Thilenius-Kolumne Die neue Finanzarchitektur
Die Bankenkrise hat nach unserer Meinung erhebliche Mängel im Bankwesen offengelegt. Jetzt geht es ans Aufräumen. Besonders ins Auge sticht, dass die Aufsicht über die Banken in vielen verschiedenen Ländern den tatsächlichen Entwicklungen hinterhergelaufen ist. Viele verschiedene nationale Regeln sollten dazu dienen, einer globalisierten Branche Richtlinien vorzuschreiben.
Abhilfe kann nun ein neues Weltfinanzsystem schaffen. Dessen Gründungsveranstaltung soll Mitte November in New York stattfinden. Auf der Tagesordnung dürften vor allem einheitliche Regeln für die Banken rings um die Welt stehen. Wenn alle sich an die Regeln halten und das Schattenbankensystem konsequent abgebaut wird, dürfte sich auch die Branche nach unserer Meinung in überschaubarer Zeit erholen. Dann dürften sich auch die Aktienmärkte besser entwickeln und die Rezession schneller hinter sich lassen, als zurzeit vermutet wird.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war ebenfalls eine Neuordnung des Weltfinanzsystems erforderlich. Damals ging es vor allem um eine Fixierung der Wechselkurse. Dieses System trat 1944 in Kraft und hielt bis zur Aufgabe des Gold-Standards in den USA Anfang der 70er Jahre. Viele sahen dieses System starrer Wechselkurse zunächst als Zwangsjacke für die Entwicklung von Wirtschaft und Börsen. Der Börsenkursentwicklung hat es jedoch nicht geschadet.
In den 25 Jahren zwischen der berühmten Währungskonferenz von Bretton Woods 1944 und dem allmählichen Auslaufen des Wiederaufbaus der Industrieländer etwa ab dem Jahr 1969 ist der Dow Jones von 140 Punkten auf 950 Punkte gestiegen. Damit hat sich der Index in dieser Zeit knapp versiebenfacht. Diese Entwicklung ist nicht unähnlich, wie wir das seit Beginn des modernen Börsenaufschwungs Anfang der 80er Jahre, der auch eine Zeitenwende markierte, erlebt haben.
Ende 1982, also vor 26 Jahren, stand der Dow Jones bei 1000 Punkten, jetzt ist er wieder nach einer leichten Erholung bei 9000 Punkten angekommen. Sowohl im Zeitablauf als auch im prozentualen Anstieg sind die beiden Phasen durchaus vergleichbar.
Die Neuordnung des Weltwährungssystems 1944 hat also zu einem recht langen und kontinuierlichen Anstieg der Börsen geführt. Die jetzt anstehende Neuordnung des Bankensystems rings um die Welt dürfte nach unserer Meinung ebenfalls eine langfristig positive Entwicklung zur Folge haben, ähnlich wie wir sie in früheren Phasen an Umkehrpunkten erlebt haben. Mit einem Abwürgen der Weltkonjunktur durch stärkere Regulierung der Banken und diverse Staatseingriffe ist im Gegensatz zu weitverbreiteten Befürchtungen nicht zu rechnen.
Der langfristige Investor tut gut daran, sich durch die Panik der letzten Wochen nicht von seinen Zielen abbringen zu lassen. Internationale Qualitätswerte mit starker Präsenz in den aufstrebenden Ländern Asiens und Südamerikas, wie zum Beispiel BASF, dürften nach unserer Meinung auch in den nächsten 25 Jahren zu den Gewinnern zählen. Sowohl 1944 als auch 1982 boten sich Einstiegsgelegenheiten aufgrund allgemeiner Verunsicherung und niedriger Bewertung. Heute dürfte es nicht wesentlich anders sein.
Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der Stuttgarter Vermögensverwaltungsgesellschaft Dr. Thilenius Management GmbH. Das Unternehmen unterliegt der BaFin.