Investmentausblick 2010 "Gold gegen Inflations- und Finanzrisiken"

2008 war das Katastrophenjahr an der Börse, 2009 erholten sich die Märkte - aber wie wird 2010? Prominente Experten wie Klaus Kaldemorgen, David Milleker oder Ulrich Kater geben exklusiv für manager magazin ihren Ausblick auf das kommende Jahr. Lesen Sie im zweiten Teil unserer Serie, was Profis zum Goldpreis sagen, wie sie über den Euro-Kurs urteilen und ob wir uns vor Inflation fürchten müssen.
Von Arne Gottschalck und Karsten Stumm

Hamburg - Ein turbulentes Jahr 2009 neigt sich seinem Ende entgegen. Der Euro-Kurs schoss auf gut 1,50 Euro  je Dollar in die Höhe, die Goldnotierungen schienen keine Grenze nach oben zu kennen: Eine Feinunze war zeitweise mehr als 1200 Dollar wert. Gleichzeitig machte sich Inflationsangst breit: Wie nur sollten die Volkswirtschaften weltweit die Milliarden der Zentralbanken verdauen, ohne dass ein merklicher Inflationsschub einsetzt? Wähnen die Experten die Gefahren der Notfall- und Krisenjahre 2008 und 2009 zumindest im neuen Jahr 2010 gebannt?

"Es lässt sich feststellen, dass die negativen Auswirkungen der letzten Krise am Finanzmarkt immer noch nicht strukturell gelöst worden sind", sagt Henning von Issendorf, Partner bei Tungsten Capital Management. "Vielmehr leben wir bereits in der nächsten Blase, nämlich einer massiven Überschuldung der Staatshaushalte." Und das wird nach Meinung mancher der befragten Experten schon im kommenden Jahr für Anleger speziell in Euro-Land zu spüren sein.

"Der Dollar wird abwerten, weil die Welt, die das amerikanische Staatsdefizit finanzieren muss, im Hinblick auf die niedrigen Zinsen unruhig wird. Wir rechnen damit, dass der Euro auf neue Höchststände über 1,60 Dollar steigen wird", sagt beispielsweise Klaus Kaldemorgen, Geschäftsführer der DWS, der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank . "Von der Schwäche des Dollars wird vor allem der Euro als nahe liegende Alternative profitieren."

Nach Meinung der befragten Investmentprofis wird die bedrohliche Geldschwemme, bewusst von den Zentralbanken weltweit heraufbeschworen, um die globale Wirtschaft in ärgster Finanzkrisennot kurzfristig zu stützen, die Anleger hierzulande erst in geraumer Zeit merklicher treffen. "Längerfristig könnte sich die Inflationsrate aufgrund der äußerst stimulierenden geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen tatsächlich etwas über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von 2,0 Prozent einpendeln. Von zweistelligen Teuerungsraten gehen wir jedoch nicht aus", sagt Ingo Mainert, Managing Director Allianz Global Investors, der Investmentsparte des Versicherungsriesen Allianz .

Viele Experten warnen deshalb davor, vorschnell auf Gold als sicheres Investment zu setzen. Als Stabilitätsanker in Zeiten gefährlicher Inflationsschübe, die noch gar nicht spürbar seien. "Auf dem Goldmarkt geschieht bereits, was viele Beobachter für den gesamten Finanzmarkt befürchten: Liquidität und die Erwartung weiter steigender Preise treiben die Notierungen immer weiter nach oben", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. "Das wird auch noch weitergehen". Und ergänzt: "Ob diese Entwicklung einmal eine Blase genannt wird, bleibt abzuwarten."

DWS-Geschäftsführer Klaus Kaldemorgen warnt schon jetzt: "Eine Inflation der Vermögenspreise ist durchaus möglich. Profiteure werden dann Anlageklassen wie defensive Aktien, Rohstoffe, Immobilien und inflationsindexierte Anleihen sein", glaubt Kaldemorgen. "Die makroökonomischen Daten signalisieren für 2010 keine stabile und dauerhafte Erholung der Wirtschaft."

Das zeigte auch die Umfrage des manager magazin unter den 80 größten börsennotierten Aktiengesellschaften Deutschlands (Dax  und MDax ). Die Firmenlenker planen vorsichtig für 2010. Für ein weiteres Jahr, um Risiken abzufedern. Und nach Meinung der befragten Investmentprofis sollten auch Anleger so planen. Für ein Hoffnungsjahr eben.

Lesen Sie auf den folgenden Seiten die detaillierten Investmenteinschätzungen prominenter Fondsmanager, Chefvolkswirte und krisenerprobter Vermögensverwalter über mögliche Inflationsgefahren, die Euro-Kursentwicklung und die Rekordjagd des Goldpreises. Der erste Teil unseres zweiteiligen Investmentausblicks 2010 lieferte am Freitag, 18. Dezember 2009, einen Überblick über die mögliche Aktienmarktentwicklung im kommenden Jahr.

François-Xavier Aubry, Manager des Axa-Deutschland-Fonds

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Aubry: Vor dem Hintergrund der voraussichtlich asynchron verlaufenden Rückkehr der Notenbanken zu einer restriktiveren Geldpolitik ist mit einer anhaltenden Schwäche des Dollars zu rechnen. Gegenüber dem Euro schließen wir kurzfristig einen Kurs von 1,55 nicht aus. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich der Trend zum Jahresende umkehrt.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Aubry: Die Inflation bleibt niedrig, in Asien tendieren die Preise jedoch teilweise nach oben. Für die Eurozone rechnen wir über das Jahr 2010 mit einer Inflationsrate von 1,0 bis 1,5 Prozent.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Aubry: Solange die amerikanische Notenbank die Zinsen niedrig hält, bleibt die Liquidität erhalten. Das stützt die Rohstoffe im allgemeinen, auch das Gold.

Jürgen Callies, Leiter Research der Meag

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Callies: Im Schnitt rechnen wir für 2010 mit einem Dollarkurs um die 1,45. Wir lassen Anlageentscheidungen nur sehr begrenzt von Währungserwartungen beeinflussen, da über die Notenbanken und ihre Interventionen die Treffgenauigkeit von Währungsprognosen besonders ungenau ist.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Callies: Wir rechnen in Euroland für 2010 mit einer Inflationsrate von 1,4 Prozent. Das ist eine normale und nicht beängstigende Größenordnung. Besondere Inflationsschutzmaßnahmen stehen aus unserer Sicht hinter einem generell diversifizierten Portfolio zurück, indem sowieso auch Cash, inflationsindexierte Anleihen und Rohstoffe enthalten sein sollten.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Callies: Wie andere Rohstoffe auch wurde Gold als reales Asset zum einen durch den schwachen Dollar getrieben, dieser Effekt dürfte sich in 2010 nicht wiederholen. Zum anderen bietet Gold einen positiven Inflationsschutz und ist als Portfoliobeimischung durchaus interessant. Wir sehen es aber als Beimischung, nicht als Kerninvestment.

Thomas Grüner, Geschäftsführer von Grüner Fisher

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Grüner: Wir erwarten eher einen fester werdenden US-Dollar im Jahresverlauf 2010 und würden die USA in einem globalen Portfolio nur noch sehr moderat untergewichten. Ein Kurs von in der Spitze unter 1,30 US-Dollar würde uns nicht überraschen.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Grüner: 2010 wird weiterhin unter dem Stichwort "Bekämpfen der Krise" laufen. Die von vielen Kommentatoren gesehene deutliche Rückkehr der Inflation wird auch unserer Meinung nach eintreffen, jedoch später als vom Marktkonsens antizipiert. Erst eine höhere Kapazitätsauslastung der Industrie wird einen "echten" Inflationsanstieg bewirken. Die sich erhöhende Geldmenge wird isoliert betrachtet nicht für die befürchteten Preiserhöhungen sorgen. Die Notenbanken werden nicht aggressiv bremsen, sondern eher expansiver als allgemein erwartet bleiben. Man wird sicher nicht unmittelbar nach dem Ende der Finanzkrise bereits eine weitere Krise heraufbeschwören wollen.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Grüner: Gold ist nicht der sichere Hafen, den viele Investoren vermuten. Der Anstieg beim Gold der letzten Jahre war zum größten Teil eine Korrektur der Unterbewertung und verläuft mittlerweile technisch gesehen in Form einer Fahnenstange. Das sollte zur Vorsicht mahnen. Der Goldpreis hat sich in den letzten Jahren auf US-Dollar-Basis rund verfünffacht.

Auch wenn wir bis jetzt noch positiv für die weitere Entwicklung im Gold sind, sollte man seine Gewichtung in diesem Sektor nicht übertreiben. Der Goldpreis weist bereits einige Parallelen mit den Aktienmärkten von 1995 bis 2000 oder der Entwicklung im Ölpreis bis Frühjahr 2008 auf. Eine richtig gute und neue Idee ist ein hoher Goldanteil im Depot für 2010 nicht mehr.

Christoph Hock, Partner bei Tungsten Capital

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Hock: Der offizielle Konsens für den Euro-Raum liegt bei rund 2,5 Prozent Inflation in 2010, wir gehen von einer etwas höheren Inflation im kommenden Jahr aus. Die Teuerungsrate könnte auch 3 bis 4 Prozent steigen. Ich rechne aber in 2010 noch nicht mit einer nennenswerten oder beunruhigenden Hyperinflation.

Langfristig bauen sich aber erhebliche Inflationsrisiken im Finanzsystem auf! Generell kann Inflation durch eine Verknappung des Nachfrage-Angebotsverhältnisses (positive Entwicklung) oder auch durch ein schwindendes Vertrauen in die Währung induziert werden. Bedingt durch die aktuelle Blase (Staatsverschuldung) sehen wir genau in diesem schwindenden Vertrauensverlust die Triebfeder zukünftiger Inflation, besonders im US-Dollar aber auch im Euro. Investoren sollten dementsprechend auch schon 2010 Vorkehrungen bezüglich dieser Risiken treffen und ihr relatives Engagement in Substanzwerten ausbauen.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Hock: Der aktuell steigende Goldpreis ist in sich eine klare Bestätigung des oben beschriebenen Umfeldes und der erheblichen potentiellen Risiken oder Verwerfungspotentiale. Gold ist ein Vermögenswert ohne laufende Rendite, also rein der Angebots- und Nachfragesituation unterworfen. Um es auf den Punkt zu bringen: fundamental erscheint Gold teuer, im Zusammenhang mit dem Risiko von Währungsverwerfungen und zukünftigen Inflationsrisiken ist aber mit einer Fortsetzung des derzeitigen Wertsteigerungstrends zu rechnen.

Klaus Kaldemorgen, DWS-Geschäftsführer

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Kaldemorgen: Der US-Dollar wird 2010 unter der enormen Emission amerikanischer Staatsanleihen und dem damit verbundenen US-Haushaltsdefizit leiden. Hinzu kommen die niedrigen Zinsen, die auch die Anlage in US-Anleihen für ausländische Investoren wenig attraktiv machen. Der Dollar wird abwerten, weil die Welt, die das amerikanische Staatsdefizit finanzieren muss, im Hinblick auf die niedrigen Zinsen unruhig wird. Wir rechnen damit, dass der Euro auf neue Höchststände über 1,60 Dollar steigen wird. Amerikanische Exportwerte und der Goldpreis sollten dann einen deutlichen Aufschwung erfahren. Von der Schwäche des Dollars wird vor allem der Euro als nahe liegende Alternative profitieren. An Stärke gewinnen könnten aber auch Währungen, die an der wirtschaftlichen Stärke Chinas partizipieren, zum Beispiel der australische Dollar.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Kaldemorgen: Angesichts der niedrigen Auslastung der Kapazitäten in der Industrie ist eine starke Zunahme der Güterpreise nicht zu wahrscheinlich. Eine Inflation der Vermögenspreise ist hingegen durchaus möglich. Stark steigende Rohstoffpreise könnten auch die Realwirtschaft betreffen. Der aktuelle Aufschwung an den Kapitalmärkten ist in erster Linie durch die zunehmende Liquidität bedingt. Die makroökonomischen Daten signalisieren keine stabile und dauerhafte Erholung der Wirtschaft. Das Wachstum bleibt fragil, so dass eine geordnete Rückführung der überschüssigen Liquidität politisch schwer durchsetzbar sein wird. Profiteure einer möglichen Inflation werden dann Anlageklassen wie defensive Aktien, Rohstoffe, Immobilien und inflationsindexierte Anleihen sein.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Kaldemorgen: Einer der Hauptgründe für die jüngste Rekordjagd war die Sorge um den Verfall des US-Dollars. Auch die Angst vor einer möglichen Inflation in Folge der milliardenschweren Konjunkturprogramme und der damit einhergehenden wachsenden Schuldenberge der Staaten treibt Anleger verstärkt in Sachwerte - und damit auch zunehmend in den sicheren Hafen Gold. Das Edelmetall kann in dieser Hinsicht Schutz bieten, da es nicht von der Geldentwertung betroffen ist. Der Goldpreis birgt auch 2010 weiterhin Kurssteigerungspotenzial.

Zuflüsse in Goldanlagen durch eine zunehmende Liquidität führen zu Preissteigerungen. Eine steigende Präferenz der Finanzinvestoren für das Edelmetall könnte bei diesem relativ engen Vermögensgegenstand daher schnell einen deutlichen Preisschub auslösen. So ist es gut möglich, dass der Goldpreis auf bis zu 1500 Dollar je Feinunze bis Ende 2010 steigt.

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Kater: Im Jahresdurchschnitt 2010 rechnen wir mit einem Euro-Dollar-Wechselkurs von knapp unter 1,50, wobei wir am Jahresende einen Stand von etwa 1,45 erwarten. Das bedeutet, dass man sich aus Währungssicht nicht von Anlage in den Vereinigten Staaten verabschieden muss oder allzu große Sicherungsmaßnahmen ergreifen muss. Die US-amerikanische Volkswirtschaft muss sich in Teilen neu erfinden, das benötigt Zeit. Es wäre aber verfehlt, die US-Wirtschaft abzuschreiben. Sie zählt nach wie vor zu den flexibelsten und leistungsfähigsten Marktwirtschaften der Welt.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Kater: Die Inflationsrate 2010 in Euroland erwarten wir bei 1,4 Prozent. Solange die konjunkturelle Erholung auf wackligen Beinen steht, werden die Notenbanken an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten. Die Deflationsrisiken sind nach wie vor nicht gebannt. Inflation ist aus unserer Sicht für die nächsten Jahre wie auch langfristig kein Thema. Wer trotzdem Ängste vor einer ausgeprägten und dauerhaften Inflation hegt, der kann sein Finanzvermögen wirksam mit Immobilienanlagen, inflationsgeschützten Anleihen und Aktien schützen.

mm : Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Kater: Am Goldmarkt geschieht das, was viele Beobachter für den gesamten Finanzmarkt befürchten: Liquidität und die Erwartung weiter steigender Preise treiben die Notierungen immer weiter nach oben. Das wird auch noch weitergehen. Ob diese Entwicklung einmal eine Blase genannt wird, bleibt abzuwarten. Fest steht gegenwärtig, dass viele Anleger mit dem Kauf von Gold auch einen ganz realen Nutzen verbinden: Sie fühlen sich gegen die Risiken der Inflation und weiteren Problemen im Finanzsystem abgesichert.

Ingo Mainert, Managing Director Allianz Global Investors

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Mainert: Fundamentale Einflussfaktoren wie die Zinsdifferenz sowie die Kaufkraftparität sprechen dafür, dass der US-Dollar gegenüber dem Euro in einer Bandbreite von 1,35-1,45 Dollar fair bewertet wäre. In den letzten Wochen wurden diese Effekte etwas von Carry Trades überlagert, wir gehen aber davon aus, dass Carry Trades an Bedeutung verlieren werden, wenn die US-Notenbank anfängt, die geldpolitische Wende einzuleiten. Dies könnte im Verlauf der zweiten Jahreshälfte 2010 der Fall sein. Daher sollte sich der Kurs des US-Dollars höchstens kurzzeitig abschwächen.

Wir erwarten somit nicht, dass es zu einer Dollarkrise kommen wird - dies auch deshalb, weil es ein großes internationales Interesse an einer stabilen US-Währung gibt. Dieses Basisszenario ist einer der Anker für unsere Anlagestrategie 2010.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Mainert: Die Inflationsraten in Deutschland und Euroland werden 2010 etwas höher liegen als im Jahr 2009. Mit Raten von 1 bis 1,5 Prozent dürfte der Teuerungsanstieg aber immer noch verhalten ausfallen. Gleichzeitig bleiben die Kerninflationsraten aufgrund der generellen Unterauslastung der Produktionskapazitäten auf absehbare Zeit niedrig. Damit steht das Thema Inflation faktisch erst für übermorgen - also für frühestens 2011 - auf der Agenda.

Längerfristig könnte sich die Inflationsrate aufgrund der äußerst stimulierenden geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen etwas über dem Ziel der Europäischen Zentralbank einpendeln. Von einer drohenden Hyperinflation oder zweistelligen Teuerungsraten gehen wir jedoch nicht aus. Bei dem von uns längerfristig für möglich erachteten Teuerungsanstieg auf etwa bis zu 4 Prozent bietet eine strategische Erhöhung der Aktienquote im Portfolio einen guten Schutz vor inflationsbedingten realen Vermögensverlusten. Für inflationsgeschützte Anleihen können sich im Verlauf von 2010 günstige Einstiegszeitpunkte ergeben, derzeit erscheinen sie weniger attraktiv als noch vor Jahresfrist.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Mainert: Derzeit scheinen wir Goldilocks für Gold zu haben. Die Kombination aus historisch niedrigen Zinsen, einer stark ausgeweiteten Geldmenge, Szenariensprünge zwischen Deflation und Inflation, die damit zusammenhängende Unsicherheit und eine negative Korrelation zum US-Dollar - von all dem profitiert derzeit der Goldpreis. Das positive Umfeld für Gold könnte zunächst anhalten, wird im Jahresverlauf Richtung 2011 jedoch unsicherer, wenn die Zentralbanken anfangen, die geldpolitische Wende einzuleiten. Ein kleiner Goldbestandteil kann von Privatanlegern zwar im Portfolio beigemischt werden, nicht zuletzt unter emotionalen Gesichtspunkten.

Langfristig orientierte Anleger sollten allerdings zweierlei bedenken: Erstens wird historisch gesehen die Goldnachfrage zu rund drei Vierteln von der Schmuckindustrie bestimmt, die durchaus preissensitiv ist. Zweitens sind wir nicht davon überzeugt, dass die internationalen Zentralbanken von einer Verkäufer- auf die Käuferseite von Gold überwechseln werden.

David Milleker, Chefvolkswirt bei Union Investment

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Milleker: Der Preisauftrieb, gemessen am harmonisierten Verbraucherpreisindex, wird sich nach unserer Einschätzung 2010 von 0,3 Prozent im laufenden Jahr auf 1,0 Prozent beschleunigen. Ursächlich hierfür ist allerdings der Ölpreis, der sich von seinem Krisenniveau von 35 US-Dollar je Barrel wieder in Richtung der Marke von 80 US-Dollar je Barrel bewegt hat.

Für einen breit angelegten Preisauftrieb fehlt das ökonomische Fundament, insbesondere da deutliche Lohnaufschläge im aktuellen Arbeitsmarktumfeld nicht zu erwarten sind. Mit Blick auf die längerfristigen Risiken, die aufgrund von überreichlicher Geldversorgung der Zentralbanken und deutlich gestiegene Staatsschulden durchaus vorhanden sind, empfiehlt es sich, die Verankerung der Inflationserwartungen im Auge zu behalten.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Müller: Durch den stark gestiegenen Goldpreis steigt das Angebot an Altgold nächstes Jahr. Unserer Einschätzung nach wird dieses hohe Angebot an Altgold den Rückgang des Angebots seitens der Zentralbanken übersteigen. Einen Angebotsengpass an Gold wird es in 2010 daher voraussichtlich nicht geben.

Auf der Nachfrageseite wird die Schmuckindustrie aufgrund des gestiegenen Preises voraussichtlich weniger physisches Gold ordern. Allerdings sehen wir auf der Investorenseite weiter eine hohe Bereitschaft, Gold zu kaufen. Insgesamt halten wir die Preisentwicklung des Goldes nach oben hin für beschränkt und nach unten hin für gut abgesichert. Im Schnitt sehen wir den Goldpreis im Jahr 2010 bei etwa 1000 US-Dollar.

Jeremy Podger, Threadneedle-Aktienchef

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Podger: Wir erwarten keine wesentliche Änderung des Wechselkurses zwischen dem Euro und dem Dollar in den kommenden Monaten. Und im Vergleich zu den Währungen der Emerging Market sind beide wahrscheinlich relativ schwach.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Podger: Mit Kapazitätsauslastung auf relativ niedrigem Niveau und steigender Arbeitslosigkeit in der westlichen Welt, sehen wir Inflation nicht als das Problem des Jahres 2010. Unser Jahr-End-Prognosen sind 1 Prozent für die USA und die Euro-Zone, Null für Japan und 1,5 Prozent für das Vereinigte Königreich. Wir glauben daher nicht, dass die Anleger Maßnahmen zur Absicherung von Inflationsrisiken im Jahr 2010 übernehmen sollte, auch wenn das auf längere Sicht ein Anliegen werden könnte.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Podger: Wir sehen die jüngste Stärke von in Gold nicht als Hinweis auf eine drohende Inflation, sondern vielmehr als eine Folge der westlichen Politik der Zentralbanken und der damit zusammenhängende Phänomen der Zentralbanken ihre Reserven zu diversifizieren weg vom Dollar. Wir erwarten, dass diese Faktoren bestehen bleiben. Da die Opportunitätskosten für die Spekulanten für den Wechsel von Bargeld in Gold unerheblich sind und weil der Goldmarkt relativ eng ist, bietet das Raum für eine weitere Stärke des Goldpreises.

Markus Zschaber, Chef der V.M.Z. Vermögensverwaltung

mm: Mit welchem Dollar/Euro-Kurs rechnen Sie in 2010 im Schnitt - und welche Folgen hat das für Ihre Anlageentscheidungen?

Zschaber: Für mich steht fest, dass die Welt nicht mehr tatenlos zusehen wird, um das gigantische US-Staatsdefizit uneingeschränkt zu finanzieren. Außerdem lockt die Nullzinspolitik nicht gerade neue Investoren an, so dass mein Ausblick für den US-Dollar, wie auch in den letzten Jahren, eine rückläufige Entwicklung zeigt. In meinem Investmentprozess habe ich jegliche US - Dollargewichtung bereits seit dem Jahr 2003 gemieden oder komplett abgesichert, was auch im kommenden Jahr 2010 Fortsetzung finden wird.

mm: Mit welcher Inflationsrate rechnen Sie in 2010? Sollten private Anleger deshalb besondere Inflationsschutzmaßnahmen ergreifen?

Zschaber: Im kommenden Jahr erwarte ich ein inflationistisches Potenzial in der Eurozone von 1,5 bis 1,8 Prozent, also noch ungefährlich, da die Kapazitätsauslastung in der Industrie nach wie vor sehr niedrig ist und somit eine steile Zunahme der Löhne und Güterpreise sehr unwahrscheinlich ist. Auf der anderen Seite sehe ich eine Preisanstiegsgefahr bei Rohstoffen, welche, in Kombination mit der Verschuldungskrise der weltweiten Regierungen, vielleicht schon ab dem Jahr 2011 für ein Comeback höherer Inflation verantwortlich sein kann, sofern sich auch die Kapazitäten wieder sukzessive erholen.

Schutzmaßnahmen vor der Inflation bewerte ich aktuell noch als verfrüht, allerdings könnte sich das ab dem dritten Quartal des kommenden Jahres deutlich ändern. Investmentstrategien wie Immobilien, Rohstoffe oder Industriemetalle, Aktien, inflationsgeschützte Staatsanleihen und auch eventuell Gold können dann auf besonderes Interesse stoßen.

mm: Der Goldpreis ist 2009 stark gestiegen. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?

Zschaber: Solange das internationale Zinsgefüge niedrig und sehr expansiv bleibt, wird weiterhin die dadurch geschaffene Liquidität den Goldpreis stärken können. Unter ökonomischen Sachverstand betrachtet rechtfertigt weder die Angebotsseite noch die Nachfrageseite den derzeitigen Preis. Sollte im kommenden Jahr sukzessive eine Straffung der globalen geldpolitischen Ausrichtung zu vermerken sein, sollte der Goldpreis höheren Schwankungen unterliegen.

Im kommenden Jahr ist Gold für mich aus heutiger Sichtweise erst einmal kein Thema. Zum Ende des nächsten Jahres, wenn auch die inflationistische Entwicklung wieder in den Fokus des Marktes rücken könnte, wird der Charakter des Goldes als Wertaufbewahrungsmittel durchaus wieder eine Rolle spielen können.

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