Deutsche Börse "Wachstum, Wachstum, Wachstum"
Frankfurt am Main - Die Deutsche Börse will internationaler werden und vor allem in den USA, Osteuropa und Asien wachsen. Dabei gehe es dem Dax-Konzern nicht nur um Übernahmen, wie der Vorstandschef Reto Francioni am Montagabend in Frankfurt klarstellte. "Unsere Maxime für das laufende und die kommenden Jahre lautet: Wachstum, Wachstum und nochmals Wachstum - und zwar im Binnenmarkt ebenso wie im außereuropäischen Ausland", sagte Francioni am Montag laut Redetext auf dem Neujahrsempfang in Frankfurt.
"Je nach Land und je nach Situation wählen wir dafür das am besten geeignete Format - sei es einen Merger, wie im Fall der ISE, oder eine offenere Form der Kooperation, wie im Fall der Bombay Stock Exchange, oder auch den Aufbau lokaler Strukturen", erläuterte Francioni. "Wachsen und im Wettbewerb bestehen können wir nur durch Internationalisierung." Deshalb werde der Konzern seine Produktpalette weltweit gezielt um neue Asset-Klassen und neue Kundengruppen ausweiten.
Ende 2007 hatte der Frankfurter Marktbetreiber die milliardenschwere Übernahme der US-Optionsbörse ISE perfekt gemacht - die erste große Transaktion nach mehreren erfolglosen Anläufen.
Zudem müsse die Börse ihre Kosten im Griff behalten und technologisch ihre Spitzenstellung behaupten. Das sei auch der wesentliche Grund für den Umzug der Büros vom Frankfurter Stadtteil Hausen ins benachbarte Eschborn gewesen, der die Steuerlast massiv drücke. In zwei Schritten soll der Umzug in einen modernen Neubau bis 2010 abgeschlossen sein.
Francioni: Konsolidierung nicht mehr Top-Thema
Nach jahrelangen Bemühungen in der Branche um Börsenfusionen ist die Frage der Konsolidierung Francioni zufolge nicht mehr das alles beherrschende Thema. "Die Frage der Konsolidierung, das ist unsere feste Überzeugung, tritt zunehmend hinter die Frage des Wachstums zurück. Und das ist sicher nicht das Schlechteste", sagte der Vorstandschef.
"Es ist sicher nicht erledigt, aber der Kauf ist die eine Sache, eine erfolgreiche Integration eine andere." Zweimal scheiterte die Deutsche Börse in der Vergangenheit mit ihren Fusionsplänen mit der London Stock Exchange. Auch der Versuch, gemeinsam mit der Vier-Länder-Börse Euronext eine europäische Börse zu schaffen, war fehlgeschlagen.
USA: CME und Nymex führen Übernahmegespräche
Derweil bahnt sich in der weltweiten Börsenlandschaft eine weitere milliardenschwere Übernahme an: Die führende US-Derivatebörse CME will den weltgrößten Energiehandelsplatz, die New York Mercantile Exchange (Nymex), kaufen. Der Preis könnte bei mehr als elf Milliarden Dollar (7,4 Milliarden Euro) liegen. Erste Gespräche habe es bereits gegeben, teilten beide Börsen am Montag in Chicago und New York mit. Nun seien 30-tägige exklusive Verhandlungen vereinbart. Diese befänden sich jedoch noch in einem sehr frühen Stadium. Ein Abschluss sei keineswegs sicher.
Subprime-Krise: Steinbrück warnt vor Hysterie
Francioni zeigte sich besorgt über die anhaltende Unruhe an den internationalen Finanzmärkten infolge der Turbulenzen am Markt für zweitklassige US-Hypothekenkredite (subprime). "Insbesondere der generelle Vertrauensverlust in der Finanzindustrie gibt zu denken." Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnte vor Hysterie: "Wir sollten versuchen, zwischen Verharmlosung, Hysterie und Übertreibung kühlen Kopf zu bewahren und politische Schnellschüsse vermeiden."
Zwar würden sich die Turbulenzen auch auf die Konjunktur in Deutschland und Europa auswirken. Es bestehe aber kein Anlass, von einer Rezession in Deutschland zu reden, betonte der Minister. Steinbrück forderte jedoch erneut mehr Transparenz von den Finanzinstituten: «Wichtigstes Gebot der Stunde ist, reinen Tisch zu machen - und zwar ohne langen Aufschub mit den jetzt vorzulegenden Jahresabschlüssen.»
manager-magazin.de mit Material von reuters und dpa