Gastbeitrag Der Dollar und die Angst der Aktionäre

Weil Amerikas rigide Zinssenkungen den US-Dollar zu einer Niedrigzinswährung gemacht haben, schlagen internationale Investoren daraus mehr und mehr Kapital - zu Lasten des Dollar selbst: Sein Kurs wirkt bereits bedrohlich niedrig. Droht jetzt eine Rückkoppelung des Devisen- auf den Aktienmarkt? Und eine unerwartete Falle für Aktionäre?
Von Thomas Grüner

Hamburg - Die globale und von den USA ausgehende Finanzkrise hat den US-Dollar in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Offen wird über das Ende des Dollars als Leitwährung diskutiert. Und ausgerechnet die Nullzinspolitik der eigenen amerikanischen Notenbank hat die amerikanische Währung immer weiter geschwächt.

Mehr noch: In ihrer letzten Stellungnahme haben Amerikas Währungshüter die US-Notenbank noch einmal betont, dass sie die Leitzinsen auf absehbare Zeit in diesem außergewöhnlich tiefen Korridor belassen will. Ausgerechnet das daraus resultierende Zinsgefälle zu anderen Wirtschaftsräumen wirkt jetzt wie ein Magnet auf Spekulanten.

Sich in den USA kurzfristig zu verschulden ist bereits beliebt, die berühmt-berüchtigten Carry Trades erreichen wieder Rekordvolumina. Anleger nehmen somit vermehrt Kredite in den USA auf und legen die damit erwirtschafteten Mittel höher verzinslich in Euro und vor allem in den Schwellenländern an. Auch Rohstoffe, allen voran Gold, profitieren von dieser Entwicklung.

Den Dollar-Kurs aber drückt dieser Mechanismus nach unten: Dollar werden tendenziell verkauft und parallel alle anderen Anlageklassen und Währungen gekauft. Der Dollar-Kurs sinkt entsprechend, die weitere Entwicklung wird somit maßgeblich von den Notenbanken vorgegeben. Dabei wird schon heute mit dem derzeitigen Kursniveau von rund 1,49 pro Euro heftig über das vermeintlich drohende Ende des US-Dollars diskutiert. Doch dem Kampf gegen die Rezession hat Amerikas Notenbank offenbar alle anderen Ziele untergeordnet.

Bisher scheint diese Strategie auch zu funktionieren. Der Finanzsektor in den USA hat sich spürbar stabilisiert. Die Wirtschaft wächst sogar schon wieder recht kräftig. Nachdem das dritte Quartal bereits mit einer jährlichen Wachstumsrate von mehr als 3 Prozent aufgewartet hat, wird für das Schlussquartal erneut ein Wachstum in dieser Größenordnung vorhergesagt. Doch könnte der starke Ausschlag an den Devisenmärkten nicht bald womöglich einen unangenehmen Einfluss auf die Aktienmärkte haben?

Der Dollar und der Bärkeil

Wer einmal die Korrelation der Dollar-Kurse zu den Aktienmärkten überprüft, bemerkt dabei im Gegenteil Beruhigendes: Einerseits sind die amerikanischen Aktienmärkte seit 1971 in Phasen eines steigenden US-Dollars mit einer Quote von 39 Prozent gestiegen und zu 37 Prozent gefallen. Andererseits Während eines schwachen US-Dollars ist der S&P 500 in 11 Prozent der Zeit gestiegen und mit einer Quote von 13 Prozent gefallen.

Einfach ausgedrückt: Der US-Aktienmarkt steigt und fällt in Zeiten eines schwachen oder auch starken US-Dollars nahezu gleich stark. Es besteht also faktisch kein Zusammenhang zwischen der Stärke oder Schwäche der amerikanischen Währung und der folgenden Entwicklung an den Aktienmärkten. Aber auch das kann Aktienanleger beruhigen. Nicht zuletzt, wenn der Dollar bald schon allein aus charttechnischen Gründen eine Renaissance feiern sollte.

Der Blick auf den Kursverlauf des US-Dollars zum Euro verläuft derzeit nämlich in Form eines sich zuspitzenden Keils - von Charttechnikern daher auch Bärkeil genannt. Parallel dazu wird die jüngste Aufwärtsbewegung des Euro zum US-Dollar von vielen technischen Indikatoren nicht mehr bestätigt. Diese so genannte negative Divergenz mahnt zumindest zur Vorsicht.

Zudem: Der US-Dollar wird wieder einmal von vielen Kommentatoren zu Grabe getragen. Dies spricht eher dafür, dass ein Comeback der US-Währung zunehmend wahrscheinlicher wird.

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