Enbw Warum ein Stromversorger Schuhe verkauft
Karlsruhe - Europas größter Straßenschuhhersteller bekommt einen kräftigen Energieschub. Die Karlsruher Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) will die Mehrheit bei der Kornwestheimer Salamander AG übernehmen. EnBW-Chef Gerhard Goll hat mit dem beabsichtigten Einstieg einen Überraschungscoup gelandet. Doch der Schritt passt zur Strategie des aufstrebenden Energieversorgers, der mit seiner Billigstrommarke "Yello" bundesweit den Strommarkt aufgemischt hat.
Im Blickpunkt ist das Salamander-Filetstück, die profitable Dienstleistungstochter Deutsche Industriewartung AG (DIW). Schon 1998 war die EnBW mit einer Sperrminorität von 25,1 Prozent bei der Muttergesellschaft Salamander eingestiegen. Seitdem ist sie wie der Heidenheimer Maschinenbaukonzern Voith mit je 24,9 Prozent an der DIW beteiligt. Salamander hält 50,2 Prozent.
Für die EnBW ist die DIW ein wichtiger Erfolgsfaktor im hart umkämpften liberalisierten Energiemarkt. Die DIW (Umsatz 1999 rund 630 Millionen Mark) gilt als eines der bedeutendsten Unternehmen in der technischen Dienstleistung. Das Spektrum reicht von der Wartung, Inspektion und Instandsetzung über die De- und Remontage von Maschinen und Anlagen, die technische Reinigung und Gebäudereinigung bis hin zum Kraftwerkservice und der Umwelttechnik.
Der Wettbewerb erfordert schnelles Handeln. Die bisherige Beteiligungsstruktur bei der DIW dürfte da eher hinderlich gewesen sein. Mit der anstehenden Umstrukturierung - EnBW hält über Salamander dann 50,2 Prozent und Voith 49,8 Prozent der DIW-Aktien, wobei die Voith-Experten die unternehmerische Führung haben - sollen vorhandene Kompetenzen gebündelt und die unternehmerische Führung gestrafft werden.
Auf eine Zerschlagung des Schuh- und Dienstleistungskonzerns mit einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden Mark im Jahr 1998 - wie es Kleinaktionäre seit dem Einstieg der EnBW befürchten - müsste dies nicht unbedingt hinauslaufen.
Seit Strom in Supermärkten verkauft wird, könnte für die EnBW das Netz der Salamander-Filialen durchaus hilfreich sein. Denn der "Störenfried auf dem Strommarkt", der sich vorbehaltlich der kartellrechtlichen Genehmigung mit dem französischen Staatskonzern EdF verbündet, hat noch einiges vor.
Während EnBW-Chef Goll sein Unternehmen mit derzeitigem Acht-Milliarden-Mark-Umsatz beim Industriekundengeschäft mit individuellen Dienstleistungen für Branchen und Unternehmen schon ganz gut positioniert sieht, strebt er beim Privatkundengeschäft eine Ausweitung an.
Dabei geht es keineswegs nur um Strom. An den Mann oder die Frau gebracht werden könnten in Schuhgeschäften neben Stromschnäppchen auch Dienstleistungen wie Powerline oder Haustechnik - von der automatischen Heizungsabschaltung bis zum ferngesteuerten Rolladen.
"Lurchi" meets "Yello" - bei Salamander hat man schon reagiert. Statt "Camel Boots" verkauft man künftig Schuhe der Marke "Yello Miles".