Infineon-HV "Alle in einen Sack"
München - Nur äußerst knapp haben die Aktionäre des krisengeschüttelten Chipherstellers Infineon das Management entlastet. Der Aufsichtsratsvorsitzende Max Dietrich Kley erreichte mit 50,03 Prozent Ja- und 49,97 Prozent Nein-Stimmen ein denkbar enges Ergebnis bei der Hauptversammlung am Donnerstag in München. Die restlichen Aufsichtsratsmitglieder wurden mit nur unwesentlich deutlicheren Mehrheiten zwischen 50,9 und 52,9 Prozent entlastet.
Der Vorstand kam auf 61 Prozent der Stimmen, 39 Prozent stimmten gegen eine Entlastung. Eine Nichtentlastung hat keine direkten rechtlichen Konsequenzen, kommt aber einem massiven Misstrauensvotum gleich. Investoren und Aktionärsschützer hatten genau das gefordert. Sie gaben dem Management auf der Hauptversammlung die Schuld am Niedergang des Unternehmens, das seit seinem Börsengang 98 Prozent seines Aktienwertes eingebüßt hat. "Ich zeige dem Aufsichtsrat und dem früheren Vorstand die Rote Karte. Für diese Misere erhalten sie von uns keine Entlastung", hatte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vor der Abstimmung gesagt.
Bauer hatte zuvor schlechte Nachrichten wie einen Jahresverlust von 3,12 Milliarden Euro zu verkünden. Die immer wieder in Aussicht gestellte Besserung sei nicht so eingetreten, wie man sich das das vorgenommen habe, gestand er ein. Zudem dürften die Tage des Unternehmens im Deutschen Aktienindex Dax gezählt sein. Bauer sagte, er könne verstehen, dass viele Aktionäre mit Wut im Bauch gekommen seien. Die äußerte sich teils deftig: "Ich pack den ganzen Aufsichtsrat in einen Sack und hau drauf, dann treff' ich sicher nicht den Falschen", sagte ein Kleinaktionär unter Applaus. Im Zentrum der Kritik stand der Aufsichtsratsvorsitzende Kley. Aktionärsvertreterin Bergdolt forderte seinen Rücktritt: "Machen Sie den Platz frei für junge energische Entscheidungsträger, die dieses Unternehmen retten."
Als eine der zentralen Fehlentscheidungen nannte Bergdolt, dass Infineon seine Tochter Qimonda nicht verkauft habe, als man noch drei Milliarden Euro dafür bekommen hätte. Die Insolvenz von Qimonda und der Absturz der Aktie zum Billigpapier erschütterten selbst den kummergewohnten Infineon-Aktionär, sagte Bergdolt. Auch der Ausblick für Infineon ist schlecht. Im Unternehmen herrscht bereits Kurzarbeit, die auf den Standort München ausgeweitet werden soll. Seine Produktionsstätten sind nur zu 40 Prozent ausgelastet.
Weiterhin sinkender Umsatz
Weiterhin sinkender Umsatz
Für 2009 rechnet es weiterhin mit einem sinkenden Umsatz. Auch die Chefetage beteiligt sich an den Sparmaßnahmen: Bauer verzichtet auf 20 Prozent seines Gehalts, die weiteren Vorstände auf 10 Prozent. Inzwischen schließt der Infineon-Chef vieles nicht mehr aus. Zu möglichen staatlichen Hilfen sagte er, man müsse sehen, inwieweit man davon Gebrauch machen könne. Auch eine Fusion erscheint inzwischen möglich. Zwar betonte Bauer, Infineon könne alleine bestehen. "Aber wir werden, falls es sich anbietet, einen Zusammenschluss prüfen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn wir unsere Marktposition verbessern können, ist das doch allemal positiv." Auch der Einstieg eines Finanzinvestors sei generell möglich.
Die Hauptversammlung genehmigte dem Management die Ausgabe von 225 Millionen neuen Aktien. Zusammen mit bereits genehmigten Erhöhungen würde dies eine Steigerung der Zahl der Aktien um rund 45 Prozent bedeuten. Nach Infineon-Angaben gibt es dafür aber keine konkreten Pläne, zudem ist der Schritt beim aktuellen Kurs der Aktien unter dem Nominalwert von 2 Euro auch nicht möglich. Schon vor Beginn der Hauptversammlung gab es Proteste. Rund 50 Demonstranten der IG Metall protestierten gegen den Ausstieg Infineons aus der Tarifgemeinschaft im vergangenen November.
manager-magazin.de mit Material von ap