Kreditkrise Northern Rock im freien Fall

Die Aktie der britischen Bank Northern Rock hat am Montag 40 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Bereits am Freitag war das Papier als Folge der Kreditkrise um ein Drittel eingebrochen. Vor den Filialen der Bank bildeten sich erneut lange Schlangen - die Kunden ziehen massiv Geld ab.

London/Frankfurt - Die schwere Krise der britischen Hypothekenbank Northern Rock hat am Montag eine regelrechte Flucht von Kunden und Anlegern ausgelöst. Hunderte Verbraucher stürmten auch zu Wochenbeginn in die Filialen der fünftgrößten britischen Hypothekenbank an, um ihr Geld abzuheben. Sie fürchten, dass sie ihr Erspartes verlieren könnten, falls die Bank zusammenbrechen sollte.

Der Aktienkurs stürzte daraufhin zwischenzeitlich um fast 40 Prozent ab, der Wert der Aktie lag zeitweise auf 264 Pence. Dabei hatte das Papier schon am Freitag mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Zu Jahresbeginn stand der Aktienwert von Northern Rock bei 1250 Pence.

Ende vergangener Woche hatte die Bank of England dem Institut mit einem Notfallkredit aus einer Liquiditätsklemme geholfen. Der Immobilienfinanzierer hatte wegen der Unsicherheiten auf dem Kreditmarkt kein Geld von anderen Banken mehr bekommen. Vor den 76 Niederlassungen des Instituts bildeten sich daraufhin lange Schlangen von Kunden, die ihr Geld in Sicherheit bringen wollten.

Nach Angaben der BBC musste die Bank in den vergangenen Tagen fast zwei Milliarden Pfund (2,9 Milliarden Euro) auszahlen - das entspricht rund acht Prozent ihrer Einlagen.

Die Krise der Bank schürte auch wieder Ängste vor einer Ansteckung anderer Finanzinstitute. So warnte der frühere US-Notenbankpräsident Alan Greenspan im "Daily Telegraph" vor weiteren Problemen. Nach Einschätzung von Greenspan ist Großbritannien noch stärker als die USA anfällig für eine schwere Hypothekenkrise. Analysten fürchten, dass weitere Institute betroffen sein könnten.

"Im Prinzip ist jede mittelgroße Bank in Gefahr, die bei der Refinanzierung vor allem auf den Kapitalmarkt angewiesen ist", zitierte das "Handelsblatt" einen nicht näher genannten Londoner Investmentbanker. In Deutschland waren die Mittelstandsbank IKB und die SachsenLB von den Turbulenzen erfasst worden, die ihren Ursprung in der Krise des US-Immobilienmarkt haben.

"Kein Grund zur Entwarnung"

"Kein Grund zur Entwarnung"

Auch der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hatte am Wochenende in einem Interview betont, für eine Entwarnung sei es noch zu früh. Ackermann betrachtet das Risiko einer Rezession zurzeit zwar als gering. Er schränkte aber ein: "Sollten wir es aber mit Hilfe der Zentralbanken nicht schaffen, die Kreditklemme im Finanzsektor aufzulösen, könnte es zu einer Rezession kommen."

Bankenexperte Wolfgang Gerke schließt ebenfalls nicht aus, dass weitere Institute von der Krise betroffen sein könnten. "Es ist eine seltene Situation, dass sich die Kreditinstitute selbst nicht über den Weg trauen. Sie erwarten vom Anleger Ruhe, und selber reagieren sie panisch", sagte Gerke der Nachrichtenagentur AP. Das Schlimmste könnte nach seiner Einschätzung noch kommen, "aber man muss nicht damit rechnen". Zugleich wies er darauf hin, dass für die Verbraucher in Deutschland kein Anlass zur Panik bestehe, schließlich seien die Spareinlagen durch die jeweiligen Einlagensicherungssysteme geschützt.

Unterdessen versicherte der britische Finanzminister Alistair Darling, dass sich die Kunden von Northern Rock nicht um ihr Erspartes sorgen müssten. "Was immer passiert, die Kunden können an ihr Geld", sagte er GMTV. Northern Rock hatte am Montag seine Öffnungszeiten verlängert, um dem Kundenansturm gerecht zu werden.

Schlangen schädigen das Image der Bank

"Das Bild von Schlange stehenden Kunden hat einen schweren Imageschaden verursacht," sagte Analyst Nic Clarke von Charles Stanley & Co. Nach seiner Einschätzung könnte Northern Rock ein interessanter Übernahmekandidat für einen finanzstarken Investor sein.

manager-magazin.de mit Material von ap

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