Dax-Geflüster Vorübergehend unterversorgt

Dunkle Wolken über der Energiebranche: Kommt die Brennelementesteuer?
Foto: CorbisAnlegern macht der Dax zurzeit wenig Freude. Das Kursbarometer tritt seit Monaten auf der Stelle. Wer jedoch aufs Detail blickt, erkennt die feinen Unterschiede: Während einige Branchen haussieren, befinden sich andere im Sinkflug.
Zu den Aufsteigern gehören vor allem die Autowerte. Volkswagen , Daimler und BMW zählen zu den Profiteuren der wiedererwachenden Konjunktur. Alle drei melden Absatzerfolge vor allem aus Fernost und den USA. Die Folge: Kursgewinne zwischen knapp 4 Prozent (Volkswagen) und mehr als 20 Prozent (Daimler) in den vergangenen drei Monaten.
Das könnte auch den Dax antreiben. Schließlich kommen die Autobauer, zählt man auch MAN dazu, auf einen Anteil von mehr als 10 Prozent am Portfolio des Leitindex.
Das Problem ist nur: Auch andere Branchen sind im Dax stark vertreten - und von denen haben einige in letzter Zeit erheblich Federn gelassen.
Zum Beispiel die Bank- und Finanztitel. Deutsche Bank , Commerzbank zusammen haben einen Anteil von knapp 6,7 Prozent an der Dax-Zusammensetzung, auf die Versicherer Allianz und Munich Re entfallen gemeinsam 11 Prozent.
Eon und RWE haben Anteil von 15 Prozent am Dax
Angesichts anhaltender Diskussionen um die Regulierung des Bankensektors sowie ständiger Sorgen um Staatsschulden und den Fortbestand des Konjunkturaufschwungs standen diese Titel jedoch in letzter Zeit unter Dauerdruck. "Nachdem die Mehrzahl der Banken mit guten bis sehr guten Zahlen zum ersten Quartal aufwarten konnte, begannen die Märkte immer stärker die enorme Unsicherheit hinsichtlich des Bankenumfelds zu reflektieren", sagt Michael Seufert, Analyst bei der NordLB.
Die Folge: Verluste von mehr als 11 Prozent seit Anfang April - abgesehen vom Papier der Commerzbank, das sich als einziges zuletzt wieder merklich erholen konnte.
Besonders belastend wirkt auf den Dax aber die Performance der Versorgeraktien. Die Schwergewichte Eon und RWE bringen es zusammen auf einen Anteil von mehr als 15 Prozent am Index - und auf Kursverluste von minus 17 Prozent (RWE) und minus 19 Prozent (Eon) im Zeitraum von April bis Anfang Juli.
Grund für den Kursrutsch der Energiekonzerne war Experten zufolge vor allem die Diskussion der vergangenen Wochen auf politischer Ebene, Stichwort Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, Stichwort Brennelementesteuer. "Wegen der mehr als zwei Milliarden Euro, die eine solche Steuer die Branche jährlich kosten soll, sind die Aktien heftig abgestraft worden", sagt Analyst Stipo Bralo von der SEB Bank.
Analysten sehen Potenzial für Kursgewinne
Die gute Nachricht lautet jedoch: Die Analysten sind optimistisch, dass der Druck auf die Aktien künftig nachlassen wird - und zwar sowohl bei Finanztiteln als auch bei Versorgern.
"Die Chancen auf Erholung bei den Bankaktien stehen gut", sagt Manfred Jakob von der SEB Bank. "Die Gründe dafür sind, dass die Konjunktur unserer Einschätzung nach robust bleiben dürfte und die Kapitalmärkte weitere Gewinnchancen zulassen. Zudem kommen Regulierungsvorhaben meist längst nicht so scharf beziehungsweise nicht so schnell, wie sie diskutiert werden."
Dunkle Wolken verziehen sich
Ähnlich klingen die Statements zu den Energiekonzernen. "Wir sehen mehr Potenzial nach oben als nach unten", sagt Analyst Bralo. "Spätestens wenn die Bundesregierung im August oder September eine Entscheidung zu den Laufzeiten und der Brennelementesteuer trifft, dürften die Anleger ihre Unsicherheit ablegen."
Das meint auch Bernhard Jeggle, Analyst bei der LBBW. "Die Abschläge der vergangenen Wochen waren übertrieben und von der regulatorischen Verunsicherung getrieben", sagt er. "Ein Blick auf die historischen Kurs-Gewinn-Verhältnisse belegt die überzogene Reaktion."
Jeggle macht zudem auf den Führungswechsel bei Eon aufmerksam, wo Anfang Mai Johannes Teyssen den Vorstandsvorsitz von Wulf Bernotat übernommen hat. "Im August will Teyssen seine Strategie vorstellen", so der Analyst. "Das dürfte vor allem der Eon-Aktie Auftrieb verleihen, könnte aber auch positiv auf den Sektor ausstrahlen."
Hinzu kommt, dass mit der anspringenden Konjunktur auch der Energieverbrauch in der Wirtschaft wieder steigt - was Eon und RWE ebenfalls zugute kommt.
Kurzum: Die Versorgungslage des Dax könnte sich schon bald wieder bessern.