
Gold-ETFs Flaggschiff oder Papierboot?
Hamburg - Gold ist ein Mythos, dessen Ursprünge irgendwo in der Antike liegen. Ob Jasons goldenes Vlies oder der sagenhafte König Midas - ging es um Reichtum und Macht, ging es Jahrhunderte immer auch um Gold. Das ist auch noch heute so. Doch heute ist ein Investment in Gold auch nüchternes Kalkül: Als Schutz vor Währungsschwankungen beispielsweise oder vor Inflation. Oder aus reinem Renditestreben. All das sind Faktoren, über die Anleger heute nachdenken. Mittlerweile werden Goldinvestments aus so vielen Gründen getätigt, dass die Bandbreite der Anlagegründe inzwischen sogar selbst als Preistreiber gilt.
"Was Gold anbelangt, gibt es eine Reihe von Faktoren, die den Preis beeinflussen", sagt zum Beispiel Frances Hudson, für globale Strategien bei Standard Life Investments verantwortlich. "Es ist allerdings nicht wie beispielsweise Öl an das Wirtschaftswachstum gebunden. Der praktische Nutzen von Gold liegt etwa in der Schmuckindustrie oder auch einigen Handykomponenten. Es wird aber auch als eiserne Reserve genutzt. Und das zieht Investoren an."
So haben die neuen Großinvestoren dieser Anlageszene, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF), zum Ende Juli dieses Jahres über 2000 Tonnen Gold gehalten, schreibt die Assetmanagement-Gesellschaft Altira in ihrem aktuellen Marktbericht. Zum Vergleich: Bei 2575 Tonnen lag die Minenproduktion im Vorjahr. Allein der weltgrößte Gold-ETF, der SPDR Gold Trust, vermeldete am 14. September Zuflüsse von sechs Tonnen, heißt es in einem aktuellen Bericht der Commerzbank.
Bei solchen Werten könnte man meinen, dass die althergebrachten Investmentarten rund um das Gold in Vergessenheit geraten wären. Oder von den großen ETFs in das Abseits gedrängt. Ganz so ist es aber nicht. "Aktien von Goldminenunternehmen können gegenüber dem reinen Goldinvestment Zusatzchancen bieten", sagt zum Beispiel Ute Speidel, die bei Altira einen Rohstofffonds verwaltet. "Die Unternehmen sind derzeit recht günstig bewertet, erwirtschaften so hohe Margen wie selten zuvor und verfügen über einen extrem hohen Bestand an Finanzmitteln. Das sind Beispiele für Einflussfaktoren, die ein Investment in Goldaktien vom reinen Goldinvestment differenzieren."
Gold als ETF, als Fonds? Wer sich für einen ETF entschieden hat, sollte dessen Konstruktion genauer anschauen. Denn zumeist handelt es sich beim vermeintlichen ETF um ein ETC, ein Exchange Traded Commodity. Das klingt zwar ähnlich, ist es im Endeffekt aber nicht: Während der eine ein Fonds ist und damit entsprechend insolvenzfest, ist der andere rechtlich gesehen eine Schuldverschreibung und damit dem Risiko der Insolvenz des Emittenten ausgesetzt.
Abgesehen davon gibt es Produkte, die nach ETF klingen, aber fern dessen Charakter sind. Denn Gold-ETC, um es präzise zu fassen, sollen den Goldpreis abbilden. Doch bestimmte Konstrukte lehnen sich an einem Korb aus Goldminenaktien an, dem Amex Goldbugs. Und auch ansonsten ist nicht alles Gold, was glänzt.
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"Bei passiven Instrumenten auf Gold muss zunächst unterschieden werden, ob tatsächlich eine Deckung mit Gold vorliegt, wie zum Beispiel beim Xetra Gold oder ETFS Physical Gold oder Julius Bär Physical Gold Fund oder nicht", kritisiert Speidel. Als Manager, die auf Aktien statt auf ETFs setzt, ist klar, dass sie gewisse Vorliebe hat. Dennoch sollte ihre Kritik nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Zwar bieten die meisten ETCs eine phyische Hinterlegung an, eine Art Absicherung. Die einen über phyisches Gold, das in Banktresoren lagert, die anderen über Buchgold, verbriefte Ansprüche also. Bislang allerdings ließen sich Kunden nur selten in Gold auszahlen. Doch was geschähe bei einer Panik?
Dennoch locken die Vorteile der ETCs noch immer Investoren an. "Mit einem risikokontrollierten Ansatz sind passive Instrumente wie ETC die beste Wahl", sagt Thomas Uhlmann, Geschäftsführer des auf passive Strategien spezialisierten Fondshauses Avana. "Sie erlauben es, zu günstigen Kosten die Allokation in ganze Rohstoffsektoren dynamisch zu steuern und damit das Investitionsrisiko für den Anleger gegenüber dem Direktinvestment in einen Rohstoffindex oder einen einzelnen Rohstoff deutlich zu senken."
Umso wichtiger für Anleger, sich über die künftige Entwicklung des Goldpreises eine Meinung zu bilden. "Gold hat 2010 sicherlich seine Reputation als sicherer Hafen mit Leben gefüllt", sagt Philip Klapwijk, Vorstand des auf Edelmetalle spezialisierten Datenlieferanten GFMS. Aber das ist eben nicht der einzige Aspekt, der den Goldpreis treibt. Oder drückt. Und von der Goldpreisentwicklung dürften alle Goldinvestments betroffen sein - auch die ETFs.