Venture Capital "Ein zartes Morgenrot"

Nach den New-Economy-Exzessen Ende der 90er Jahre erholt sich der Wagniskapitalmarkt jetzt wieder, meint Bernhard Schirmers. Der Gründer des Risikokapitalgebers SHS analysiert für manager-magazin.de die VC-Trends in Deutschland und sagt, warum das Anlageverhalten von Banken und Versicherern nicht immer nachvollziehbar ist.
Von Rita Syre

mm.de: Herr Schirmers, kehren die Investoren an den deutschen Markt für Venture Capital (VC) zurück?

Schirmers: Wir beobachten derzeit ein zartes Morgenrot. Erste Investoren aus dem institutionellen Bereich investieren wieder in Venture-Capital-Fonds. Sie haben genau beobachtet, dass der Markt von den Exzessen des New-Economy-Booms Ende der 90er Jahre nun bereinigt ist und mit Venture-Capital-Investments wieder Geld verdient wird.

mm.de: Gehören zu diesen Investoren auch Versicherungen und Banken? Diese haben bekanntlich sehr viel Geld beim Zusammenbruch des Neuen Marktes verloren und den Anteil von Venture-Capital-Investments nahezu auf Null herunter gefahren.

Schirmers: Diejenigen institutionellen Investoren, die sich jetzt wieder verstärkt in Wagniskapitalanlagen engagieren, sind vor allem Family Offices, vermögende Privatleute und kleinere Dachfonds.

mm.de: Kehren auch ausländische Investoren in den deutschen Markt für Wagniskapital zurück?

Schirmers: Es ist noch immer eine vorwiegend deutsche Veranstaltung. Etwa 80 Prozent des Kapitals kommen aus Deutschland. Die Wunden, die die Übertreibungen am deutschen Venture-Capital-Markt auch bei ausländischen Investoren hinterlassen haben, sind noch nicht vernarbt. Sie konzentrieren sich bei Investitionen für die Frühfinanzierung derzeit noch auf amerikanische Unternehmen. Aber sie interessieren sich auch schon wieder stärker für das Geschehen auf dem deutschen Venture-Capital-Markt.

"Eine gewisse Widersprüchlichkeit"

mm.de: Ist der Wagniskapitalmarkt in Deutschland überhaupt wieder liquide genug?

Schirmers: Die Exit-Kanäle, beispielsweise der Verkauf des Unternehmens über die Börse, sind wieder offen. Außerdem haben sich im Gegensatz zum Hype Ende der 90er Jahre die Spielregeln geändert. Heute ist der Venture-Capital-Markt ein reiner Käufermarkt. Das heißt, die Konditionen und die Vertragsbestimmungen werden sehr genau kontrolliert.

Ein Fonds, der sich nicht an die Spielregeln hält, hat kaum eine Chance, genügend Kapital einzusammeln. Zudem ist der Markt bereinigt. Nur etwa ein Sechstel der Player aus der Boom-Phase des Venture Capital in Deutschland ist übrig geblieben, sodass jetzt ein hoher professioneller Standard herrscht.

mm.de: Wie erklären Sie sich die Zurückhaltung der deutschen Banken und Versicherungen bei Venture Capital auf der einen Seite, während sie auf der anderen verstärkt in Private-Equity-Fonds investieren - und das, obwohl Vertreter des Buyout-Marktes vor einer Überhitzung des Marktes warnen?

Schirmers: Die Anlagepolitik insbesondere von Versicherungen ist in der Tat sehr oft zyklisch. Sie entbehrt oft nicht einer gewissen Widersprüchlichkeit. Einerseits sind Assekuranzunternehmen seit dem Cash am Neuen Markt sehr konservative Anleger. Sie haben das zu investierende Kapital vor allem in festverzinsliche Wertpapiere und Immobilien gelenkt.

Andererseits sieht man große Versicherer in der Nähe des Zenits des Zyklus am Buyout-Markt ihre Engagements steigern oder überhaupt zum ersten Mal in den Private-Equity-Markt einsteigen. Das erinnert mich an das Verhalten am Neuen Markt, als viele institutionelle Anleger ebenfalls zur Spitze des Zyklus eingestiegen sind.

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