kaum einen Steinwurf weg vom Bahnhof Zoo. Für viele Touristen ist dieses Internet-Café deshalb die erste Adresse, um den elektronischen Briefkasten zu checken und eine kurze Mail nach Hause zu schicken. Auch wer sich in Berlins Innenstadt nur einmal ein paar Stunden die Zeit vertreiben will, kommt hierher. Die Lage ist eben günstig.
"Reich wird man mit einem Internet-Café dennoch nicht", stöhnt Timm. Die Einnahmen decken gerade einmal die laufenden Kosten. "Außerdem gibt es keine Langzeitperspektive. Die Technik ändert sich alle zwei Jahre - wer weiß da, ob er in acht Jahren nicht bereits nur von der Gastronomie leben muss", sagt der Unternehmer.
Während Timm mit seinem Umsatz noch einigermaßen zufrieden ist, sieht es in vielen der geschätzten 250 bis 300 anderen deutschen Internet-Cafés nicht so rosig aus. Die schwierige Situation in der Branche bestätigt die Inhaberin des Münchner Internet-Cafés "Times Square Online Bistro", Eva Mrtic. "Allein vom Internet kann ich nicht leben. Die Gastronomie muss mit dabei sein."
Ihrer Meinung nach entscheidet die Lage über das wirtschaftliche Überleben eines Internet-Cafés. Ihr Laden, dicht neben dem Hauptbahnhof gelegen, lebt wie das Berliner "Website" vor allem von den vielen Geschäftsleuten, die auf dem Weg vom oder zum Zug bei ihr vorbeischauen.
Längst sind auch Kaufhäuser auf dem immer enger werdenden Markt der Internet-Cafés vertreten. Die Karstadt AG bietet in 40 ihrer Häuser so genannte Cyberb@rs an. Innerhalb von vier Jahren hat es der Kaufhauskonzern zum Marktführer in Deutschland gebracht.
Den Internet-Cafés bläst aber auch von anderer Seite der Wind ins Gesicht. Öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Jugendzentren bieten den Klick ins Netz mittlerweile zu Dumpingpreisen an. Im Internet-Café der Bochumer Arbeiterwohlfahrt im Jugendfreizeithaus JAWO kostet eine Stunde im Internet zum Beispiel nur eine Mark.
Auch die Wirtschaft hat zwischenzeitlich Internet-Cafés für sich entdeckt. Die Deutsche Bank in Essen und Düsseldorf gewährte bis vor wenigen Wochen Kunden und Nicht-Kunden den Zugang ins Netz. Die Nutzungsdauer war auf eine halbe Stunde begrenzt, der Zugang kostenlos. "Die Bank wollte damit ihren Kunden das Homebanking schmackhaft machen", so Klaus-Peter Schmidt, Sprecher der Deutschen Bank in Düsseldorf.
Allerdings war der Ansturm so gewaltig, dass es immer wieder zu Streit zwischen Dauersurfern und Bankkunden kam. Die Deutsche Bank sah sich daher gezwungen, das Projekt zu kippen und die Internetzugänge wieder für die Öffentlichkeit zu sperren.
Clemens Kurth