Investmentfonds Der stille Abschied der Stars
Hamburg - Es geschieht am helllichten Tag. Leise, ganz leise ziehen sich die Aushängeschilder der Fondsbranche zurück. Sie wollen keine Stars sein. Sie wollen in Ruhe arbeiten. Ihre Aufgaben bleiben - doch der Glanz nach außen schwindet.
Klaus Kaldemorgen zum Beispiel war für die DWS Anfang 2000 so etwas wie ein Star. Hätte man den gebürtigen Essener damit konfrontiert, hätte er vermutlich nur gequält gelächelt. Nachdem er seinen Vermögensbildungsfonds I über viele Jahre mit viel Geschick gelenkt hatte und zwischenzeitlich sogar zur Werbefigur avancierte, machte die DWS ihn 2006 dann zum Sprecher der Geschäftsführung. Größere Aufgaben für einen erfolgreichen Fondsmanager - der Schritt der DWS beleuchtet einen Trend. Weg vom Star, hin zum Sachwalter.
Die Entwicklung hat mehrere Gründe. Da ist die steigende Transparenz, die Fonds vergleichbarer macht und Fehler ihrer Manager offensichtlicher, ebenso wie die preisgünstigeren Exchange Traded Funds (ETFs) den Druck erhöhen. Da ist die steigende Bedeutung von Kennzahlen und von Teams, die ein blankpoliertes Aushängeschild überflüssig machen. Da ist aber auch die Verantwortung, die gerade mit dem Erfolg einhergeht. Je besser ein Fondsmanager seine Arbeit erledigt, umso interessanter wird er für Anleger - selbst in Zeiten passiver Anlagen wie den ETFs. Umso wichtiger wird so ein Fondsmanager auch innerhalb der Hierarchie eines Unternehmens und umso populärer in der Fachöffentlichkeit. Treten dann Probleme auf, stürzt er tief. Fondsmanager wie Bill Miller könnten davon ein Lied singen - wenn sie denn darüber reden wollten. Doch sie schweigen lieber.
Miller hat über 15 Jahre das geschafft, wovon das Gros seiner Konkurrenten nur träumt. Er hat mit seinem Legg Mason Value Fund den Vergleichsmaßstab stetig geschlagen. Auf den jährlichen Investorenkonferenzen pflegte Miller, im persönlichen Gespräch ein nachdenklicher und offener Mann, die Bühne als Letzter zu betreten. Viele andere Investoren kamen, um ihm zu lauschen. Die Auftritte erinnerten, gewollt oder ungewollt, ein wenig an die Hofhaltung eines etwas ungelenken und dennoch eloquenten Königs.
Doch 2006 folgte - um im Bild zu bleiben - der Sturz. Miller hinkte der Leistung der Konkurrenz hinterher. Die Anleger begannen Geld abzuziehen. Allein 2008 soll das Anlegervermögen durch Mittelabflüsse und Fehlinvestitionen um 30 Prozent gesunken sein.
Ökonomisierung einer Ikone
Für Fondsgesellschaften, deren Gewinn sich vor allem an der Summe der angelegten Gelder bemisst, eine Katastrophe. Besonders, wenn sie börsennotiert sind wie Legg Mason. Miller selbst soll sich inzwischen sogar bei seinen Anlegern entschuldigt haben. Doch wo der Misserfolg ist, sind die Spötter nicht fern. Man munkelte von Millers Jacht Utopia, die ihm angeblich mehr Aufmerksamkeit abverlange als das Fondsmanagement. Und fragte sich, wann er die Regierungsgeschäfte für seinen Fonds denn nun in die Hände von Mary Chris Gay legen wird, die seit Jahren als Thronfolgerin aufgebaut wurde. Wer weiß.
Überhaupt, die Leistung. In den Jahren um die Jahrtausendwende, da war Fondsmanager noch ein schillernder Beruf, spielte in einer Liga mit Investmentbankern. Heute notieren Investmentbanker in der öffentlichen Wahrnehmung nur unwesentlich vor Verbrechern. Und Fondsmanager, nun ja, ihre Arbeit wird immer genauer hinterfragt. Vorbei sind die Zeiten, als deren Wirken noch geheimnisumwittert war.
Nur noch selten wird hinter vorgehaltener Hand geraunt, der eine oder andere hätte ein "Händchen" für deutsche Aktien oder das Währungsmanagement. Von Kosten ist heute die Rede, von Alpha oder von Beta, von Handelssystemen; alles Begriffe, denen nur eines gemein ist - sie machen Leistungen transparenter und vergleichbarer. Und entzaubern damit einen Berufsstand. Kein Wunder, dass sich Mediziner so sehr gegen die Einführung von Onlinebewertungen wehren. Denn auch ihre Leistungen wären damit vergleichbar. Und ihr Mythos dahin.
Ein Mythos, wie ihn zum Beispiel Mark Mobius noch umgibt. Der Sohn eines deutschen und eines puerto-ricanischen Elternteils ist seit fast 40 Jahren vor allem in den aufstrebenden Volkswirtschaften unterwegs - und das im eigenen Flugzeug. Schon früh interessierte sich Mobius, der auch in Japan studiert hatte, für diese Märkte und überredete Franklin Templeton, ein Büro in Hongkong zu eröffnen. Damals eine Pionierleistung, heute Standard. Und er hatte damit Erfolg. Sein Templeton Emerging Markets Fonds war lange ein Vorzeigefonds.
Viel Erfolg, ein Flugzeug und Mobius' exotisches Auftreten - statt der Krawatte trägt er lieber einen Anhänger um den Hals und seinen Schädel rasiert er kahl - das hob ihn aus der Masse der Konkurrenten heraus. Yul Brunner der Wall Street wurde und wird er genannt. Doch inzwischen blättert sein Nimbus. Denn sein Fonds schwächelt. Seit Jahresbeginn hinkt er der Konkurrenz um 5,76 Prozentpunkte hinterher, rechnen die Fondsexperten von Morningstar vor.
Der Adel und die Zukunft
Auch Jim Rogers kann von so einem Nimbus zehren. Der Mann, der mit 38 Jahren bereits ein Vermögen mit dem Quantum-Fonds gemacht hat. Der Mann, der zuerst mit einem Motorrad die Welt umkurvte, dann mit einem quittengelben Mercedes. Der Mann, den sie deswegen auch Indiana Jones der Finanzwelt nennen. Inzwischen hält er Vorträge, genannt wird eine fünfstellige Summe als Entlohnung. Rogers schreibt Bücher und er gibt seinen Namen für den Rohstoffindex "Rici" her, den Rogers International Commodity Index. Die Ökonomisierung einer Ikone?
Die Fondsgesellschaften versuchen das Problem auf ihre Weise zu lösen. Nach außen hin - Stars hin oder her - wird die Stetigkeit des Geschäfts hervorgehoben. "Die Rolle des Fondsmanagers heute, vor zehn Jahren und davor hat sich im Hause Franklin Templeton nicht verändert", sagt zum Beispiel Gabriela Mellen, Sprecherin von Franklin Templeton.
"Während der Portfoliomanager zwar die in der Öffentlichkeit sichtbarste Person darstellt, ist er im Bezug auf die Anlageentscheidungen des jeweiligen Fonds nur ein Glied in der Kette." Und nach innen? Versucht man sich zu arrangieren.
So wie Fidelity.
In deren Reihen stand Anthony Bolton, inzwischen geadelt, rund zwölf Jahre und erfolgreich für die Geschicke des European Growth Fund ein, das Schaustück der Fondsgesellschaft. Seit 2003 ist Bolton nicht mehr dessen Manager. Unter anderem aufgrund dessen zogen Anleger rund zehn Milliarden Euro aus dem Fonds ab. Bolton selbst ist inzwischen Berater Fidelitys - was auch immer das bei einem Haus heißen mag, das über mehr als tausend Investmentprofis gebietet, so die Internetpräsenz des Unternehmens.
Ob Bolton, Miller oder Mobius - Fondsmanager wird es weiterhin geben. Gute wie schlechte. Aber bekannte?