Private Finanzen Geldanlegen nach der Rezession

Eins, zwei, drei, vier, viele: Anleger können zahlreiche Assetklassen ins Portfolio nehmen - aber welche sind jetzt die richtigen?
Foto: ? John Gress / Reuters/ REUTERSHamburg - "Wer jetzt noch attraktive Renditen mit Aktien erzielen will, muss schon genau hinschauen oder auf erneute massive Notenbankinjektionen hoffen", sagt Eberhard Weinberger. Ansonsten, so der Vorstand der DJE Kapital AG, hat die Börse den Aufschwung schon vorweggenommen.
Tatsächlich stieg der Aktienmarkt zwischen März 2009 und Frühjahr 2010 um mehr als 60 Prozent. Seither allerdings stagniert die Börse. Der deutsche Leitindex Dax etwa stößt sich seit Monaten immer wieder bei etwas mehr als 6200 Punkten den Kopf. Der US-Index Dow Jones hat seit dem Hoch von mehr als 11.000 Punkten im April sogar schon wieder deutlich nachgegeben. Der Index tritt derzeit bei rund 10.500 Punkten auf der Stelle.
Grund sind die Risiken, die nach wie vor für die Wirtschaft in den USA und weltweit bestehen. Generell gilt die ganz große Krise zwar als überstanden. Die Weltwirtschaft etwa befindet sich nach der Rezession wieder auf Wachstumskurs. Und auch die deutsche Wirtschaft legt nach Einschätzung von Experten in diesem Jahr mit 2 Prozent oder mehr wieder solide zu.
Die Unwägbarkeiten bleiben aber: Die hohen Staatsschulden zum Beispiel, die viele Länder dies- und jenseits des Atlantiks - etwa die USA - angehäuft haben. Die möglichen Kreditausfälle, die Banken noch bevorstehen könnten. Die starken Schwankungen bei den Wechselkursen ebenfalls. Oder Überhitzungen in anderen Regionen der Welt, etwa in China.
Schwellenländer haben die besseren Wachstumsaussichten
Besondere Vorsicht ist laut Weinberger vor dem Hintergrund auch künftig am US-amerikanischen Aktienmarkt geboten. Von den USA war vor rund drei Jahren die große Krise ausgegangen - und noch immer, so die Einschätzung des Anlageexperten, hat sich an den Ursachen, die seinerzeit ausschlaggebend waren, kaum etwas geändert. "Einer der Auslöser der Finanzkrise war die prekäre Verschuldungssituation in den Vereinigten Staaten", sagt Weinberger. "Seitdem wurden die Schulden aber nicht abgebaut. Im Gegenteil: Sie wurden lediglich vom privaten auf den öffentlichen Sektor verlagert und durch zusätzliche Schulden ergänzt."
Nach Ansicht von Weinberger sollten Anleger am Aktienmarkt daher die USA meiden und ihr Glück vor allem in Fernost suchen. "Schwellenländer wie China verfügen nach wie vor über deutlich bessere Wachstumsaussichten", sagt er. "Das wird sich mittel- bis langfristig auch in besserer Kursperformance niederschlagen."
Als Beimischung empfiehlt Weinberger deutsche Exportwerte mit starkem Bezug zu Schwellenländern sowie starke Dividendentitel. "Die Dividendenrenditen im europäischen Telekomsektor liegen zum Teil im Bereich von knapp 10 Prozent", so der Fachmann. "Die Papiere sind damit attraktiver als entsprechende Unternehmensanleihen."
Auch Stefan Freytag, Vorstand der Wilhelm von Finck AG, rät zu gezielter Aktienauswahl. "Die breiten Märkte werden weltweit auf absehbare Zeit wohl eher seitwärts tendieren", sagt er. "Lediglich bei Papieren, die einen der großen globalen Trends abbilden, ist mit größeren Kursgewinnen zu rechnen." Zu diesen Trends zählt Freytag neben der weiterhin positiven Entwicklung der Emerging Markets - vor allem jener in Asien und Lateinamerika - die Themen Klimawandel und neue Technologien. Freytag glaubt allerdings generell noch nicht an ein Ende der Krise und rät daher grundsätzlich zu einer sehr sicherheitsorientierten Ausrichtung des Portfolios.
Anleihen: Vorsicht vor den Langläufern
Ohnehin ist solches Stockpicking nicht Jedermanns Sache. Nur: Wer nach Alternativen jenseits der Börse sucht, hat es auch nicht leicht. Die Möglichkeit beispielsweise, das Vermögen zur Bank zu bringen, erscheint nicht sehr attraktiv. Die Zinsen von Festgeld & Co. verharren nach wie vor auf niedrigem Niveau, wie etwa ein Blick auf den Index der Finanzberatung Max Herbst (FMH) zeigt .
Ähnlich sieht es am Anleihemarkt aus. Für Staatsanleihen gilt: Entweder der Anleger geht ein hohes Risiko ein, Stichwort Staatsverschuldung, Stichwort PIIGS, oder er muss sich, wie im Falle von Bundeswertpapieren, mit niedriger Verzinsung zufrieden geben. "In Frage kommen bestenfalls Anleihen von bonitätsstarken, führenden Unternehmen wie Siemens oder RWE", sagt Vermögensverwalter Willi Brand, Chef von HWB Capital. "Anleger sollten allerdings kurze Laufzeiten von maximal fünf Jahren wählen, weil bei anziehender Konjunktur mit steigenden Zinsen und damit mit Kursverlusten bei Langläufern zu rechnen ist." Laut Brand ist auch bei den kurzlaufenden Unternehmensanleihen allerdings lediglich 2 bis 3 Prozent Verzinsung zu erzielen - kaum mehr als beim Festgeld also.
Rohstoffe: Der Gold-Chart löst böse Erinnerungen aus
Auch andere Assetklassen locken nicht eben zum Einstieg. Zum Beispiel Gold, das in den vergangenen Monaten immer teurer wurde. Die Folge: Ein Blick auf den Chart lässt nun kaum noch Gutes erwarten. Ähnlich steil zeigten schon viele Kursverläufe nach oben - kurz bevor es zum jähen Absturz kam.
Etwas besser sieht es bei anderen Rohstoffen aus. Mit dem Ölpreis etwa geht es trotz anspringender Konjunktur zwar bislang kaum voran. Der Markt könnte allerdings demnächst Impulse aus Fernost bekommen. China habe die USA als weltweit größten Energieverbraucher überholt, meldete kürzlich die Internationale Energie Agentur (IEA). Der Ölverbrauch der fernöstlichen Wirtschaftsmacht liegt zwar noch weit hinter dem der USA. Er steigt jedoch rasant, wie das Plus von 10 Prozent im Juni dieses Jahres gegenüber dem Vorjahresmonat belegt.
"Die Nachfrage aus China wird sich positiv auf die Preisentwicklung auswirken", schreibt Ole S. Hansen, Rohstoffexperte der dänischen Saxo Bank, in einem aktuellen Marktkommentar. Der Öl-Preis bewege sich zurzeit in einem schmalen Korridor und werde überwiegend vom Dollar und den Entwicklungen am Aktienmarkt bestimmt.
Immobilien: Die Krise kommt mit Verzögerung
Uneinheitlich erscheint die Lage auch auf dem Immobiliensektor. Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise endete auf den Gewerbeimmobilienmärkten in vielen Ländern ein regelrechter Boom, in dessen Verlauf mit viel Liquidität eine Preishausse betrieben worden war. Das war zum Beispiel in den USA und Großbritannien der Fall, aber auch im Großteil Kontinentaleuropas sowie in Teilen Asiens.
Seit dem auf diesen Hype folgenden Preissturz zu Beginn der Krise haben sich die Märkte zwar vielerorts wieder einigermaßen erholt. Auch die Vermietungen kommen mit der anspringenden Konjunktur wieder in Gang, so dass Investments in den Immobiliensektor zum gegenwärtigen Zeitpunkt in bestimmten Fällen reizvoll sein können.
Vielfach sind sie jedoch mit erheblichen Unwägbarkeiten behaftet, wie ein Blick auf die offenen Immobilienfonds zeigt. Die Auswirkungen der Krise machen sich dort erst mit Verzögerung bemerkbar. Viele Fonds müssen ihre Anteile daher gegenwärtig zum Teil erheblich abwerten. Und viele Anleger müssen das untätig beobachten, weil die Fonds sie nach wie vor nicht an ihr Geld lassen.
Fazit: Ein "Geheimtipp" und eine vernünftige Strategie
Was also tun am Ende der Krise? Wohin mit dem Geld, welches ist die aussichtsreichste Anlage? "Wenn man schon taktisch anlegen möchte, dann sollte man nach Möglichkeiten zu antizyklischem Investieren suchen", rät Hannes Peterreins, Vermögensverwalter aus München. "Rohstoffe, Gold oder deutsche Immobilien scheinen dazu derzeit eher nicht geeignet zu sein, da viele Investoren in diese Richtung denken."
Der Experte glaubt dagegen, dass auf dem US-Immobilienmarkt gegenwärtig gute Chancen besteht. "Speziell der Markt für Baulandprojekte liegt am Boden", sagt Peterreins. "Dort könnte der Zeitpunkt zum Einstieg daher günstig sein."
Das Problem ist allerdings, dass der durchschnittliche Anleger in solche Projekte ausschließlich über Investmentvehikel des grauen Kapitalmarktes investieren kann. Und bei denen ist oft größte Vorsicht geboten, da nicht alle Anbieter vertrauenswürdig sind. "Bei geschlossenen Fonds muss man stets extrem auf der Hut sein", sagt Peterreins.
Die bessere Alternative ist daher aus Sicht des Experten ohnehin, auf kurzfristiges Agieren bei der Vermögensanlage komplett zu verzichten. Das richtige Rezept lautet nach Ansicht von Peterreins stattdessen: Zuerst die langfristigen Anlageziele festlegen, dann die geeigneten Assetklassen sowie deren Gewichtung bestimmen und schließlich die einzelnen Produkte auswählen.
Wer so vorgeht, braucht sich letztlich kaum darum zu kümmern, ob sich die Märkte weltweit in einer Krise befinden. Und auch nicht, ob eine solche Krise gerade endet.