Mannesmann Klaus Esser: Erst den Konzern gebaut, dann verloren
Düsseldorf - Am Donnerstagabend vor einer Woche Uhr steht Mannesmann-Chef Klaus Esser vor einem Scherbenhaufen. Er hat die größte Übernahmeschlacht der Wirtschaftsgeschichte verloren. Sein Konzern, der erfolgreichste private Telekommunikationsanbieter Europas, wird vom britischen Mobilfunkriesen Vodafone geschluckt. Wie er sich fühlt? Esser lächelt gequält: "Es ist wirklich nicht relevant, nach den Empfindlichkeiten eines Einzelnen zu fragen, wenn 130.000 Menschen betroffen sind."
Drei Mal muss Esser an diesem Abend vor den laufenden Kameras seinem Bezwinger, Vodafone-Chef Chris Gent, die Hand schütteln. Drei Mal zwingt er sich zu einem Lächeln.
Esser hat viel verloren. Er machte in den letzten Monaten den Düsseldorfer Traditionskonzern zu einem der ganz Großen in Europas Telekommunikationsszene. In einer atemberaubenden Einkaufstour übernahm Mannesmann unter seiner Ägide die Mehrheit am italienischen Mobilfunkbetreiber Omnitel und den britischen Anbieter Orange und fasste auch im Festnetz immer stärker Fuß.
Kein anderer Telekommunikationskonzern war in Europa so breit aufgestellt. Der Wert des ehemaligen Stahlkonzerns stieg innerhalb weniger Jahre um 1.500 Prozent. Eine Grenze des Wachstums schien nicht in Sicht. Noch schöner für Esser: der Konzern hatte praktisch keine Großaktionäre. Damit war der Manager so nahe am Status eines Eigentümers, wie es einem Vorstandschef nur möglich sein kann.
Die Niederlage schmerzt
Doch genau das erwies sich auch als Achillesferse des immer attraktiver werdenden Konzerns. Plötzlich sah sich Esser im Zentrum des größten feindlichen Übernahmeversuchs der Welt. Vodafone wollte Mannesmann schlucken und Esser wehrte sich mit aller Kraft. Wochenlang reiste der Manager durch die Welt und versuchte, die Aktionäre vom Vorteil eines unabhängigen Mannesmann-Konzerns zu überzeugen. Gleichzeitig verhandelte er hinter verschlossen Türen mit möglichen Verbündeten wie dem französischen Mischkonzern Vivendi und dem Internet-Giganten AOL.
Alles vergeblich: als sich der französische Wunschpartner Vivendi überraschend mit Vodafone verbündete, kippte die Waage zu Gunsten des britischen Mobilfunkriesen. Esser konnte nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Immerhin gelang es ihm den Anteil der Mannesmann-Aktionäre an dem neuen Telekommunikationsriesen in einer letzten Verhandlungsrunde von 47,2 auf 49,5 Prozent heraufzuschrauben. Auch im strategischen Konzept habe sich Vodafone Mannesmann angenähert, betonte er am Donnerstagabend.
Dennoch die Niederlage schmerzt. Fünf Monate lang noch wird Esser als Vorstandsvorsitzender von Mannesmann den Integrationsprozess begleiten. Danach wird er in das Management-Board des neuen Konzerns wechseln als Vorstandsmitglied ohne Geschäftsbereich. Böse Zungen würden das wohl als "Frühstücksdirektor" übersetzen. Beobachter rechnen mit einem baldigen Abschied Esses von seinem Lebenswerk. Kein Wunder also, dass Mannesmann-Chef auf Abruf in der Stunde seiner Niederlage angespannt und verkrampft wirkt. Eine britische Journalistin fasst ihren Eindruck in die Worte: "Das ist ein gebrochener Mann."