Altersvorsorge ETF-Sparpläne haben Tücken

Entspannter Ruhestand: Viele Sparer setzen bei der Altersvorsorge auf den Aktienmarkt - doch wer per ETFs auf den breiten Markt setzt, muss genau auf die Kosten schauen
Foto: CorbisDas Ticken der Zeitbombe hört jeder. Die Rentenlücke, das wurde den Bundesbürgern in den vergangenen Jahren immer wieder eingetrichtert, wird kommen. Fast jeder künftige Rentner wird im Ruhestand weniger in der Tasche haben als bei Überweisung seines letzten Nettogehalts. Wegen der ungünstigen demografischen Entwicklung in den kommenden Jahrzehnten dürften die staatlich geleisteten Altersbezüge weiter absinken.
Schlimmer noch: Wie das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DAI) in einer Studie vorrechnete, knabbert auch noch eine andere Konstante an der Kaufkraft der zukünftigen Privatiers: die unterschätzte Gefahr der Inflation. Die schlägt insbesondere bei personalintensiven Dienstleistungen im Pflegebereich und der Gesundheit zu, die überdurchschnittlich von einer Geldentwertung betroffen sein dürften.
Die Rentenlücke für ein typisches Rentnerpaar erhöhe sich daher "um bis zu 179 Euro im Monat auf 508 Euro", folgert das DAI. Andere Schätzungen bescheinigen dem Durchschnittsdeutschen gar Einbußen von weit über 40 Prozent des letzten Bruttoeinkommens - wer nicht bis zum vorgeschriebenen Renteneintrittsalter von 67 arbeiten will, muss mit noch härteren Abschlägen rechnen.
Wie hoch die Abschläge prozentual auch ausfallen mögen: Gesetzliche und gegebenenfalls betriebliche Rentenbezüge reichen nicht mehr aus. Deswegen wurde unter der Regierung Schröder die sogenannte Riester-Rente aus der Taufe gehoben, die staatliche Anreize für die private Altersvorsorge gibt. Fast 14 Millionen Bundesbürger "riestern" inzwischen.
ETF-Boom: Das Jahrzehnt der Indexfonds
Ob als fondsgebundene Riester-Rentenversicherung oder als klassischer Sparplan: Bei der privaten Altersvorsorge setzen viele Sparer auf Renditechancen am Aktienmarkt. Dabei erfreut sich eine neue Fondsgattung unter Anlegern steigender Beliebtheit: Die sogenannten Indexfonds (Exchange Traded Funds), die in den vergangenen Jahren boomten wie kein anderes Investmentsegment.
Mit gerade einmal zwei Indexfonds von der Barclays Tochter iShares startete der Handel an der Deutschen Börse im April 2000. Inzwischen sind dort mehr als 680 Produkte mit einem Gesamtvolumen von mehr als 130 Milliarden Euro gelistet. Zu iShares haben sich weitere Emittenten gesellt, wie die Deutsche Bank-Tochter DB X-Trackers, die französische Lyxor Asset Management, die zur Société Générale gehört, sowie der Commerzbank-Ableger Comstage.
Weltweit waren laut BlackRock Asset Management Ende April 2189 Indexfonds gelistet - der ETF-Markt ist zum Billionen-Markt avanciert.
"Exchange Traded Funds haben den entscheidenden Vorteil, dass sie transparenter sind im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds, da sie einfach nur den zugrunde liegenden Index abbilden", erklärt etwa Chris Plomitzer, Global Head of ETF/ETC Sales & Advisory bei Unicredit . " Die Performance wird nicht über aktive Entscheidungen beeinflusst, sondern folgt der Performance des zugrunde liegenden Index."
Viele Sparer, die für das Alter vorsorgen wollen, vertrauen zudem lieber auf den breiten Markt als auf die individuellen Entscheidungen eines einzelnen Fondsmanagers. Die aktiv gemanagten Investmentfonds, die durch ihre Selektion versuchen, den Markt zu schlagen, scheitern schließlich oft genug am Wunsch nach Outperformance. Immer weniger können Untersuchungen nachweisen, dass die meisten Fonds den Vergleichsindex nicht schlagen - je nach Studie bleiben 75 bis 85 Prozent der Investmentfonds hinter ihrer Benchmark zurück.
Bei Sparplänen mit kleinen Raten lauern höhere Kosten
Dabei kosten passiv verwaltete ETFs, die die Entwicklung eines Index wie den Dax , Dow Jones oder MSCI World abbilden, mit einer Managementgebühr von oft deutlich unter einem Prozent erheblich weniger als aktiv gemanagte Investmentfonds, die mit Ausgabeaufschlägen von bis zu 5 Prozent die Renditeaussichten des Anlegers zunichtemachen können. Besonders für langfristige Sparer, die über viele Jahre Vermögen aufbauen wollen, fallen solche Kostenunterschiede stark ins Gewicht.
Sind die Index-Abbilder ETFs also der Königsweg zum langfristigen Anlegererfolg? "Der Kunde hat via Sparplan die Möglichkeit, passiv den Markt zu erhalten", erklärt Unicredit-Analystin Plomitzer, die aber auch zu bedenken gibt, dass sich die Basisinvestments beim Vermögensaufbau "immer nach den Anlagewünschen und nach dem Risikoappetit des Anlegers" richten.
Auch jeder Rücksetzer wird mitgemacht
Für Gerd Bennewirtz, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung SJB, überwiegen indes die Risiken: "Wer dem Index folgt, ist zu 100 Prozent investiert und macht jede Bewegung voll mit." Das war erst schmerzhaft vor zwei Jahren zu beobachten, als der deutsche Aktienindex Dax im Zuge der weltweiten Finanzkrise binnen nur sechs Monaten um mehr als 40 Prozent einbrach - für Besitzer eines Dax-ETF eine traumatische Erfahrung.
Allerdings wirkten die Kräfte beim Aufschwung der vergangenen eineinhalb Jahre entsprechend auch andersherum: "Eine gute Rendite erwirtschaftet, wer in Abwärtsbewegungen die Verluste minimiert und in Aufwärtsbewegungen voll punktet. Im ersten Fall haben aktiv gemanagte Investmentfonds Vorteile, im zweiten Fall indexbasierte ETFs und indexorientierte passive Investmentfonds", fasst Bennewirtz zusammen, der aber der aktiv gemanagten Assetklasse den Vorzug geben würde. "In der langfristigen Perspektive zahlt sich die Markterfahrung guter Fondsmanager aus", meint Bennewirtz.
Kleine ETF-Sparpläne teurer als erwartet
Doch noch ein anderer Faktor kann gegen ETFs sprechen - gerade als Sparplan, der vom Durchschnittskosteneffekt (Cost Average Effect) der regelmäßigen Einzahlung profitiert. Vorausgesetzt, Ausgabeaufschläge oder verdeckte Kosten fressen nicht die Rendite auf.
Bei einigen Banken, die ETFs als Sparplan anbieten, kommen aber solche Kosten hinzu, wie Bennewirtz vorrechnet: "Für Privatinvestoren kann der angestrebte Kostenvorteil von ETFs aufgehoben oder sogar umgekehrt werden. Das ist der Fall, wenn - wie etwa bei Maxblue - nicht nur eine "Prämie" von 0,4 Prozent auf den Einzahlungsbetrag erhoben wird, sondern auch eine zusätzliche "Pauschalgebühr" in Höhe von 2,50 Euro pro Sparrate und WKN. Bei einer monatlichen Investition von 50 Euro ergibt sich eine Belastung von 5,4 Prozent. So wird aus dem Cost Average Effect ein Cost Leverage Effect."
Bei Sparern, die in kleinen Raten sparen, ist die durchschnittliche Kostenquote entsprechend hoch. Darauf hat kürzlich auch das Institut für Vermögensaufbau (IVA) in einer Studie hingewiesen.
Demnach sind regelmäßige Einzahlungen von 25 Euro im Schnitt mit 7,7 Prozent Order- und Handelsplatzgebühren verbunden. Bei Sparraten von 50 Euro belaufe sich die durchschnittliche Kostenquote auf immer noch happige 4,7 Prozent. Bei der Durchschnittsrendite von knapp 7 Prozent, die Dax-Aktien nach dem Zweiten Weltkrieg p.a. einfuhren, bliebe demnach keine bis kaum Rendite über.
Die comdirect Bank hat aus diesem Grund ihr Angebot für Sparpläne auf ETF überarbeitet. Seit August 2010 entfällt die bisherige Grundgebühr in Höhe von 2,50 Euro, Ausgabeaufschläge werden nicht berechnet. Eine Sparplanausführung für ETFs kostet 1,5 Prozent des Ordervolumens, maximal 4,90 Euro. Anleger mit Sparraten zwischen 25 und 200 Euro - und das ist der Großteil der Kunden - können damit deutlich günstiger investieren als bisher.