Saxobank-Manager Spliid "Paralysierte Banker"
mm.de: Herr Spliid, Ihr Haus sagt für 2009 ein "annus horribilis" voraus, ein Schreckensjahr. Geht es nicht ein bisschen kleiner?
Spliid: Wir gelten in der Branche als notorische Schwarzseher. Aber es gibt genug Probleme, da kann das Jahr ganz schön schrecklich werden.
mm.de: Was macht Sie denn so skeptisch - ansonsten liegt Ihre Analyse ja gar nicht so weit weg von der Konkurrenz. Zuerst etwas Deflation, dann etwas Inflation ...
Spliid: Etwas? Das wird deutlich mehr werden, so gegen 6 bis 8 Prozent. Zumindest ist das ein mögliches Szenario.
mm.de: Und - wie soll man das Geld nun unter diesen Umständen mehren?
Spliid: Sicherlich nicht mit der klassischen Anlagestrategie "buy and hold", kaufen und halten. Dazu wird das Umfeld zu volatil sein. Es wird Gelegenheiten geben, aber die liegen im kurzfristigen Bereich.
mm.de: Ich soll zocken?
Spliid: Sagen wir einmal so - die Paradigmen ändern sich. Nehmen Sie einmal DaimlerChrysler und das Bild der Welt AG, das war seinerzeit modern und angemessen. Heute weiß man, dass das ein Fehler war. Genauso müssen auch Anlagestile hinterfragt werden.
mm.de: Und was bleibt der Welt im Jahr 2009?
Spliid: Das große Enthebeln, das Entflechten und Abwickeln des Leverage. Bürger und Banken bauen ihre Schulden ab, wobei das natürlich von Land zu Land unterschiedlich ist.
mm.de: Beispiel Deutschland?
Spliid: Ein Beispiel, das zeigt, dass einige Länder anders leiden als andere. Die Sparquote der Menschen in Deutschland ist hoch, ihr Verschuldungsgrad gering. Auch die Unternehmen haben weniger Schulden angehäuft als die angelsächsische Konkurrenz. Anders als in den USA, da wird deutlich, dass der Staat weiter Schulden aufbaut. Und damit werden die Probleme nur verschoben.
"Billiges Geld"
mm.de: Das Obama-Programm ist also ein Fehler?
Spliid: Bei diesem Programm gibt es in meinen Augen zwei Szenarien. Das erste: Der Verbraucher ist beeindruckt und geht wieder shoppen. Das zweite: Es bringt nichts - und die Notenpresse wird weiter angeworfen und es wird weiter Geld gedruckt, billiges Geld. Genau die Ursache also, die uns in die aktuelle Krise geführt hat. Die Amerikaner haben damit ihr Pulver bereits verschossen.
mm.de: Herr Spliid, ich nenne Ihnen ein paar Stichworte, und Sie nennen mir Ihren ersten Gedanken dazu. Einverstanden?
Spliid: Ja.
mm.de: Globalisierung.
Spliid: Hat die Welt verändert. Bis in die 80er Jahre war Deutschland ein lokaler Markt, da kam die Welt nicht wirklich vor. Das hat sich dann geändert, nicht zuletzt dank der globalen Finanzströme.
mm.de: Banken.
Spliid: Alle Banker sind paralysiert, keiner wagt es, sich zu bewegen.
mm.de: Basel II.
Spliid: Banken fühlen sich mit Modellen sicherer, vor allem mit bankinternen. Doch das fördert die Mentalität, "wir können alles darstellen".
mm.de: Ratingagenturen.
Spliid: Wie können sie ihre 100-jährige Geschichte so aufs Spiel setzen, die stolze Tradition ist fort. Aus Geldgier sind sie auf den Zug aufgesprungen.
mm.de: Und zu guter Letzt: Vertrauensverlust.
Spliid: Trifft fast alle Banken. Und, um Ihrer Frage zuvorzukommen, die Saxobank weniger. Wir beraten unsere Kunden nicht, das sind selbstständige Anleger, deren Order wir exekutieren.