Selten einig: FDP-Chef Westerwelle, Finanzminister Schäuble (links)
Foto: DPABerlin - Die FDP-Spitze will es künftig genau wissen. Man werde in den Koalitionsrunden akribisch Protokoll führen und am Ende eines jeden Tagesordnungspunkts vorlesen, was gerade vereinbart wurde, heißt es mit genervtem Unterton aus der Führung der Liberalen.
Hier schüttelt man nur noch den Kopf darüber, dass angeblich kaum mehr interpretationsfähige Vereinbarungen zur Steuervereinfachung im Nachhinein von CDU-Kassenwart Wolfgang Schäuble konstant in Frage gestellt werden. Und dies sogar gegen die eigene Unionsfraktion. So können einfachere Steuerregeln doch noch richtig kompliziert werden.
Für die FDP hat das Thema inzwischen so hohen Symbolwert, dass sie beim nächsten Koalitionsgipfel an diesem Donnerstag nicht locker lassen will, bis das Thema abgeräumt ist. "Alles, was technisch möglich ist", soll an Steuervereinfachungen schon 2011 wirksam werden. Eine goldene Brücke für Schäuble war gebaut: Kassenwirksam sollten die 330 Millionen Euro erst 2012 werden.
Anhebung der Werbungskostenpauschale auf 1000 Euro
Das ist die Summe, um die es geht. Union und FDP hatten Anfang Dezember im Koalitionsausschuss eine Anhebung der Werbungskostenpauschale von 920 auf 1000 Euro im Jahr vereinbart - als eine von 41 Maßnahmen zur Steuervereinfachung. Von der auch Arbeitnehmer-Pauschbetrag genannten höheren Pauschale profitiert nur ein Teil der Steuerzahler, und das auch nur mit wohl drei Euro mehr im Monat.
In der Dezember-Vereinbarung hatten die Koalitionäre - ganz in Vorweihnachtsstimmung - durchaus den Eindruck vermittelt, dass sich die Bürger schon 2011 über die etwas höhere Pauschale freuen können. Auch wenn Schäuble klarstellte, er werde prüfen, was bereits 2011 rückwirkend in Kraft treten könne. Das könnten - so jedenfalls die Darstellung aus dem Hause Schäuble - nur solche Maßnahmen sein, die den Etat 2011 nicht belasten und die technisch umsetzbar sind. Und dies sei bei der Werbungskostenpauschale eben nicht der Fall.
Rückwirkende Anhebung der Pauschale wäre aufwändig
In der Tat wäre eine rückwirkende Anhebung der Pauschale für die Unternehmen recht aufwändig. Die Arbeitnehmer spüren die Pauschale jeden Monat sofort, denn sie ist in die Lohnsteuertabellen bereits eingearbeitet. Würde nun im Sommer die Anhebung beschlossen, müssten Arbeitgeber sämtliche Lohnabrechnungen ändern. Die Kosten für Firmen könnten am Ende höher ausfallen als die 3-Euro-Entlastung für Bürger.
Aus Sicht Schäubles wäre es auch unsolide, Ausgaben des Jahres 2011 mal eben auf das Jahr 2012 zu verlagern. Denn Arbeitnehmer würden vom höheren Pauschbetrag bei rückwirkender Umsetzung 2011 erst im Folgejahr im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung profitieren.
Auch am Montag, kurz bevor Schäuble in Brüssel über die wirklich großen Summen (den 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm) feilschte, ließ der Finanzminister die Koalitionäre auflaufen. Den Kompromissvorschlag, zum 1. Dezember die Neuregelung für 2011 in Kraft zu setzen, schlug Schäuble aus. Die Arbeitgeber hätten dann den Steuervorteil auf die höhere Pauschale über die letzte Lohnabrechnung des Jahres an Beschäftigte ohne Mehraufwand weiterreichen können.
Die Frage ist, wie lange Haushaltssanierer Schäuble auf Prinzipien reitet und es auf die Spitze treibt. Inzwischen blicken alle auf die Kanzlerin. Niemand in der Koalitionsführung kann sich vorstellen, dass Angela Merkel den Streit um 330 Millionen Euro eskalieren lässt.
Erwartet wird, dass sich Schäuble, Merkel und FDP-Minister noch vor der Koalitionsrunde an diesem Donnerstag zusammensetzen und an einer Lösung basteln. Schwelt der Konflikt weiter, müsste Schäuble den Gesetzentwurf samt Zeitplan für die Steuervereinfachungen gegen den Willen seiner FDP-Kollegen im Kabinett einbringen. Unions- und FDP-Fraktion haben für diesen Fall schon klar gemacht, dass sie dann halt im Parlamentsverfahren rasche Steuervereinfachungen durchsetzen werden. Dann wäre Schäuble hart geblieben, hätte aber verloren.
Heimarbeit: Wer ein Arbeitszimmer zuhause hat, kann von den Aufwendungen dafür künftig 1250 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen, wenn für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bisher konnte das Homeoffice steuerlich nur geltend gemacht werden, wenn es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellte. Die Neuregelung gilt rückwirkend ab 2007.
Wachwechsel: Künftig gibt es keine Lohnsteuerkarten mehr. Die Karte für 2010 behält für den Übergang ein Jahr länger ihre Gültigkeit, bis 2012 das geplante elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren eingeführt wird. Wer während dieser Phase Änderungen etwa der Lohnsteuerklasse eintragen lassen will, muss sich künftig nicht mehr ans Meldeamt, sondern ans Finanzamt wenden.
"Familienzuwachs oder sonstige steuerrelevante Änderungen der persönlichen Verhältnisse müssen dennoch auf der Steuerkarte eingetragen werden", sagt Steffi Müller, Präsidentin der Steuerberaterkammer Sachsens. "So werden die Steuern korrekt berechnet und Nachzahlungen vermieden."
Hin und Her: Nach der aktuellen Gesetzeslage sind Zinsen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund von Einkommensteuererstattungen vom Staat gezahlt werden, steuerpflichtige Kapitaleinkünfte. Zinsen jedoch, die aufgrund von Steuernachzahlungen zu entrichten sind, können steuerlich nicht abgesetzt werden. Der Bundesfinanzhof nun hat diese Regelung verworfen und die Erstattungszinsen ebenfalls als nicht steuerbar eingestuft.
Diese Rechtsprechung wiederum wird durch eine aktuelle Gesetzesänderung aufgehoben, so dass die Erstattungszinsen wieder steuerpflichtig sind. "Bemerkenswert ist dabei, dass der Gesetzgeber die Anwendung dieser Gesetzesänderung auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle anwenden will", sagt Harald Elster, Präsident des Steuerberaterverbandes Köln. "Diese Ungleichbehandlung und Rückwirkung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und bedarf der verfassungsrechtlichen Überprüfung."
Steuerflucht: Eine Selbstanzeige ist künftig nur noch strafbefreiend, wenn die hinterzogenen Steuern aller noch nicht verjährten Zeiträume offenbart werden. "Damit findet ein Paradigmenwechsel statt", sagt Steuerexperte Elster. "Bisher bestand die Möglichkeit einer Teilselbstanzeige. Mit der Einbeziehung aller strafrechtlich nichtverjährten Veranlagungszeiträume sowie Steuerarten steigt in einem ganz erheblichen Maße das Risiko einer unabsichtlich fehlerhaften Selbstanzeige."
Zinsen, Dividenden, Kursgewinne: Wer Kapitalerträge auf verschiedenen Konten verbucht, sollte seinen Steuerfreibetrag geschickt darauf verteilen. Wichtig: Ab Anfang 2011 müssen die Freistellungsaufträge mit der Steuer-ID-Nummer versehen werden. Vor diesem Stichtag gestellte Aufträge bleiben zunächst auch ohne die ID wirksam, schreibt Steuerberater Christian Westhoff aus Nordkirchen bei Hamm in einer Rundmail. Sie sollen ihre Gültigkeit ab 2016 verlieren, wenn der Bank bis dahin keine Steuer-ID vorliegt.
Rechte Tasche, linke Tasche: Im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen, speziell der Handwerkerleistungen, kann noch für 2010 der Steuerbonus von 20 Prozent der Arbeitskosten, jedoch höchstens 6.000 Euro, auch dann geltend gemacht werden, wenn für die Maßnahme öffentliche Gelder oder zinsverbilligte Darlehen in Anspruch genommen wurden. Einzige
Ausnahme war bisher das durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau
geförderte CO2-Gebäudesanierungsprogramm.
Um eine Doppelförderung zu
vermeiden, werden künftig weitere öffentlich geförderte Maßnahmen von
dieser Steuerermäßigung ausgeschlossen. Beispiele sind die energetische Renovierung oder altersgerechtes Umbauen. Die Änderungen gelten erstmals für Leistungen, die im Jahr 2011 erbracht werden.
Verlustgeschäfte: Steuerexperte Westhoff macht noch auf eine weitere Änderung aufmerksam. Demnach wird der Verkauf von Gerbrauchsgegenständen wie Gebrauchtwagen künftig aus dem Anwendungsbereich der privaten Spekulationsgeschäfte herausgenommen. Damit soll erreicht werden, dass die bei solchen Geschäften anfallenden Verluste steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden können, so Westhoff. Die Regelung gilt allerdings nur für zu veräußernde Gegenstände, die nach Inkrafttreten erworben werden.
Grund zum Lächeln: Paare, die im kommenden Jahr Nachwuchs erwarten, sollten dem Partner, der später zuhause bleiben möchte, frühzeitig die Steuerklasse III zuweisen. So erhöht sich die Bemessungsgrenze für das spätere Elterngeld. Der Wechsel kann sich für den weiter arbeitenden Partner allerdings auch nachteilig auswirken, etwa bei plötzlicher Arbeitslosigkeit oder längerer Krankheit.
Private Rente: Im kommenden Jahr sind die Beiträge für die Altersvorsorge als Vorsorgeaufwendungen zu einem höheren Anteil als bislang von der Steuer absetzbar. Dies gilt für Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung, für berufsständische Versorgungswerke und für Rürup-Verträge (Basisrente).
2011 können 72 Prozent der Vorsorgebeiträge abgesetzt werden, maximal jedoch 20.000 Euro bei Singles, 40.000 Euro bei Verheirateten. In den kommenden Jahren steigt dieser Anteil sukzessive an im Jahr 2025 sind nach Angaben des Finanzvertriebs MLP die gesamten Vorsorgeleistungen steuerlich absetzbar.
Ehrensache: Ab 2011 gibt es für ehrenamtliche Vormünder, rechtliche Betreuer und Pfleger eine spezielle Steuerbefreiungsvorschrift. Die Aufwandsentschädigung dieser Personen bleibt dann wie die Einnahmen von Übungsleitern bis zu einem Betrag von 2100 Euro im Jahr steuerfrei.
Kompliziertes Steuerrecht: Im Koalitionsvertrag war noch von einer Wiedereinführung der Abzugsfähigkeit der Steuerberatungskosten die Rede - bislang ist daraus aber nichts geworden. Laut Kölner Steuerverbandspräsident Elster wäre durch diese Abzugsfähigkeit keineswegs nur sein Branche im Vorteil. "Die Nichtberücksichtigung belastet alle Bürger, die aufgrund der schwierigen Steuergesetze die steuerberatenden Berufe aufsuchen müssen", sagt er.
Heimarbeit: Wer ein Arbeitszimmer zuhause hat, kann von den Aufwendungen dafür künftig 1250 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen, wenn für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bisher konnte das Homeoffice steuerlich nur geltend gemacht werden, wenn es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellte. Die Neuregelung gilt rückwirkend ab 2007.
Foto: CorbisWachwechsel: Künftig gibt es keine Lohnsteuerkarten mehr. Die Karte für 2010 behält für den Übergang ein Jahr länger ihre Gültigkeit, bis 2012 das geplante elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren eingeführt wird. Wer während dieser Phase Änderungen etwa der Lohnsteuerklasse eintragen lassen will, muss sich künftig nicht mehr ans Meldeamt, sondern ans Finanzamt wenden.
"Familienzuwachs oder sonstige steuerrelevante Änderungen der persönlichen Verhältnisse müssen dennoch auf der Steuerkarte eingetragen werden", sagt Steffi Müller, Präsidentin der Steuerberaterkammer Sachsens. "So werden die Steuern korrekt berechnet und Nachzahlungen vermieden."
Grund zum Lächeln: Paare, die im kommenden Jahr Nachwuchs erwarten, sollten dem Partner, der später zuhause bleiben möchte, frühzeitig die Steuerklasse III zuweisen. So erhöht sich die Bemessungsgrenze für das spätere Elterngeld. Der Wechsel kann sich für den weiter arbeitenden Partner allerdings auch nachteilig auswirken, etwa bei plötzlicher Arbeitslosigkeit oder längerer Krankheit.
Foto: CorbisPrivate Rente: Im kommenden Jahr sind die Beiträge für die Altersvorsorge als Vorsorgeaufwendungen zu einem höheren Anteil als bislang von der Steuer absetzbar. Dies gilt für Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung, für berufsständische Versorgungswerke und für Rürup-Verträge (Basisrente).
2011 können 72 Prozent der Vorsorgebeiträge abgesetzt werden, maximal jedoch 20.000 Euro bei Singles, 40.000 Euro bei Verheirateten. In den kommenden Jahren steigt dieser Anteil sukzessive an im Jahr 2025 sind nach Angaben des Finanzvertriebs MLP die gesamten Vorsorgeleistungen steuerlich absetzbar.
Kompliziertes Steuerrecht: Im Koalitionsvertrag war noch von einer Wiedereinführung der Abzugsfähigkeit der Steuerberatungskosten die Rede - bislang ist daraus aber nichts geworden. Laut Kölner Steuerverbandspräsident Elster wäre durch diese Abzugsfähigkeit keineswegs nur sein Branche im Vorteil. "Die Nichtberücksichtigung belastet alle Bürger, die aufgrund der schwierigen Steuergesetze die steuerberatenden Berufe aufsuchen müssen", sagt er.
Foto: Corbis