VW-Aktie Kursrakete oder Mindestpreis?

Gerade einmal rund 100 Euro will Porsche den VW-Aktionären bieten. Mehr als das gesetzliche Mindestgebot ist offenbar nicht drin. Und genau auf dieses Niveau könnte die Aktie fallen, sagen Händler. Manche Analysten dagegen kolportieren Kursziele, die weit darüber liegen.

Hamburg - Der Sportwagenhersteller Porsche  lässt seinen Worten vom Wochenende Taten folgen und wird seinen Anteil an Volkswagen  auf 30,9 Prozent ausbauen. Mit dem Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle muss der Stuttgarter Autobauer den anderen VW-Aktionären gemäß dem deutschen Börsengesetz ein Pflichtangebot für ihre Anteilsscheine unterbreiten. Wer allerdings in der Vergangenheit auf einen satten Aufschlag gesetzt hatte, wurde am Montag arg enttäuscht.

Denn mehr als das gesetzliche Mindestgebot von umgerechnet 100,92 Euro will Porsche  für die VW-Stammaktien nicht bieten - das sind rund 17 Euro weniger als der Freitagsschlusskurs von 117,70 Euro. Die Papiere von Volkswagen  fielen darauf am Montag in der Spitze um rund 5 Prozent auf 111,75 Euro.

Händler in Frankfurt schlossen nicht aus, dass der VW-Kurs über kurz oder lang bis auf das gesetzliche Mindestgebot fallen könnte, da kein höheres Gebot aus dem Hause Porsche zu erwarten sei. Allein am vergangenen Freitag hatten Spekulanten die Volkswagen-Aktie in Erwartung eines möglichen Übernahmeangebotes um mehr als 6 Prozent in die Höhe getrieben.

VW-Aktie: Analysten über weiteren Kursverlauf uneins

In einer ersten Reaktion stuften am Montag Analysten der Deutschen Bank die VW-Aktie von "Halten" auf "Verkaufen" herab und setzen ein Kursziel von 88 Euro fest. Da Porsche nicht mehr als den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpreis bieten werde, könne man die Offerte lediglich als ein taktisches Manöver und nicht als ernstzunehmendes Übernahmeangebot interpretieren. Die Experten von Sal. Oppenheim bestätigten die VW-Aktie mit "Reduzieren" und sehen ihren fairen Wert bei 88 Euro. Mit dem zu erwartenden Pflichtangebot von 100,92 Euro schwinde die Hoffnung auf einen Aufschlag. Die Spekulation sei vorerst raus aus dem Titel, hieß es am Montag.

Goldman und Morgan Stanley optimistisch für VW-Aktie

Goldman Sachs hingegen bekräftigte seine Kaufempfehlung für die VW-Aktie und traut den Titel des Wolfsburger Autobauers durchaus bis zu 154 Euro und mehr zu. Aktuell sehen die Analysten das Kurziel bei 120 Euro. Morgan Stanley erneuerte seine Empfehlung "Übergewichten" bei einem Kursziel von 135 Euro. Sollte sich tatsächlich ein ernst zu nehmendes Übernahmeszenario einstellen, könne der VW-Kurs sogar Richtung 200 Euro klettern.

Derlei optimistische Kursszenarien gehen eher davon aus, dass Porsche seine Volkswagen-Beteiligung sukzessive ausbauen wird - und zwar weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit bis zur nächsten meldepflichtigen Schwelle von 50 Prozent. Und eine ganze Reihe von Analysten scheint damit zu rechnen: "Nach Verstreichen der Annahmefrist kann Porsche wieder zukaufen, und das werden sie aller Voraussicht nach auch tun", sagt etwa Pieper vom Bankhaus Metzler.

Wie sich der gesetzliche Mindestpreis berechnet

Wie sich der gesetzliche Mindestpreis berechnet

Das gesetzlich vorgeschriebene Mindestgebot indes errechnet sich anhand des gewichteten Durchschnittskurses der vergangenen drei Monate an der Börse, wie eine Sprecherin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf Anfrage von manager-magazin.de am Montag erklärte. "Dabei sind auch VW-Aktienkäufe durch Porsche in den vergangenen sechs Monaten zu berücksichtigen", sagte Sprecherin Anja Neukötter. Sollte also der Stuttgarter Autobauer womöglich im vergangenen halben Jahr VW-Aktien zu einem höheren Preis erworben haben, dann wäre dieser höhere Preis maßgeblich für die Festsetzung des Mindestgebotes.

Porsche hat nach dem vollzogenen Aktienkauf nun vier Wochen Zeit, die Angebotsunterlagen bei der BaFin einzureichen. Die Wertpapieraufsicht prüft diese Unterlagen innerhalb von maximal 15 Werktagen. Gibt sie grünes Licht, muss Porsche das Angebot "unverzüglich" veröffentlichen, womit gleichzeitig die Annahmefrist beginnt. Letztere muss mindestens vier, darf aber maximal zehn Wochen betragen.

Sollte Porsche  während dieser Zeit Volkswagen-Aktien zu einem höheren als dem Angebotspreis erwerben, müsse der Konzern seine Offerte entsprechend nachbessern. Nach Ablauf der Annahmefrist allerdings könnte der Stuttgarter Autobauer auch zu einem höheren Preis VW-Aktien über die Börse kaufen und so seinen Anteil an Volkswagen weiter aufstocken, ohne das Angebot nachbessern zu müssen.

"Erwirbt Porsche die Volkswagen-Papiere allerdings außerbörslich zu einem höheren Preis, findet dieser noch ein Jahr nach Ablauf der Annahmefrist Berücksichtigung", erklärte die BaFin-Sprecherin. In diesem Fall müsste Porsche den Volkswagen-Aktionären, die dieses Angebot angenommen haben, die Differenz auszahlen.

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