Kurssturz Albtraum für Chinas Anleger
Shanghai - Mehr als 11 Prozent hat der wichtigste Aktienindex der Börse in Shanghai, der Shanghai Composite (SSE), in dieser Woche verloren. Das ist der größte Wochenverlust seit 1996. Seit seinem Rekordhoch im Oktober 2007 hat der SSE rund 50 Prozent eingebüßt.
Der Kursrutsch ist die Fortsetzung eines Albtraums, den zahllose chinesische Anleger seit Jahresbeginn erleben: Allein zwischen Januar und März dieses Jahres sind die Kurse bereits um rund 35 Prozent gestürzt, so stark wie an keinem anderen größeren Aktienmarkt der Welt. Zum Vergleich: Der Dax hatte im gleichen Zeitraum 19 Prozent, der Dow Jones um knapp 10 Prozent nachgegeben.
Die Börse in China ist von der weltweiten Kredit- und Vertrauenskrise so stark betroffen, weil die Kurse sich in den vergangenen drei Jahren versechsfacht haben. Nun entweicht die Luft aus der Spekulationsblase - obwohl chinesische Banken praktisch keine Abschreibungen im Zuge der Subprime-Krise vornehmen müssen. Auch die Konjunktur in China, die in den vergangenen Jahren stets mit zweistelligen Wachstumsraten zulegte, dürfte es trotz konjunktureller Abkühlung noch auf ein Wachstum von rund 8 Prozent schaffen.
Aktien in Shanghai teurer als in Hongkong
Das Problem ist die Abschottung des chinesischen Aktienmarkts. Chinesische Privatanleger dürfen ihr Geld lediglich in sogenannten A- und B-Aktien, nicht aber in H-Aktien der Börse in Hongkong investieren. Dies führt dazu, dass A-Aktien eines Unternehmens am Börsenplatz Shanghai zum Teil deutlich höher bewertet sind als die H-Aktien desselben Unternehmens am Handelsplatz Hongkong.
Eine Marktverzerrung mit Folgen. Während des Börsenbooms der vergangenen Jahre hatten immer mehr chinesische Bürger ihre Ersparnisse am Aktienmarkt investiert - in der Hoffnung, noch rechtzeitig vom beispiellosen Boom der Shanghaier Börse zu profitieren.
Da die Sparzinsen in der Regel unter der Inflationsrate liegen und Aktien über Monate hinweg mit spektakulären Kurssteigerungen lockten, wurde Spekulieren zum Volkssport: Bürger investierten auch kleinere Beträge, nahmen Kredite auf, um Aktien zu kaufen. An den Börsenschautafeln der Banken in Shanghai oder Peking bilden sich regelmäßig Menschentrauben.
Petrochina, Alibaba und der Spekulationswahn
IPO von Petrochina zum Höhepunkt des Börsenwahns
Höhepunkte der Spekulationsblase waren die Börsengänge des Öl- und Gaskonzerns Petrochina sowie des Internetanbieters Alibaba Anfang November 2007. Beide Unternehmen starteten mit Kursgewinnen von mehr als 200 Prozent in den Handel.
Petrochina, das überwiegend in staatlicher Hand ist und nur 14 Prozent der Anteile an die Börse gebracht hat, wurde durch den Börsenrausch mit einer Bewertung von mehr als einer Billion Dollar zeitweise zum rechnerisch wertvollsten Unternehmen der Welt. Das war mehr als doppelt so viel wie der US-Konkurrent Exxon Mobil.
Doch am heutigen Freitag ist die Notierung von Petrochina wieder unter den Ausgabekurs von 16 Yuan gefallen. Anleger, die während der Börsenhysterie im November Petrochina-Aktien für rund 45 Yuan kauften, haben binnen weniger Monate zwei Drittel ihres Einsatzes verloren. Auch die Aktie von Alibaba, die im November an der Frankfurter Börse zeitweise mehr als vier Euro kostete, ist inzwischen für 1,10 Euro zu haben.
Ausländer zogen Geld ab
Bereits zum Börsengang von Petrochina zogen zahlreiche ausländische Investoren Geld ab: Während die in Shanghai gehandelte A-Aktie von Petrochina noch rasant stieg, gaben in Hongkong gehandelte H-Aktien von Petrochina bereits nach.
Warnende Stimmen aus dem Ausland gab es genug: Der US-Investor Warren Buffett zum Beispiel verkaufte im November einen Großteil seiner Petrochina-Aktien, in die er seit dem Jahr 2000 eingestiegen war, mit einem Hinweis auf die drohende Überhitzung des Marktes. Seinen Einsatz hatte er mehr als verzehnfacht. Für chinesische Sparer, die in den vergangenen Monaten dem Spekulationsfieber erlagen, ist das ein schwacher Trost.
manager-magazin.de mit reuters
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